Shiva Moon
brachten ihm Millionen, dann brachte ihm das schöne Geld die schönen Frauen ins Haus, und als er in das Alter kam, in dem ein Mann damit nichts mehr anfangen kann, wurde Viagra erfunden. War Hugh ein Friedensstifter im letzten Leben, hat er Leprakranke geheilt, ist er für einen anderen gestorben? Irgendetwas in der Art muss vorgefallen sein, wenn einen Mann in diesem Leben so viel Glück ereilt. Und so ungefähr habe ich das dann auch geschrieben.
Wann immer ein Bub seinem Vater sagte, dass er Dichter werden wolle, bekam er was hinter die Ohren. Warum eigentlich? Dichter verdienen einen Haufen Geld, wenn sie sich mit dem Boulevard verbünden. Aber es geht mir nicht nur ums Geld, ich bin auch so ganz froh, im Internetshop zu sein, denn die da draußen, das ist klar, werden mir ziemlich schnell aufdie Nerven gehen. Ich habe nichts gegen einen ehrlichen Bettler, aber ich habe was gegen einen ehrlichen Bettler auf jedem Meter, und richtig sauer werde ich, wenn sie so tun, als seien sie keine Bettler, sondern Wandermönche.
Der Unterschied zwischen diesen beiden Existenzformen ist schwer zu sehen, denn die Bettler müssen für ihre Lumpen nur die Farbe Orange wählen und sich die Stirn mit den Zeichen der Orden bemalen, in denen die Sadhus sind, und das kann eigentlich jeder, der Hände hat. Drei waagerechte Linien übereinander oder eine von der Nasenwurzel bis zum Haaransatz, mehr braucht es nicht, plus (ich vergaß) die Kette mit den Kügelchen aus Rosen- oder Sandelholz, und schon betteln sie nicht mehr, sondern bitten um Spenden für ihre spirituellen Projekte, die da sind: freiwillige Besitzlosigkeit, freiwillige Keuschheit, freiwillige Heimatlosigkeit.
Die freie Entscheidung für diesen Weg macht den Unterschied zwischen Bettler und Sadhu, und wer sich frei dafür entschieden hat, gibt auch dir die Freiheit, ihm zu geben oder nicht. Nur daran kannst du sie erkennen. Ein echter Sadhu bettelt nicht, bittet nicht, jammert nicht. Im Gegenteil, er freut sich, wenn er Hunger hat. Er ist Asket. So wie ich. Ja, in der Tat, heute ist mein Fastentag. Ich faste jeden Mittwoch, weil mir das mal ein echter Sadhu empfohlen hat, um meinen Bauch loszuwerden. Er war nicht nur dick, sondern ungesund dick. Es gab irgendein Problem, und der Sadhu sagte, ein Fastentag pro Woche bringe den Stoffwechsel dermaßen in Schwung, dass er alle Probleme wegschwemme. Der Sadhu sollte Recht behalten.Ich bin wieder schlank und gesund. Der Grund, warum ich das einmal wöchentliche Fasten seit zwei Jahren und bis dato durchgehalten habe: Es ist eine Shivaisten-Diät. Sie beinhaltet kein Essen, keinen Alkohol und keinen Sex, aber erlaubt jede Menge Wasser, jede Menge Kaffee (ohne Zucker) und jede Menge Haschisch. Das Haschisch macht high, der Kaffee hält auf Trab, und das Wasser nimmt den Hunger. Das hat’s mir leicht gemacht, das war ein Klacks, und jetzt stelle ich fest, dass es auch ohne Haschisch ein Klacks ist. Und wie gewohnt bin ich schnell, wenn ich faste. Außer dem greisen Playboy muss ich noch vierzehn weitere Glückspilze verarzten, und als ich beim letzten (Roger Moore) angelangt bin, ist es gerade mal Mittag. Und? Was mache ich mit dem Rest vom Tag?
Bettler-Spießrutenlaufen.
Rishikesh ist eine zweigeteilte Stadt. Die eine Hälfte ist weltlich, die andere ist heilig, dazwischen fließt der Ganges. Die weltliche Hälfte ist laut und dreckig, die heilige ist leise und dreckig. Weil in ihr Autos verboten sind. Auch Fleisch und Alkohol. Eigentlich vortrefflich. Eine Stadt ohne Verbrennungsmotoren, niemand ist besoffen, und kein Tier muss für mich sterben. Die heilige Hälfte ist nochmal unterteilt. In Lakshman Jhula und Swarg Ashram. Beide Ortsteile sind nicht größer als ein kleines Dorf, das heißt, man ist ruck, zuck durchspaziert. Und sieht dieselben Bettler immer wieder.
In der Gasse, in der mein Internetshop liegt, konzentrieren sie sich, denn hier sind die meisten Geschäfte, Teebuden, Restaurants sowie die Toreingängezu den großen Ashrams. Von denen werden sie traditionell einmal am Tag verpflegt und von den Touristen den ganzen Tag. Selbst wenn sie kein Geld schnorren können, eine Zigarette oder einen Tee stauben sie ab. Ihr Kapital ist unser schlechtes Gewissen. Das kann man einfach nicht abstellen, auch nicht mit dem Wissen, dass man verarscht wird. Denn a) kann man sich irren, und b) tut das immer weh, in eine Hand, die sich einem entgegenstreckt, nichts hineinzulegen. Nicht mal zwei Rupien. Nicht mal
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