Shoal 01 - Lichtkrieg

Titel: Shoal 01 - Lichtkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Gibson

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nahezu unbegrenzte Speicherkapazität, und die darin enthaltenen Informationen waren so zahlreich, dass sie selbst das wissbegierigste Individuum zufriedenstellen mussten. Der Händler hatte das gesamte Wissen einer Kultur entdeckt, die sich über einen Zeitraum von fast zwei Millionen Jahren im Bereich der Magellanschen Wolken unendliche Male ausgebreitet hatte, um sich dann wieder auf ein viel kleineres Territorium zu konzentrieren. Das Imperium hatte zahllose Welten beherrscht, ehe es zu Staub zerfiel und nahezu in Vergessenheit geriet, nur um sich im Laufe der Äonen aus seiner eigenen Asche zu neuem Glanz zu erheben und weiter denn je zu expandieren.
    Die Menschen bezeichneten die Bewohner der Magellan sehen Wolken gern als »die Weisen«, ein Name, der diese Spezies absolut treffend beschrieb, wenn man dabei an die Wunder dachte, die das hochentwickelte Volk vollbracht hatte. Nichtsdestoweniger hatten die Weisen gewisse Dinge nicht erreicht. Der Aufbau ihres Imperiums war quälend langsam vonstattengegangen, sie hatten mehrere hunderttausend Jahre gebraucht, um sich nach und nach mit Unterlichtgeschwindigkeit über ihre Galaxis zu verbreiten. Tausend Mal hatte sich das Reich in Kriegen selbst vernichtet, wenn riesengroße Zivilisationen, die sich gegenseitig bekämpften, erst dann ihre gemeinsame Abstammung entdeckten, wenn es bereits viel zu spät war.
    Unterdessen raste das Wrack seinem Ziel entgegen, das tief im Herzen von Nova Arctis lag. Der virtuelle Händler verspürte keine Besorgnis, keinen Schmerz, und vor allem fürchtete er sich nicht vor seinem unmittelbar bevorstehenden Tod.
    Hier bin ich, eingebettet in das Hirn dieses Sternenschiffs, und ich finde mich damit ab, dass meine Existenz schon sehr bald enden wird. Bedeutet dieser Mangel an Angst, dass ich im Grunde gar kein denkendes Wesen bin? Oder ist meine Fähigkeit, über mich selbst zu reflektieren – meine eigene Existenz wahrzunehmen –, ein Beweis dafür, dass ich genauso lebendig bin wie das Original meines Ichs?
    Als ihm das Nachgrübeln über diese philosophischen Fragen langweilig wurde, tauchte der Händler tief in die Datenspeicher des Wracks ein und durchstreifte Gefilde, die so zahlreich vorhanden waren, dass sie ihm endlos erschienen – ausgeklügelte interaktive Lebensräume, die Millionen von Welten im Verlauf von unzähligen Äonen wiedergaben. In diesen Räumen durchlebte er virtuelle Jahrhunderte in einem rasant beschleunigten Tempo, während draußen im realen Universum das Wrack seinem endgültigen Bestimmungsort entgegenkroch.
    Das Tragische daran war, dass der aus Fleisch und Blut bestehende Händler niemals in den Genuss der vielfältigen Erfahrungen kommen würde, die seinem Doppelgänger zuteil wurden. Sämtliche Beweise dafür, dass es die Kultur der Weisen überhaupt gegeben hatte, waren vor ein paar Jahrtausenden absichtlich vernichtet worden. Es war besser, eine ganze Zivilisation aus der Historie des Universums zu tilgen, als das Risiko einzugehen, dass gewisse Vermutungen durchsickerten, zum Beispiel der Verdacht, dass es eine ganze Reihe von Verstecken mit Hochtechnologie über den Kosmos verteilt geben könnte. Es lag auf der Hand, dass damit ein wahrer Exodus von Machtgierigen eingeläutet würde, die sich anschickten, die mit Transluminal-Antrieben ausgerüsteten Wracks zu suchen.
    Die Weisen waren dazu verleitet worden, sich selbst zu zerstören.
    Durch einen puren Zufall hatten sie eines dieser versteckten Sternenschiffe gefunden, so wie die Menschen das Wrack auf Theona entdeckt hatten. Dieses Schiff hatte im Kern eines Asteroiden gesteckt, in einer Kammer, die eindeutig künstlichen Ursprungs war; die Weisen hatten diese Entdeckung als ein Geschenk der Vorsehung aufgefasst.
    Der Händler stöberte müßig in den schluchtengleichen, kilometertiefen Kammern einer Weltbibliothek, die die Weisen Ein Schatz an melancholischen Erinnerungen, geborgen aus Schadhaften Medien genannt hatten. Dort fand er Berichte über Hunderte von mächtigen interstellaren Zivilisationen, die es mit den Shoal nicht nur aufnehmen konnten, sondern diese Spezies in Bezug auf technologische Errungenschaften noch übertrafen. Er erfuhr vom Aufstieg und Niedergang gewaltiger Imperien, die von einer Stellung der Dominanz in die totale Bedeutungslosigkeit versanken, nur um erneut eine Blüte zu erleben. Es war ein ewiges Auf und Ab, ein stetes Pulsieren, wie der Herzschlag eines Gottes -alles versunken in den Tiefen der Vorzeit.
    Von