Shoal 01 - Lichtkrieg
hatte sie nicht mehr gehabt, seit …
Dakota verdrängte die Erinnerung. Stattdessen beobachtete sie auf einem Bildschirm in ihrer Nähe, wie die Hyperion rasch aus dem Blickfeld verschwand. Theonas gekrümmter Horizont tauchte auf und wurde größer, als sich der Bug des Shuttles in diese Richtung wandte. Und schon bald spürte Dakota den ersten schwachen Zug, den die Schwerkraft auf ihren Körper ausübte.
Arbenz drehte von seiner eigenen Andruckliege aus den Kopf nach hinten und fing Lucas’ Blick auf. »Mr. Corso, von jetzt an sind Sie der Experte. Ich erteile Ihnen die ausdrückliche Erlaubnis, Miss Oorthaus in alles einzuweihen, was sie wissen muss … bis hin ins kleinste Detail.«
Danach fasste er Dakota ins Auge. »Was wir Ihnen heute zeigen werden, hat es in der Geschichte der Menschheit noch nie gegeben. Es ist einzigartig! Und Sie werden begreifen, warum wir diese strikten Sicherheitsmaßnahmen ergreifen mussten.« Er startete den Versuch zu lächeln. »Leider blieb uns nichts anderes übrig, als zu einer List zu greifen, um Sie hierherzubringen. Das ist jedoch kein Grund zur Besorgnis, und ich bitte Sie inständig, sich nicht aufzuregen. Nicht mehr lange, und Ihnen wird jeder Aspekt dieser Reise, der Ihnen bis jetzt noch sonderbar vorgekommen sein mag, klar werden.« An dieser Stelle legte er eine Kunstpause ein und wirkte auf einmal nachdenklich und verletzlich. »Um es in aller Deutlichkeit auszusprechen – wir brauchen Ihre Hilfe.«
Arbenz blickte wieder nach vorn und begann ein Gespräch mit Gardner, während Kieran den Shuttle steuerte. Nach allem, was Dakota mitbekam, redeten sie über das Personal, das bereits unten auf dem Mond stationiert war.
Sie wandte sich an Corso. »Schießen Sie los. Sofort.«
Er bedachte sie mit einem halbherzigen Lächeln und wich ihrem Blick aus. »Es gibt eine Menge zu erzählen, deshalb halte ich es für das Beste, Ihnen jeweils die Erklärungen zu liefern, die die aktuelle Situation erfordert. Sie sollten mir aber vertrauen, wenn ich Ihnen sage, dass Sie überhaupt nicht in Gefahr sind. Sind Sie bereit, mir wenigstens das zu glauben?«
»Einmal erwähnten Sie«, flüsterte sie so leise, dass nur er sie verstehen konnte, »man hätte irgendeine Entdeckung gemacht.«
Der Shuttle fing an zu rütteln, als sie auf die oberste Schicht der dünnen Mondatmosphäre trafen. »Verlautbaren Sie bitte nie wieder, dass ich überhaupt etwas zu diesem Thema gesagt habe«, murmelte er zurück. »Ja, wir fanden das Wrack eines abgestürzten Sternenschiffs. Es könnte mit einem funktionierenden Transluminal-Antrieb ausgestattet sein.«
Dakota starrte ihn an und wartete darauf, dass er noch mehr von sich gab, aber Corso hüllte sich in Schweigen. Ihr schwindelte ein wenig, und sie fühlte sich leicht, wie benommen, als sei sie mit Luft angefüllt.
Theona hatte sich von einem beliebigen im All schwebenden Himmelskörper in eine Landschaft verwandelt, die sich nun unter ihnen ausdehnte. Das Terrain war bleich und konturlos, bis auf die gezackten Bergrücken, die entstanden waren, als ein in grauer Vorzeit stattfindender Meteoreinschlag einen Teil des felsigen Kerns über die zu Eis gefrorenen Wassermassen gepresst hatte. Ihr Fluggerät näherte sich rasch der Basisstation der Freistaatler am Fuß einer dieser Gebirgskämme; überhitzter Dampf trat aus und hüllte den Shuttle in glühendheiße Wolken, als sie sich auf eine Andockrampe niedersenkten. Es gab einen schweren, rüttelnden Stoß, gefolgt von einem Schlingern und Vibrationen; mit zusammengebissenen Zähnen verfolgte Dakota, wie die Triebwerke heruntergefahren wurden.
Stimmengewirr drang durch die Komm-Systeme. Kieran Mansell sprach kurz und in scharfem Ton mit jemand, dann drückte er auf einen Schalter, und es war wieder still. »Sie machen das Tauchboot startklar«, verkündete er.
Corso hatte sich schon halb aus seinem Sicherheitsgeschirr gelöst, da streckte Dakota eine Hand aus und umklammerte seinen Unterarm.
»Ich wollte Ihnen noch etwas sagen. Falls mir etwas zustößt, nachdem wir den Shuttle verlassen haben, werden Sie der Erste sein, der stirbt.«
Mit einiger Mühe löste sich Corso aus ihrem Griff. »Schön. Aber könnten wir jetzt vielleicht erst einmal aus diesem Ding aussteigen?«
Das Personal, das die Basisstation auf Theona bemannte, bestand lediglich aus einem Dutzend Leuten. Die Hälfte von ihnen bereitete sich darauf vor, den Shuttle in den Orbit zurückzufliegen, wo sie sich dann an Bord der
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