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Shining Girls (German Edition)

Shining Girls (German Edition)

Titel: Shining Girls (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Beukes
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abgewetzt sind. Alice quiekt vor Schreck auf, ihre Hand flattert an ihre Brust.
    «Ei, ei, wir sind ja schreckhaft wie ein Fohlen, Miss Templeton», sagt Joey und zwickt sie in die Wange. «Oder wie ein Schulmädchen. Das musst du beibehalten.»
    «Oder wie ein Colt, der demnächst kastriert wird», kommt es schnippisch von Vivian.
    «Was soll das wieder heißen, Viv?», fragt er stirnrunzelnd.
    «Nur, dass Sie mit Alice mehr bekommen, als Sie auf der Rechnung haben», sagt Viv und zieht an einer ihrer Locken, um festzustellen, wie stark sie zurückfedert. Unzufrieden wickelt sie die Strähne wieder um das Lockeneisen.
    «Weil ich mich im Gegensatz zu anderen an meine Tanzschritte erinnern kann?», schießt Alice hasserfüllt zurück.
    «Aber, aber!» Joey klatscht in die Hände. «Kein Zickenkrieg in meiner Damennummer, bitte sehr. Jedenfalls nicht, solange er nicht auf dem Reklamezettel steht und wir ihn extra berechnen.»
    Es hat solche Extras schon gegeben, das weiß Alice. Luella hat die Vorführungen zum Kochen gebracht, indem sie Männer zwischen ihre Beine spähen ließ wie bei einer gynäkologischen Untersuchung. Aber in letzter Zeit hat sich eine gewisse Prüderie ausgebreitet, und dieser neuen Stimmung hat Joey die Vorführung angepasst.
    Man kommt sich vor wie in einer Familie bei dieser Gilly Show, wo alles in Eisenbahnwaggons gepackt wird, wenn es zu einem neuen Auftrittsort, einem neuen Jahrmarkt geht. Eine Million Meilen von Cairo entfernt (und zwar von Cairo, Illinois, nicht Ägypten, auch wenn Joey immer sagt, sie hätte Wangenknochen wie Nofretete), wo sie jeder kannte. Sie wäre einfach gestorben, wenn sie dort geblieben wäre. Aus schierer Langeweile, wenn nicht durch Onkel Steves Hand. Als bei der Überschwemmung von 37 die Bevölkerung evakuiert wurde, hat sich Alice sofort aus Cairo
und
ihrem alten Leben evakuieren lassen. Gott segne den Ohio River, denkt sie.
    Als Eva in ihre Pumps schlüpft, greift ihr Joey durchs Kostüm an den Hintern und tätschelt ihn zärtlich. Er zwinkert Alice zu. «Kurven, Prinzessin! Das gefällt den Männern. Du musst mehr Dollars verdienen, dann kannst du mehr Kuchen kaufen und bekommst mehr Kurven, sodass du mehr Dollars verdienen kannst!»
    «Ja, Mr. Mamalatos.» Alice knickst nervös vor ihm in ihrem grün-weißen Cheerleaderrock. Joey scheucht sie hinaus, lehnt sich auf seinen Gehstock, den ein faustgroßer Smaragdknauf schmückt, der echt ist, das beschwört Joey, und lässt in gespielter Varieté-Lüsternheit die Augenbrauen auf- und niedertanzen. «Wie bumsende Raupen», hat er es einmal beschrieben.
    Und dann greift er nach ihrem Schritt. Einen Übelkeit erregenden Moment ist sie wie erstarrt, weil sie denkt, er wird sie anfassen, aber er zieht nur ihren Faltenrock herunter.
    «Viel besser», sagt er. «Denk dran, Prinzessin, für diese Vorführung gibt’s Familientarif.»
    Er duckt sich ins Freie, trampelt die Stufen zu dem Außenpodium hinauf, das von den geschnitzten Tafeln mit den verlockenden Bildern Vivians umrahmt ist, mit denen die Phantasie der Gäste angeregt werden soll, und beginnt mit seinem Singsang als Ausrufer. «Treten Sie näher, meine Damen und Herren, treten Sie näher, damit ich Ihnen etwas über unsere heutige Vorstellung erzählen kann. Doch zuvor, lassen Sie mich eine Warnung aussprechen. Das hier ist keine Schlampenbühne! Wir haben keine tauchenden Mädchen oder Hulafrauen oder verbotene orientalische Tänzerinnen!»
    «Was haben Sie denn dann?», ruft jemand aus der Menge dazwischen.
    «Nun, Sir, ich bin froh, dass Sie fragen!» Strahlend wendet sich Joey dem Mann zu. «Für Sie, Sir, habe ich etwas viel Wertvolleres. Für Sie, Sir, habe ich eine
Erziehung

    Vereinzelte Buhrufe und Jubelstimmen werden laut, aber Joey hat sie schon am Haken, bevor auch nur eine seiner Damen den Fuß auf die Treppe des Podiums vor dem Zelt gesetzt hat. «Hier, Sir. Kommen Sie näher. Keine falsche Scheu, Sir. Darf ich Ihre Aufmerksamkeit auf diese reizende Verkörperung reinster Unschuld lenken: Miss Alice!»
    Der Vorhang wird ein Stückchen aufgezogen, damit Alice hindurchschlüpfen kann. Sie blinzelt im Sonnenlicht. Sie trägt ein Cheerleader-Kostüm: einen Faltenrock mit grünen Einsätzen, ein weißes Trikotleibchen, auf dem ein grünes Megaphon und ein collegeartiges «J» prangt (für «Jungfrau», wie Joey witzelte, als er es ihr vorführte), Mädchensöckchen und -schuhe.
    «Möchtest du nicht herkommen und hallo sagen,

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