Sheylah und die Zwillingsschluessel
Weile. „Sein Name ist Isaak“, sagten Andrey und Sheylah wie aus einem Mund. Am Tisch wurde es still und Lisa musterte die beiden eingehend. Sheylah spürte Lisas Blick auf sich lasten und versuchte, sich auf das Essen zu konzentrierte. „Das schmeckt wirklich ausgezeichnet“, sagte sie lobend, ohne aufzuschauen. Es war nur so ein Gefühl, aber sie glaubte, dass Lisa leichter in ihren Gedanken lesen konnte, wenn sie Blickkontakt hatten. Nach einigen Minuten legte sich die Spannung und Andrey war damit beschäftigt, Lisas Fragen zu beantworten. Er erzählte von dem falschen Andrey bis hin zum Aufbruch nach Lichtingen. Ein paar entscheidende Details ließ er aber weg. Wie zum Beispiel Neelas Verschwinden oder den Angriff auf Sheylah vor der Spelunke. Er antwortete auch nicht wahrheitsgemäß auf alle Fragen, was Sheylah sehr begrüßte.
Es musste nicht jeder wissen, dass sie sich in den falschen Andrey verguckt hatte oder dass sie mit einer Basa befreundet war. Lisa ließ sich nichts anmerken, aber Sheylah glaubte, ihre Augen gelegentlich amüsiert aufblitzen zu sehen, so, als wüsste sie, dass er log. Nach einer Stunde Speis und Trank hätte Sheylah viel dafür gegeben, in ein kuscheliges Bett zu fallen, aber dieser Luxus wurde ihr so schnell nicht vergönnt. Nach dem Hauptgang folgte die Nachspeise, die zwar sehr verlockend aussah, bei der sich Sheylahs Magen jedoch schon allein beim bloßen Anblick umdrehte. Kuchen und Gebäck passten nun wirklich nicht mehr hinein. „Wie gefällt dir unsere Welt?“, fragte Lisa beiläufig. Sheylah hatte es die ganze Zeit vermieden, aber nun musste sie ihr in die Augen schauen. Alles andere wäre unhöflich gewesen. Sie nahm noch einen Schluck von dem schweren Wein, der allmählich begann, ihre Sinne zu vernebeln. Andrey hatte ihr schon einige Male warnende Blicke zugeworfen, aber Sheylah hatte ihn beflissen ignoriert. Sie war immerhin einundzwanzig Jahre alt und konnte selbst entscheiden, wie viel sie trank. „Na ja, ich vermisse zwar mein geliebtes Kino, aber die Kreaturen in eurer Welt gleichen das definitiv aus.“ Lisa lachte und auch Andrey und Djego lächelten, doch es sah gezwungen aus. Andreys Blick nach zu urteilen, sollte sie lieber den Mund halten. „Was ist ein Kino?“, fragte Lisa nach einer Weile des Schweigens. Sheylah überlegte. „Ich weiß nicht, ob ich es erklären kann, dazu müsstest du erst einmal wissen, was Fernsehen und Filme sind.“ Sheylahs Blick fiel auf Andrey, er wirkte angespannt. „Stimmt“, sagte Lisa. „Das würde wahrscheinlich die ganze Nacht dauern, … hm … aber du könntest es mir zeigen“, schlug sie vor und beugte sich über den Tisch. „Nein“, sagte Andrey. Alle schauten ihn an. “Warum nicht, das macht Spaß“, sagte Lisa. Ihre Augen funkelten erwartungsvoll. „Ich sagte nein!“, entgegnete er scharf. „Warum bist du so ein Spielverderber?“, fragte Sheylah. Sie verstand nicht, warum er sich so aufregte. „Ich finde, Sheylah ist alt genug, um selbst zu entscheiden“, entgegnete Lisa. Andrey funkelte sie böse an. „Genau das ist sie eben nicht und es ist auch kein Spiel“, sagte er lauter. Lisa warf, in einer versöhnenden Geste, die Hände in die Luft. „Ihr seid meine Gäste und ich möchte nicht streiten. Entscheidet ihr.“ Unschuldig sah sie die beiden an und wenn sie zwischen ihr und Andrey Zwietracht säen wollte, so war das ein gerissener Schachzug. Sheylah sah noch einmal zu Andrey, doch er schüttelte entschieden den Kopf. Er glaubte doch nicht wirklich, dass sie sich von ihm herumkommandieren ließ, oder? Sie wandte sich an Lisa. „Ich werde dir meine Welt zeigen.“ Lisa strahlte über beide Ohren. „Das reicht“, sagte Andrey und erhob sich. Seine Stimme war leise und wirkte dadurch sehr bedrohlich. „Lisa, ich habe nichts gegen dich, aber ich werde nicht zulassen, dass du dich in ihre Gedanken einschleust. Sie hat schon genug Probleme und dieser seelische Eingriff könnte sie schwächen.“ Was sicherlich deine Absicht ist , sagte sein Blick. „Was willst du meiner Herrin damit unterstellen?“, fragte Berger mit drohender Stimme und erhob sich ebenfalls. „Ich unterstelle hier gar nichts“, sagte Andrey verärgert. „Setz dich, Berger“, befahl Lisa mit einer beschwichtigenden Handbewegung. „Ich verstehe deine Sorge, Andrey. Schließlich ist sie unser aller Hoffnung, nicht wahr?“ Auch Andrey nahm wieder Platz, doch Sheylah war über sein Verhalten empört. Wie konnte er sie so
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