Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shining Girls (German Edition)

Shining Girls (German Edition)

Titel: Shining Girls (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Beukes
Vom Netzwerk:
kaufst du denen doch nicht ab, oder?»
    «Bist du sicher, dass du nur deshalb nicht an ihre Schuld glauben willst, weil Julias Mörder schwarz sind, aber der Kerl, der dich verletzt hat, ein Weißer war?», fragt Dan.
    «Was? Nein. Es liegt daran, dass die Cops inkompetent sind und unter Druck stehen. Julia stammt aus einer netten Mittelstandsfamilie. Die wollten nur den Fall möglichst schnell abschließen.»
    «Und was ist mit dem Modus Operandi? Wenn es derselbe Mörder war, wie kommt es dann, dass er nicht mit deinen Eingeweiden die Bäume im Wald dekoriert hat? Na? Bei diesen Typen
steigert
sich schließlich das Maß der Gewaltausübung. Wie bei diesem Kannibalenfreak, den sie gerade in Milwaukee erwischt haben.»
    «Dahmer? Stimmt. Es geht immer um die Steigerung. Sie denken sich immer ausgeklügeltere Sachen aus, weil sich der Reiz abnutzt. Sie müssen den Einsatz immer weiter erhöhen.» Sie steht auf und geht im Wohnzimmer auf und ab, schwenkt dabei ihre Flasche; achteinhalb Schritte hin und achteinhalb Schritte zurück. «Und das hätte er bei mir auch getan, Dan. Das weiß ich hundertprozentig, wenn er nicht unterbrochen worden wäre. Er zeigt die klassische Mischung aus Organisation, Desorganisation und wahnhafter Störung.»
    «Das hast du dir irgendwo angelesen.»
    «Das musste ich schließlich. Ich konnte nicht genügend Geld für einen Privatdetektiv zusammenkratzen. Und ich gehe mal davon aus, dass ich ziemlich motiviert bin. Also: Desorganisierte Mörder sind unüberlegt. Sie töten ihr Opfer so bald wie möglich. Das bedeutet, dass sie schneller gefasst werden. Die organisierten Typen kommen vorbereitet zum Tatort. Sie haben einen Plan. Sie unterliegen Zwängen. Sie überlegen sich genauer, wie sie die Leichen aus dem Weg schaffen, aber sie spielen auch gern Spielchen. Sie sind die Leute, die an die Zeitungen schreiben, um mit ihren Taten zu prahlen, wie dieser Zodiac mit seinen Symbolen und verschlüsselten Briefen. Dann gibt es noch die durchgeknallten Irren, die glauben, sie wären besessen oder was – wie dieser Serienmörder, der sich selbst BTK -Killer genannt hat und der übrigens immer noch frei herumläuft. Er schickt einen Haufen Briefe. Darin schwankt er von Prahlerei über seine Verbrechen bis zu schrecklicher Reue und der Schuldzuweisung an den Dämon in seinem Kopf, der ihn dazu bringt, diese Dinge zu tun.»
    «Alles klar, Miss FBI . Jetzt mal eine schwere Frage: Weißt du überhaupt genau, dass er ein Serienmörder ist? Ich meine, den Kerl, der …», er unterbricht sich und wedelt mit seiner Bierflasche in ihre Richtung, unbewusst die Bewegung der versuchten Ausweidung wiederholend, bis ihm bewusst wird, was er da tut, und er stattdessen die Flasche an den Mund setzt und wünschte, das Scheißzeug wäre Alkohol, selbst wenn es nur zweiprozentiger wäre, «… Er war ein krankes Arschloch, das ist klar. Aber es könnte auch ein zufälliger Gewaltausbruch gewesen sein. Das ist doch auch die vorherrschende Theorie, oder? Dass dieser Typ auf Drogen oder so war.»
    In Dans praktisch unentzifferbaren Mitschriften seiner Interviews mit Detective Diggs steht es ganz eindeutig: «Höchstwahrscheinlich Drogenkriminalität.» – «Opfer hätte nicht allein sein sollen.» Als wäre das eine Einladung, um sich erstechen zu lassen, verflucht.
    «Interviewst du mich jetzt, Dan?» Sie hebt ihre Bierflasche und trinkt einen langen, langsamen Schluck. Er stellt fest, dass sie keine Pseudobrühe in der Flasche hat wie er, sondern richtiges Bier. «Das hast du damals nämlich nicht gemacht.»
    «Hey, du hast im Krankenhaus gelegen. Praktisch im Koma. Sie wollten mich nicht zu dir lassen.» Das ist nur zum Teil wahr. Er hätte seinen Charme benutzen können, um seinen Willen durchzusetzen, wie er es schon hundert Male zuvor getan hatte. Er hätte nur eine Flirtoffensive starten müssen, dann hätte Schwester Williams ein Auge zugedrückt, denn jeder Mensch mag das Gefühl, begehrt zu werden. Aber damals war für ihn schon alles gelaufen – er war ausgebrannt, obwohl es noch ein Jahr dauerte, bis er dann wirklich nicht mehr konnte.
    Ihn hatte das alles einfach nur deprimiert. Die Andeutungen von Detective Diggs genauso wie die Mutter, die auf einmal aus ihrer Erstarrung erwachte und anfing, ihn mitten in der Nacht anzurufen, weil die Cops den Typen nicht fanden, und sie dachte, er hätte vielleicht die Antworten auf ihre Fragen, und als er sie nicht hatte, fing sie an, ihn anzuschreien. Sie hatte

Weitere Kostenlose Bücher