Shkarr (German Edition)
Nest und dann in den undurchdringlichen Wald. Summend, schnatternd und schreiend waren die tagaktiven Tiere des Dschungels erwacht und erfüllten ihn mit Leben.
Krischan war noch müde, doch an Schlaf war jetzt nicht mehr zu denken. Wieder wanderte sein Blick zurück in sein kleines Reich und blieb an einer leeren Stelle hängen. Shkarr hatte dort gelegen, doch Krischan konnte sich daran erinnern, dass er sich noch im Halbschlaf befunden hatte, als Shkarr das Nest verließ. Jetzt kletterte dieser sicher irgendwo umher und mied es an den Menschen zu denken. Krischan fühlte sich verletzt. Er hatte Shkarr das gegeben, was er wollte und jetzt wandte dieser sich von ihm ab, ohne den Grund dafür zu nennen oder irgendeinen Gedanken zu denken.
Krischan zupfte ratlos an den Blättern, dann zuckte er mit den Schultern. Es war nicht wichtig, versicherte er sich selbst. Morgen würde sowieso alles vorbei sein.
‚Du musst die Blätter kauen, dann hast du einen Brei’, meldete sich ein äußerst zerzaust aussehender Kater mit goldenen Augen. Ein wenig steif wirkte der sonst so behände Kater und Krischan musste zweimal schauen, um in ihm Truschan wieder zu erkennen. Völlig zerzaust war das ehemals glatte und seidige Fell. Der Schwanz wirkte gerupft, das linke Ohr war eingerissen.
‚Vielleicht hast du ja noch was für mich übrig, wenn du fertig bist.’
Überaus vorsichtig setzte Truschan eine Pfote vor die andere und krabbelte in das Nest, in dem Krischan mit offenem Mund saß und auf seinen ehemaligen Beschützer starrte. Umständlich begann Truschan sich zu säubern, glättete Streifen um Streifen struppigen Haares.
‚Sehen alle so schlimm aus?’, fragte Krischan ihn.
Truschan schaute verschmitzt auf.
‚Ich habe gewonnen. Die anderen sehen sehr viel schlimmer aus.’
Krischan legte den Kopf schief, dann schnappte er sich ein paar Blätter und begann sie probeweise mit seinen Zähnen zu zerkleinern. Der Geschmack war gewöhnungsbedürftig, aber nicht ekelig. Er achtete darauf, nichts zu verschwenden und legte jedes fertig gekaute Stück auf ein Blatt, um es dann zu mischen. Erstaunt über sich selbst, schüttelte er den Kopf. Er saß hier mitten im grünen Nichts, kaute Blätter als Medizin und unterhielt sich mit einer Katze, während er noch vor wenigen Monaten an so etwas nicht einmal im Traum gedacht hatte. Truschan schaute auf und leckte ihm über die Ohren.
‚Wo tut’s weh?’, fragte Krischan verlegen.
‚Meine Flanke ist aufgerissen. Nicht viel, aber bemerkbar und lästig.’
Krischan betrachtete die Wunde und schmierte etwas von dem Brei darauf.
‚Noch etwas?’
Truschan verneinte schlicht. Ihm ging es besser, als er gehofft hatte.
‚Und was ist mit dir? Zsoral bringt dir nicht ohne Grund etwas.’
Krischan wand sich unbehaglich und verbiss sich eine äußere Reaktion auf seine Befindlichkeit. Truschan blinzelte kurz, dann stupste er Krischan an.
‚Also, wenn du der Bindungspartner von Shkarr bist und er als einziger von euch zweien dem Pourok unterliegt, dann weiß ich, was dir am meisten wehtut. Mach endlich. Dann wird es besser.’
Krischan wurde rot, hob aber gehorsam sein Hinterteil an und tastete blind mit dem Brei bewaffnet nach dem Herd des unangenehmen Brennens.
‚Ist es normal, dass zwei ... ich meine ...’
‚Ob es normal ist, wenn zwei gleichgeschlechtliche Rirasch eine Verbindung eingehen?’, vervollständigte Truschan Krischans Frage, ‚Ich wusste es bis vor Kurzem auch nicht. Aber ich habe Zsoral gefragt und der meint, es kommt immer wieder mal vor. Und dann hängt es davon ab, wer als Erstes nachgibt. Der alte Heiler hat erzählt, dass er die schlimmsten Verletzungen bei solchen Bindungspartnern gesehen hat. Deshalb hat er dich wahrscheinlich auch aufgesucht.’
‚Er wusste, dass Shkarr sich mit mir ... Warum hat er nichts gesagt?’
Truschan befasste sich wie selbstverständlich mit der Körperhygiene des Menschen, der fassungslos mit den Worten kämpfte. Irgendwie war die Haut von Krischan aber äußerst gereizt und Krischan reagierte schon bei der geringsten Berührung mit Zusammenzucken. Nachdenklich betrachtete Truschan den restlichen Kräuterbrei. Kurz entschlossen verteilte er diesen, dünn aufgetragen, auf die bloße Haut. Der Saft würde einziehen und der Rest trocknete und fiel dann einfach ab.
‚Ich weiß es nicht. Kann sein, dass Shkarr es nicht wollte. Soweit ich weiß, wäre ich beinahe auch mit ihm zusammengeraten. Er war auf der Suche nach einer
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