Shining Girls (German Edition)

Titel: Shining Girls (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Beukes

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ich würde dort Stabilität finden, aber es hat sich als tödlich langweilig rausgestellt. Also hab ich eine Hundertachtzig-Grad-Wende hingelegt.»
    «Und bist in schlechte Gesellschaft geraten.»
    «Ich war
selber
die schlechte Gesellschaft.» Sie grinst.
    «Das kommt in der Punk-Musik-Szene vor.» Er prostet ihr mit der beinahe leeren Flasche zu.
    «Garantiert. Ich habe also schon eine Menge Leute gesehen, die sich mit allem Möglichen zugedröhnt haben. Und dieser Typ gehört nicht dazu.» Sie unterbricht sich. Aber Dan kennt diese Art Gesprächspause. Es ist das Glas, das gegen die Schwerkraft kämpfend an der Tischkante schwankt. Die Sache mit der Schwerkraft ist allerdings die, dass sie jedes Mal gewinnt.
    «Da ist noch etwas anderes. Es steht im Polizeibericht, aber nicht in den Zeitungen.»
    Bingo, denkt Dan. «Das machen sie oft. Sie lassen wichtige Einzelheiten weg, damit sie die verrückten Anrufer von den echten Tipps unterscheiden können.» Er trinkt den letzten Rest aus der Flasche, unfähig, Kirbys Blick zu begegnen, weil er sich vor dem fürchtet, was sie sagen wird, und Schuldgefühle bekommt, weil er die Folgeartikel nie gelesen hat.
    «Er hat mir etwas hingeworfen. Nachdem er … Ein Feuerzeug, schwarzsilbern, im Art-déco-Stil. Es hat eine Gravur. ‹ WR ›.»
    «Hat das irgendeine Bedeutung für dich?»
    «Nein. Die Cops haben trotzdem nach Querbezügen zu möglichen Verdächtigen und anderen Opfern gesucht.»
    «Fingerabdrücke?»
    «Klar. Haben zu einem neunzigjährigen Mann gepasst. Vermutlich der ursprüngliche Besitzer.»
    «Oder ein altersschwacher Hehler, wenn die Fingerabdrücke aktenkundig waren.»
    «Sie konnten ihn nicht ausfindig machen. Und bevor du fragst, ich habe schon im Telefonbuch nachgesehen. Es gibt keine Antiquitätenhändler in Chicago und der weiteren Umgebung mit dem Kürzel ‹ WR ›.»
    «Und mehr hat die Polizei nicht darüber in Erfahrung gebracht?»
    «Ich habe es einem Sammler auf einem Antikmarkt beschrieben, und er meinte, es ist wahrscheinlich ein
Ronson Princess De-Light
. Nicht gerade ein seltenes Feuerzeug, aber ein paar hundert Dollar wert. Er hatte eins aus derselben Zeit, so 1930 bis 1940 . Hat es mir für zweihundertfünfzig Dollar angeboten.»
    «Zweihundertfünfzig Dollar? Ich glaube, ich habe den falschen Beruf. Allerdings habe ich schon von eigenartigeren Sachen gehört, die Mörder am Tatort hinterlassen haben.»
    «Der Boston-Würger hat die Mädchen mit Nylonstrümpfen gefesselt. Der Night-Stalker hat Pentagramme an die Wand gemalt.»
    «Du weißt viel zu viel über diese Sachen. Es ist nicht gut für dich, so viel Zeit mit den Gedanken dieser Leute zu verbringen.»
    «Das ist die einzige Art, auf die ich ihn aus meinen Gedanken herauskriege. Du kannst mich alles fragen. Das typische Einstiegsalter liegt zwischen dreißig und vierzig, allerdings töten sie lange, wenn sie nicht erwischt werden. Gewöhnlich sind sie weiß und männlich. Sie haben kein Einfühlungsvermögen, was sich sowohl in asozialem Verhalten als auch in extrem egoistischem Charme ausdrücken kann. Die Biographie enthält Gewalterfahrungen, Einbrüche, Tierquälerei, verkorkste Kindheit, sexuelle Blockaden. Was nicht heißen muss, dass sie keine funktionierenden Mitglieder der Gesellschaft sind. Es hat ein paar aufrechte Gemeindevorstände unter ihnen gegeben, verheiratet und sogar mit Kindern.»
    «Und die Nachbarn sind total schockiert, obwohl sie lächelnd über den Zaun gewinkt haben, als der nette Typ von nebenan das Loch für seinen Folterkeller ausgehoben hat.» Auf diese Geht-mich-nichts-an-Typen hat Dan einen ganz speziellen Hass. Das passiert eben, wenn man einen Fall von häuslicher Gewalt zu viel gesehen hat. Und das ist, um es klar zu sagen, genau einer.
    Sie hört auf herumzulaufen und setzt sich neben ihn auf die Couch, sodass die Federn protestierend quietschen. Sie beugt sich vor, um das letzte Bier zu nehmen, bis ihr wieder einfällt, dass es alkoholfrei ist. Dann nimmt sie es trotzdem.
    «Teilen?», fragt sie.
    «Mir hat das eine gereicht.»
    «Er sagte, es wäre zur Erinnerung an ihn. Damit hat er natürlich nicht mich gemeint. Die Toten haben schließlich keine Scheißerinnerungen mehr. Er hat die Familien oder die Cops oder die Gesellschaft gemeint. Es ist sein Fuck-you-Autogramm für die Welt. Weil er glaubt, dass wir ihn niemals kriegen werden.»
    Zum ersten Mal klingt ihre Stimme etwas schrill, während sie darüber spricht, sodass Dan seine nächsten