Shkarr (German Edition)
er Feierabend und konnte gehen. Schnell schob er das Headset von seinen Ohren, versetzte dem Sessel einen Schubs und holte seinen Mantel. Im Hinausgehen betrachtete er noch einmal sein Büro, dann verschwand er durch die Tür.
Eine Viertelstunde später gewährte ihm die Tür seines Appartements Einlass. Shkarr lümmelte auf dem Sofa und wirkte, als habe er den ganzen Tag so verbracht. In Gedanken war er jedoch alles andere als träge. Er fügte gerade die letzten Informationen zusammen und kam zu der für ihn unweigerlichen Schlussfolgerung: ‚Ich bin kein Kanarra!‘, meldete er statt einer Begrüßung.
Krischan ging in die Küche und holte sich etwas zu trinken. Als die Bedeutung in sein Bewusstsein sickerte, hielt er inne. ‚Was heißt, du bist kein Kanarra?‘
Shkarr sprang vom Sofa und folgte Krischan in die Küche, der stirnrunzelnd sein Wasser im Glas betrachtete.
‚So wie ich das sage! Kanarras sind Züchtungen der Menschen. Mein genetischer Code entspricht nur zu einem geringen Teil denen der Kanarras, die hier gezüchtet und verkauft werden. Der Teil, der nicht mit dem meinen übereinstimmt, stammt aus der Gen-Datei einer Gen-Bank der Erde. Es handelt sich um die Art Felidae oder schlicht: Hauskatze.‘
Krischan beobachtete Shkarr, wie dieser genüsslich eine Honigmelone mit seinen Krallen zerlegte, sie Stück für Stück ins Maul schob und dabei weiß blitzende Eckzähne entblößte. Neugierig griff auch er zu und ließ sich den fremdartigen Geschmack auf der Zunge zergehen. Gleichzeitig versuchte er, nicht allzu viel zu denken. Der Äther war schon voll genug von der nur schlecht unterdrückten Aufregung, die von Shkarr ausging, auch wenn dieser sich betont lässig gab.
‚Warum meinst du, dass die Gene aus einer Bank stammen? Es gibt mehr als genug Katzen auf der Erde ...‘
Shkarr leckte sich die Pfote sauber, während er Krischan unterbrach: ‚Und jede mit ihrem eigenen individuellen, genetischen Code. Der Urvater aller Kanarras auf der Erde stammt aus dem Reagenzglas einer Gen-Bank in Old-Virginia. Eine Katze mit einigen veränderten Gen-Sequenzen. Scheinbar ein schiefgegangenes Experiment, denn die aus dem Material geschaffenen Wesen waren nicht lebensfähig. Irgendwann stieß man dann auf die Kanarras. Die richtigen Kanarras, und entschloss sich, aus welchen Gründen auch immer, diese katzenähnlichen Wesen mit den Genen des missglückten Experiments zu kreuzen. Heraus kamen die Kanarras, die man überall kaufen kann, auch wenn es immer wieder heißt, dass es sich um eine rein außerirdische Züchtung handelt und sie vor allen Dingen in den Kolonien gezüchtet werden, da die Auflagen auf der Erde nur kleine Populationen zulassen. Ich glaube, das ist schlicht eine Lüge und eine dämliche dazu. Was soll es für Gründe geben, die Populationen auf der Erde klein halten zu müssen, und damit zu riskieren, dass der genetische Pool zu klein und daher die Gefahr für Inzucht zu groß ist. Aber es ist typisch menschlich: niemand stellt eine Begründung, die keine ist und sich nur wie eine anhört, infrage.‘ Shkarr verstummte und betrachtete das Melonenstückchen, welches er mit einer Kralle aufgespießt hatte. ‚Das erklärt aber alles. Es erklärt zumindest ziemlich gut die Herkunft der Kanarras. Aber meine Herkunft erklärt sie nicht im Geringsten. Der Import von sogenannten echten Kanarras, die in den Gen-Code dieser missglückten Hauskatze eingekreuzt worden waren, ist kurz nach ihrer Entdeckung vom Sternenbund SkarraSHrá verboten worden. Doch darüber gibt es keine Erklärung, die Warnung, dass harte Strafen drohen, wenn die Bewohner der Erde oder sonst eine Rasse, gegen das Verbot verstoßen. Am Anfang muss es noch Verletzungen gegeben haben, darauf lassen einige freigegebene Polizeiberichte schließen, auch wenn sie das nicht direkt sagen. Aber schon kurz darauf gibt es keinerlei offizielle Papiere oder Berichte mehr, die auf illegale Importe schließen lassen. Offiziell! Die ganze Geschichte passierte vor über 16 Jahren. Seit etwa zehn Jahren werden Kanarras offiziell verkauft, seit etwa zwei Jahren ist es ein stetig populärer werdender Trend. Jeder Mensch, der etwas auf sich hält, besitzt einen Kanarra oder will sich bald einen zulegen.‘ In Shkarrs Gedanken mischte sich mit der Aufregung deutlich das Gefühl von Abscheu. Krischan unterbrach ihn aber nicht. Er konnte sich die unausgesprochenen Gedanken lebhaft vorstellen. Er war in der letzten Zeit oft genug Zeuge seiner
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