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Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen

Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen

Titel: Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen Kostenlos Bücher Online Lesen
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alten Anstalt, denn nichts anderes war dieses Gebäude, ganz gleich, mit welchen vornehmen, freundlichen, ehrfürchtigen oder gar hochtrabenden Namen man es belegte. Er fuhr mit seinen behandschuhten Fingern liebevoll über die Wände, bemüht, so etwas wie Seelenfrieden zu finden. Doch selbst hier, an seinem Zufluchtsort, empfand er keinen Trost, keine Ruhe. Und das Hochgefühl, das er beim Töten erlebt hatte, das Rauschen im Blut und der Adrenalinstoß, das alles verflüchtigte sich bereits.
    Er ging durch Räume, von denen nur wenige noch wussten – und die, die sich erinnerten, hätten sie lieber vergessen. Der Geruch von Staub und Missbrauch klebte an den Wänden, legte sich über den rissigen Fliesenboden. Die Decken waren undicht, aber es störte ihn nicht.
    Hier wollte er arbeiten.
    Hier wollte er zuhause sein.
    Hier war der Ort, an den er sich ständig erinnert hatte.
    Hier war der Ort, an dem er alles wieder geraderücken würde.
    Er stellte eine Laterne in die Ecke eines der fensterlosen Räume und betrachtete die alten Gerätschaften, die noch an Haken hingen oder in sich neigenden Regalen verstaut und vergessen waren.
    Langsam strich er mit einem Finger über eine Zwangsjacke, deren lange Bänder fast bis zum Boden reichten. Die Jacke war früher einmal weiß gewesen, nun aber längst grau geworden und roch nach Schimmel. In einer Ecke, vor mehr als einem Jahrzehnt dort abgestellt, lehnte ein Elektroschocker, ein Folterinstrument, dessen Einsatz gegen Menschen verboten war, soviel er wusste. Früher war es jedoch durchaus zur Anwendung gekommen. Er ging zu einem an die Wand geschobenen Metallkarren. Die Deckplatte bestand aus rostfreiem Stahl, die Schubfächer waren flach. Er öffnete das oberste Fach und entdeckte chirurgische Instrumente, nicht mehr glänzend und messerscharf, sondern mit den Jahren stumpf geworden.
    Er schluckte verkrampft. Erinnerte sich. O ja, er erinnerte sich.
    Mit der behandschuhten Hand hob er ein Skalpell auf und hielt sich die schmale Klinge so nah vors Gesicht, dass er auf der reflektierenden Oberfläche sein Spiegelbild sehen konnte. Er kniff im dämmrigen Licht die Augen zusammen und glaubte einen Moment lang, die entsetzlichen, qualvollen Schreie der Patienten zu hören, die einstmals in diesen Raum gebracht worden waren, in einen Raum, in dem chirurgische Praktiken und Operationen stattgefunden hatten, die nicht als ethisch vertretbar galten.
    Er hatte viele gesehen, die in diesen Raum geschoben wurden, Menschen, die außer Kontrolle geraten waren, die sich lautstark wehrten, aber auch solche, die man sediert hatte und die nun teilnahmslos alles mit sich geschehen ließen.
    Er schob das Skalpell und ein paar weitere chirurgische Instrumente in seinen Rucksack.
    Niemand wusste, dass er überlebt hatte.
    Niemand wusste, dass er heute noch lebte.
    Und es interessierte niemanden.
    Aber es wird sie interessieren, dachte er und spürte, wie wärmende Vorfreude in ihm aufstieg, oh, es wird sie durchaus wieder interessieren.

10.
     
    A ls Montoya zurück zum Streifenwagen ging und einstieg, verdunkelte sich der Nachmittagshimmel. Er wendete geschickt und ließ das verfallene Krankenhaus hinter sich. Auf dem Weg nach New Orleans klingelte sein Handy.
    »Montoya«, meldete er sich. Bonita Washington brachte ihn auf den neuesten Stand bezüglich des Mordfalls Gierman/LaBelle. Unter Courtney LaBelles Fingernägeln waren keine Hautfasern und auch sonst nichts gefunden worden, was eine DNA-Analyse möglich gemacht hätte. Keiner der am Tatort entdeckten Fingerabdrücke fand seine Entsprechung beim Durchlauf durchs AFIS, das Automatische Fingerabdruck-Identifikationssystem – also hatte der Mörder entweder keine Fingerabdrücke hinterlassen oder seine Abdrücke waren nicht gespeichert. Courtney LaBelles Rucksack war sichergestellt worden, doch er war leer und gab keinerlei Aufschluss.
    Washington erklärte weiter, dass der Autopsiebericht nichts Spektakuläres erbracht hatte. Beide Opfer waren jeweils an einem einzigen, aus nächster Nähe abgegebenen Schuss gestorben. Beide waren anscheinend gefesselt und geknebelt gewesen, also höchstwahrscheinlich entführt worden.
    »Also«, sagte Washington, während er auf dem Freeway beschleunigte und der verdammte Regen wieder einsetzte, »abgesehen von den Schuhabdrücken Größe zwölf und einem kurzen dunklen Haar an dem Brautkleid haben wir nicht viel, was uns weiterhilft. Das Haar wird jetzt im DNA-Labor untersucht. Ich gebe dir

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