Shoal 01 - Lichtkrieg

keinem der bekannten Shoal-Schiffe, aber es verfügt über einen Antriebsmechanismus, der es vermutlich in null Komma nichts quer durch die ganze Galaxis schießt. An der Hülle befinden sich die externen Strukturen, die für die Sternenschiffe der Shoal typisch sind, aber weiter geht die Ähnlichkeit nicht. Außerdem ist es alt. Sehr alt.«
    »Wie alt?«
    »Ich tippe auf ungefähr einhundertsechzigtausend Jahre.«
    »Einhundertsechzigtausend Jahre«, wiederholte sie. »Und wir wissen natürlich, warum diese Zahl so überaus wichtig ist, oder?«
    »Wollen Sie es mir nicht verraten?«, drängte Corso im Flüsterton, während er sie lauernd und mit einem eigentümlichen Gesichtsausdruck ansah.
    Zu viel Informationen stürmten in dieser kurzen Zeit auf sie ein. Am liebsten hätte sie sich in die Dunkelheit und Wärme der Piri Reis verkrochen und über alles, was sie hier gesehen und erlebt hatte, in Ruhe nachgedacht.
    »Vergessen Sie es«, erwiderte sie und seufzte. »Aus irgendeinem Grund fielen mir gerade die Magellanschen Novae ein.« Die Erinnerung daran, wie sie durch Langleys Teleskop gespäht hatte, war so frisch, als sei dies alles erst gestern geschehen und nicht vor so vielen Jahren auf Bellhaven, einer Welt, die nun eine halbe Ewigkeit von ihr entfernt lag.
    Corso trug immer noch diese angespannte Miene zur Schau. Das benagte ihr nicht.
    »Nun ja«, meinte er, »das Wrack stammt in etwa aus der Zeit, in denen die Novae auftraten. Aber deshalb muss man nicht gleich annehmen, dass sie in Zusammenhang mit etwas stehen, das in einer fernen Galaxis passiert ist.« Sie fragte sich, warum er sie so anstarrte. »Oder sind Sie vielleicht anderer Meinung? Haben Sie irgendeine Idee, es könnte doch eine Verbindung geben?«
    »Sie glotzen mich an, als hätte ich versucht, Ihnen die Nase abzubeißen.«
    Corso gab einen gereizten Laut von sich und senkte die Stimme, so dass seine Worte von den Geräuschen der Maschinen, die das Tauchboot antrieben, beinahe übertönt wurden. »Mala, ich habe gesehen, wie Sie auf der Brücke der Hyperion eine Karte der Magellan sehen Wolken studiert haben. Sie zogen Kurvenbahnen, die die beiden Wolken mit diesem Teil des Orionarms verbanden. Und dabei kamen Sie dem System hier so verdammt nahe, dass es schon kein Zufall mehr sein kann. Warum haben Sie überhaupt diese Verknüpfung zwischen den Magellan-Wolken und ausgerechnet diesem Ort im Orionarm hergestellt? Interessieren Sie sich besonders für Novae?«
    »Ich kann mich nicht entsinnen, etwas Derartiges getan zu haben. Ehrlich, ich glaube, Sie haben zu viel gearbeitet. Sie fangen an, sich Dinge einzubilden.«
    Er blickte sie noch ein paar Sekunden länger an, mit schmalen Lippen und grimmiger Miene. Dakota war völlig verblüfft.
    »Darüber sprechen wir noch«, versetzte er.
    »Verdammt noch mal, ich weiß nicht, wovon Sie reden!«, zischte sie erbost.
    »Na schön.« Er winkte ab. »Lassen wir das. Vorläufig.« Er lehnte sich in seinen Sitz zurück, schloss kurz die Augen und atmete tief durch. Als er die Augen wieder öffnete, schien er sich ein bisschen beruhigt zu haben.
    »Hören Sie«, fuhr er dann fort. »Ehe wir das Wrack erreichen, möchte ich Sie noch warnen. An Bord des fremden Schiffs befinden sich aktive Verteidigungssysteme. Bis jetzt haben wir uns noch nicht getraut, das Wrack zu bergen, aus Angst, es könnte eine Selbstzerstörungssequenz auslösen. Es benutzt Felder aus künstlicher Schwerkraft, um alles und jeden zu zermalmen, den es als Bedrohung betrachtet. Trotzdem ist es uns gelungen, ein gutes Stück weit in das Innere einzudringen.«
    »Danke für die Warnung, aber ich möchte immer noch wissen, was mit mir passiert, wenn wir dieses Ding betreten – und zwar bevor ich mein bisschen Leben riskiere.«
    »Ich garantiere Ihnen, dass Ihnen nichts zustoßen wird, Mala«, erwiderte Corso.
    Sie sah ihm ganz deutlich an, dass er log.
    Etwas zerbrach in Dakota. »Bringen Sie mich wieder nach oben«, verlangte sie. Sie stand von ihrem Sitz auf und ging auf die Kontrollkonsole zu. »Was immer Sie hier vorhaben, ich habe keinen Vertrag unterschrieben, der mich zwingt, daran teilzunehmen.«
    Arbenz nickte Kieran hastig zu. Mansell sprang hoch und verpasste ihr einen heftigen Schlag ins Gesicht. Während sie zusammenbrach, erhaschte sie einen flüchtigen Blick auf Corsos blasses, erschrockenes Gesicht. Als Nächstes lag sie auf den Knien, Kieran drehte ihr einen Arm auf den Rücken und presste sie nach vorn, bis ihre Stirn