Shoal 01 - Lichtkrieg
eine Hand und tippte an sein Ohrläppchen, während er mit starren Augen über Dakotas Schulter peilte. Allmählich verschwamm sein Blick, und sie nahm an, dass er die Mitarbeiter seines technischen Stabs genauso deutlich sah und hörte, als stünden sie direkt vor ihm.
»Sagen Sie mir, was passiert ist!«, rief er plötzlich in die leere Luft hinein. Seine Miene wurde zunehmend grimmiger. Nach einer Weile schüttelte er in offenkundiger Besorgnis den Kopf. Dann schien er mit einem jähen Ruck Dakota zu bemerken, als hätte er zwischenzeitlich völlig vergessen, was sich noch wenige Minuten zuvor in seinem Büro abgespielt hatte. »Mit Ihnen bin ich noch nicht fertig«, knurrte er sie böse an. »Hugh, Sie kommen mit mir.«
Dakota hörte, wie Moss sich von ihr wegbewegte. »Sie bleiben hier«, warnte er sie. »Machen Sie Ihre Situation nicht noch schlimmer, als sie schon ist.«
Die Männer gingen und schlossen hinter sich die Tür.
Sie war allein.
Fast.
Die Perlen-Zombies flankierten sie weiterhin wie zwei erschreckend detailgetreue Statuen. Blitzartig fiel ihr ein, dass weder Moss noch Bourdain ihnen bis jetzt Befehle erteilt hatten, und ohne Anweisungen waren sie genauso harmlos wie Gemüse. Sie blieb noch ein paar Sekunden lang reglos auf dem Stuhl sitzen und beobachtete halb angewidert, halb fasziniert, wie sich die Brustkörbe der Zombies in gleichmäßigen Atemzügen hoben und senkten. Solange sie nicht den Befehl erhielten, in Aktion zu treten, würden sie für immer und ewig an ihren Plätzen stehen bleiben.
Langsam stand Dakota auf, bereit, wegzulaufen, sobald einer der beiden Zombies auch nur mit einem Muskel in ihre Richtung zuckte. Eine Welle von Übelkeit stieg in ihr hoch, und sie musste sich an der Stuhllehne abstützen, um nicht zusammenzubrechen.
‹Die Systeme zeigen an›, meldete die Piri Reis,‹ dass du medizinische Behandlung brauchst. ›
Die Perlen-Zombies rührten sich nicht aus ihrer Passivität.
Danke, Piri. Ich danke dir aus tiefstem Herzensgrund. Du hast mir das Leben gerettet.
‹Kommentar notiert.›
Kannst du mich bitte, bitte hier herausholen?
‹Es könnte ein paar Sekunden dauern. Die lokalen Sicherheitssysteme sind auf hohem Niveau verschlüsselt.›
Irgendwo im Inneren von Bourdains s Rock manipulierten die Offensiv-Routinen der Piri die Systeme, die die primären Computer-Netzwerke des Asteroiden steuerten, und zwangen sie, falsche Informationen an Bourdains technischen Stab weiterzugeben.
Trotzdem würde Bourdain nicht lange brauchen, um herauszufinden, dass Dakota hinter all dem steckte.
Sie huschte zur Tür und versuchte sie zu öffnen; sie wunderte sich nicht, dass sie verriegelt war. Komm schon, Piri.
‹Bitte warten. Bitte warten. Bitte … ›
Zum zehnten Mal in genauso vielen Sekunden rüttelte sie am Türgriff, als plötzlich die Tür aufschwang. Sie spähte in den dahinterliegenden Korridor und vergegenwärtigte sich, dass ihre Probleme noch lange nicht ausgestanden waren. Bis jetzt war es ihr nur gelungen, aus Bourdains Büro zu flüchten. Nun musste sie es irgendwie schaffen, sich an seinen Sicherheitseinrichtungen vorbeizumogeln und dann vom Asteroiden abzufliegen, was vielleicht der schwierigste Teil überhaupt war.
Sie berührte ihre Lippen; an ihren Fingern klebte Blut. Dakota schloss die Augen und dachte angestrengt nach. Wenn sie in ihrem ramponierten Zustand zur Piri zurückging, würde sie unweigerlich Bourdains Wachleute auf sich aufmerksam machen.
Nach einer hektischen Suche entdeckte sie ein Stück weiter im Korridor ein Bad, doch eine neue Woge von Verzweiflung übermannte sie, als sie sich in einem Spiegel betrachtete. Als sie sich auf die Zunge gebissen hatte, war eine Menge Blut aus ihrem Mund und über das Kinn geflossen. Sie sah schrecklich aus.
Sie ballte einen Wust Toilettenpapier zusammen, tränkte es mit Wasser aus dem Hahn und fing an, ihr Gesicht zu säubern. Dabei zitterten ihre Hände so heftig, dass sie ständig das nasse Knäuel fallen ließ. Jedes Mal, wenn sie sich danach bückte, um es aufzuheben, stieß sie eine Reihe zotiger Flüche aus. Die ganze Zeit über stellte sie sich vor, Bourdain oder Moss kämen zurück, um sie zu suchen, während sie hier hilflos in der Falle steckte.
Wie wahnsinnig rieb sie ihr Gesicht mit dem feuchten Toilettenpapier ab. Das Blut ließ sich wegwischen, doch ihr Gesicht war leichenblass. Sie bot immer noch einen unschönen Anblick, aber daran ließ sich nichts ändern. Zum Glück trug
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