Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shibumi: Thriller (German Edition)

Shibumi: Thriller (German Edition)

Titel: Shibumi: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevanian
Vom Netzwerk:
Emporschwimmen! Schwimmen!

Sechster Teil • Tsuru no Sugomori
    ETCHEBAR
    Hel parkte den Volvo auf dem verlassenen Dorfplatz von Etchebar und stieg schwerfällig aus; er vergaß die Tür hinter sich zu schließen und versäumte es sogar, dem Wagen seinen rituellen Schlag zu versetzen. Er atmete tief ein und stieß die Luft ganz langsam aus; dann schritt er die gewundene Straße zu seinem Château hinauf.
    Hinter halbgeschlossenen Fensterläden beobachteten ihn die Frauen des Dorfes und ermahnten ihre Kinder, nur nicht draußen zu spielen, solange Monsieur Hel noch in Sicht war. Acht Tage waren vergangen, seit Monsieur Hel mit Le Cagot in die Berge hinaufgestiegen war, und dann waren diese schrecklichen uniformierten Männer ins Dorf gekommen und hatten Furchtbares im Château angerichtet. Seitdem hatte kein Mensch Monsieur Hel gesehen; es wurde gemunkelt, er sei tot. Und jetzt, da er zu seinem zerstörten Schloss zurückkehrte, wagte niemand, ihn zu begrüßen. In diesem alten Hochgebirgsdorf dominierten noch die primitiven Instinkte; jedermann wusste, wie gefährlich es war, sich mit den vom Unglück Geschlagenen einzulassen, denn das Unglück war ansteckend. Und war es schließlich nicht Gottes Wille, dass dieses Furchtbare geschehen musste? Wurde der Ausländer nicht dafür gestraft, dass er mit einer Asiatin zusammenlebte, womöglich ohne den Segen des Priesters? Und wer konnte wissen, für welche anderen Sünden ihn Gott noch strafte? O ja, Mitleid empfinden durfte man – das verlangte die Kirche sogar von einem Christen –, aber mit denen zu verkehren, die Gott strafte, wäre äußerst unklug gewesen. Man musste barmherzig sein, gewiss, aber nicht bis an die Grenze persönlichen Risikos.
    Als Hel über die Allee hinaufschritt, konnte er noch nicht erkennen, was sie seinem Schloss angetan hatten; die weit ausladenden Fichten verbargen es vor seinem Blick. Aber als er den Fuß der Terrasse erreichte, sah er die Zerstörung in ihrem ganzen Ausmaß. Hauptgebäude und Ostflügel waren vollkommen vernichtet, die Wände gesprengt und die Trümmer in alle Himmelsrichtungen verstreut; Granit- und Marmorblöcke hatten sich noch in fünfzig Meter Entfernung tief in den verkohlten Rasen gegraben; eine niedrige, gezackte Mauer umsäumte gähnende Kellerhöhlen voll tiefer Schatten und modrigem Sickerwasser. Der größte Teil des Westflügels stand noch, war aber ausgebrannt. Die Zimmer waren dort, wo die Verbindungswände weggerissen waren, ungeschützt der Witterung preisgegeben; Fußböden waren durchgesackt, verkohlte Balken hingen zerborsten in die darunterliegenden Räume hinab. Fenster und portes-fenêtres gähnten leer, und über ihnen wiesen dort, wo die Flammen emporgeschlagen waren, breite Rußstreifen gen Himmel. Ein leichter Wind, der die Vorhangfetzen bewegte, trug den Geruch von verbrannter Eiche herüber.
    Als er sich einen Weg durch die Trümmer bahnte, um die noch stehenden Mauern des Westflügels zu begutachten, hörte er keinen anderen Laut als das Flüstern des Windes in den Bäumen. An drei Stellen fand er Bohrlöcher in den Granitblöcken. Die Ladungen, mit denen man sie gefüllt hatte, waren nicht detoniert, doch man hatte sich anscheinend mit der Zerstörung durch das Feuer zufriedengegeben.
    Was ihn am schmerzlichsten traf, war der Anblick des japanischen Gartens. Die Eindringlinge hatten offenbar Anweisung gehabt, sich auf ihn besonders zu konzentrieren. Sie hatten Flammenwerfer benutzt. Der Klangbach wand sich durch verkohlte Stoppeln, und auf seiner Oberfläche schwamm selbst jetzt, nach einer Woche, noch ein öliger Rückstand. Das Badehaus und der Bambushain waren verschwunden, doch schon schoben sich wieder neue Sprossen durch den rußgeschwärzten Boden: Bambus, das kräftigste aller Gräser, lässt sich nicht ausrotten.
    Das tatami -Zimmer und der angrenzende Waffenraum waren verschont geblieben. Dieses zierliche Gebäude hatte sich vor dem Sturm gebeugt und ihn überlebt.
    Als er durch den verwüsteten Garten wanderte, stoben unter seinen Schuhen kleine Wölkchen feiner schwarzer Asche auf. Schwerfällig setzte er sich auf die Stufen zum tatami -Zimmer und ließ die Beine baumeln. Es war seltsam und irgendwie rührend, dass auf dem niedrigen Lacktischchen das Teegeschirr völlig unversehrt stand.
    Als er so dasaß, den Kopf vor tiefer Müdigkeit gesenkt, spürte er, dass Pierre sich ihm näherte.
    Die Stimme des Alten klang fast erstickt vor Kummer. »Ach M’sieur! Ach M’sieur! Sehen

Weitere Kostenlose Bücher