Shkarr (German Edition)
Hausgastes gab es noch andere Details, die sich in Krischans Leben radikal geändert hatten. Neben dem Essen war es das Schlafverhalten, das ihm Shkarr rücksichtslos aufzwang und bei dem er keinerlei Widerspruch duldete. Mit schöner Regelmäßigkeit musste Krischan akzeptieren, dass sein Bett Tag wie Nacht frequentiert wurde. Am Anfang gab es einige Auseinandersetzungen, die Krischan ebenso regelmäßig verlor, wie es bisher seit ihrer ersten Begegnung immer der Fall gewesen war. Mit der Zeit verlor er dabei zwar nicht mehr seine Contenance, aber dafür seine Decke. Sie taugte nur noch zum Recyceln.
Nachdem er für Ersatz gesorgt hatte, gab Krischan den Widerstand auf und überließ Shkarr die Unordnung in ihrem nunmehr gemeinsamen Bett. Krischan beschlich dabei lediglich das Gefühl, mehr oder weniger geduldet zu sein.
Bis auf einige große und kleine Missverständnisse und Auseinandersetzungen gelang ihm das Zusammenleben mit diesem doch recht schwierigen Hausgenossen ganz gut. Seine Schwester informierte er jedoch nicht darüber. Er beließ es bei wortkarger Zustimmung, dass sie recht gehabt hätte, dass sein Leben ja nun deutlich an Wert gewinnen musste, und lenkte dann einfach ab. Das gestaltete sich wirklich einfach, da seine Schwester aus reiner Gewohnheit immer das Wort führte und er nur „Mhm“ und „Ja“ erwidern musste, um noch geistige Anwesenheit zu beweisen.
Schlechter sah es hingegen mit seinem Job aus. Das Management hatte ihm zu verstehen gegeben, dass in Kürze Umstrukturierungsmaßnahmen anstanden, die auch seinen Arbeitsplatz berühren würden. ‚Umstrukturierungsmaßnahmen‘ war das Zauberwort für Entlassungen, mehr Aufgaben und schwierigere Arbeitsbedingungen. Wenn er Glück hatte, konnte er seinen Job behalten. Es konnte aber auch Glück bedeuten, wenn er ihn verlor. So genau wusste man das erst am Ende der „Umstrukturierungsmaßnahmen“.
Natürlich war es erst ein großes Geheimnis gewesen, bis die ersten Gerüchte kursierten. Die Bombe hatte der Vorstand vor genau zwei Tagen platzen lassen und konnte dabei natürlich nicht der Versuchung widerstehen, sich als renommiertes, vorausschauend planendes Unternehmen zu präsentieren, welches die Zeichen der Zeit erkannte und für zukünftige Projekte ein umfassenderes und komplexeres Umfeld benötigte, als es hier auf der Erde geboten bekam. Dazu gehörte eben auch, die Mitarbeiter des Unternehmens für die Zukunft fit zu machen. Künftig würden große Teile der Firma auf dem Mars und auf Sixtus, zweier Kolonien der Erde, ausgelagert werden. Seine Abteilung gehörte ebenso dazu, wie Krischan dem Prospekt hatte entnehmen können. Krischan war sich sehr wohl bewusst, dass es viele Programmierer und Computerexperten es auf Mars und Sixtus gab, die zudem flächendeckend mit Implantaten ausgestattet waren. Er ging daher davon aus, dass er seine Stelle bei Southern Star Corporation - Service PTC incorp . verlieren würde. Mr. Summer hatte ihm das mit einem bedauernden Tonfall mitgeteilt, wobei das natürlich noch nicht die offizielle Entlassung war, wie der Mann betonte. Doch Krischan hatte den unbändigen Drang gehabt, seinem Chef die Zähne auszuschlagen.
Shkarr hatte sich, als er davon erfuhr, ungewöhnlich nett und zuvorkommend verhalten. Krischan war darüber reichlich verwundert, aber wagte nicht, den Kater deswegen zu fragen. Shkarr suchte jedoch für ihn nach einer neuen Stelle und teilte ihm mit, dass er wohl dafür aller Voraussicht nach den Planeten verlassen musste. Die Nachfrage nach implantatfreien Programmierern auf der Erde war absehbar kurz und die für ihn fraglichen Stellen fanden sich auf den zahlreichen Kolonien. Die meisten Firmen waren dem Ruf der expandierenden Kolonien gefolgt und damit den Geldquellen. Service PTC incorp . gehörte mit zu den ersten, wenn auch weniger bekannten. Krischan überlegte daher, ob er nach Alshama ziehen sollte. Die Aussichten auf dieser Kolonie waren für ihn nicht die schlechtesten. Seine Firma würde da ganz sicher nicht hinziehen, und einige der dort ansässigen Firmen hatten schon ihr Interesse bekundet, als er eine entsprechende Anfrage gestartet hatte.
Alshama ähnelte der Erde von vor über 200 Jahren und galt als entsprechend primitiv. In 50 Jahren würde es vielleicht einmal ein Paradies sein, bis dahin gingen kaum Leute oder gar Firmen dorthin, die auf Hochtechnologie spezialisiert waren.
Krischan schaute noch einmal auf die Uhr und atmete erleichtert auf. Endlich hatte
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