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Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen

Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen

Titel: Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
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befunden, hätte sich die Tragödie vermeiden lassen. Das zumindest kam bei der Verhandlung heraus.«
    »Wer hat die Klage erhoben? Der Staat Louisiana?«
    Ihr Lächeln war geduldig und nachsichtig. »Irgendwann mischte sich der Staat ein, aber Klage erhoben hat die Familie. Faiths Ehemann Jacques. Es ist jedoch nie zu einem Urteil gekommen. Die Regelung fand außergerichtlich statt.«
    Montoya sah sie an und hatte das Gefühl, dass sie etwas verschwieg. »Gibt es sonst noch etwas dazu zu sagen?«
    Die Mutter Oberin tastete nach dem Kreuz auf ihrer Brust und schien einen inneren Kampf auszutragen. Montoya wartete und schließlich sagte sie: »Es ist so lange her, und wenn es Ihnen irgendwie hilft, Schwester Maria zu finden, dann …« Sie schlug das Kreuzzeichen. »Es gab Gerüchte über Missbrauch, über sexuelle Belästigung … Einer unsererÄrzte und Mrs. Chastain sollen eine sexuelle Beziehung gehabt haben. Zuerst stritt der Betreffende alles ab. Dann meldeten sich andere zu Wort: Mitglieder der Belegschaft, die Dinge gesehen, aber aus Angst vor Kündigung nicht gemeldet hatten. Danach behauptete der Beschuldigte, es habe sich um eine Beziehung in gegenseitigem Einvernehmen gehandelt.« Sie zog angewidert die Mundwinkel herab. »Einvernehmlich? Können Sie sich das vorstellen? Mit einer Frau, die an einer Geisteskrankheit leidet?« Ihre Nasenflügel bebten jetzt vor Zorn. »Er wurde auf der Stelle entlassen.«
    »Es wurde keine Anzeige erstattet?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Die Familie hatte wegen des ungesicherten Fensters Zivilklage erhoben, das war alles. Vielleicht hat sie von dem anderen Problem gar nicht gewusst.« Sie senkte den Blick zu Boden. »Das war nicht gerade eine glorreiche Zeit in der Geschichte der psychiatrischen Klinik Our Lady of Virtues.«
    »Wer war der Mann?«
    Die Schwester Oberin sah Montoya in die Augen. »Dr. Heller. Er war ein brillanter Psychiater. In mancherlei Hinsicht seiner Zeit voraus. Doch gleichzeitig war er ein bisschen nachlässig, träge, wenn Sie so wollen.« Ihr Rücken wurde noch straffer, als hätte sie einen Stock verschluckt. Das Eingeständnis fiel ihr über alle Maßen schwer. »Eine seiner heftigsten Kritikerinnen war Gina Jefferson. Sie hat damals im Krankenhaus gearbeitet.«
    »Hatte sie auch etwas von dem Missbrauch mitbekommen?«, fragte Montoya und spürte wieder dieses gewisse Kribbeln. Er ahnte, dass er endlich auf dem richtigen Weg war.
    »Daran erinnere ich mich nicht, aber sie war keinesfalls begeistert von Simon Heller.«
    »Wissen Sie, wo sich Dr. Heller jetzt aufhält?«
    »Nein … Ich habe seinen weiteren Werdegang nicht verfolgt. Er ist umgezogen, in einen anderen Bundesstaat. Irgendwo in den Westen, glaube ich.«
    »Dr. Simon Heller. Hat er einen zweiten Vornamen?«
    »Ja … Ich entsinne mich, dass er sehr eigen mit dem Namensschild an seiner Tür war.« Sie dachte angestrengt nach, und Montoya musste sich zwingen, sitzen zu bleiben. Die Uhr tickte.
    »Simon T. Heller stand auf seinem Namensschild. Ich weiß nicht mehr, wofür das T stand. Theodore oder Thaddeus, etwas in der Art.«
    »Sein Name und seine Versicherungsnummer sind in der Akte verzeichnet?«, fragte Montoya und hielt den braunen Umschlag hoch.
    »Ja. Und ein Foto von ihm.«
    Montoya vergeudete keine Zeit. Er öffnete den Falz und zog die vergilbten Bögen aus dem Umschlag. »Ist Heller ein großer, kräftiger Mann?«
    »Groß, aber nicht kräftig. Ein bisschen wie eine Vogelscheuche. Einer der Patienten hat einmal ein Bild von einer Gottesanbeterin in einem Biologiebuch gesehen, darauf gezeigt und gesagt: ›Heller.‹« Sie musste wider Willen lächeln. »Das war nicht nett, aber ein Körnchen Wahrheit steckte doch darin. Er trug eine riesige Brille und hatte extrem lange Beine.«
    Montoya fand ein kleines Foto von Heller, das an seine vor langer Zeit eingereichten Bewerbungsunterlagen geheftet war. Die Farben waren verblichen, doch Hellers Gesichtszüge waren deutlich zu erkennen. Er hatte schwarzes Haar, einen dichten Oberlippenbart und seine Augen funkelten hinter den Gläsern einer riesigen Nickelbrille.
    »Er war noch nicht sehr alt.«
    »Er kam frisch von der Universität«, bestätigte die Mutter Oberin. »War noch nicht einmal dreißig.«
    »Wissen Sie sonst noch etwas über ihn?«
    »Er hatte so etwas Überlegenes an sich, das er mit übertriebener Leutseligkeit zu kaschieren suchte. Das klappte allerdings nur selten. Er war ein Einzelgänger – und er lief. Er hatte

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