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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Brust, um den Schmerz darin zu beschwichtigen. »Wobei war der Señor gerade? Euer Schiff, es wurde also an Land geworfen?«
    »Ja. Gewissermaßen. Jedenfalls liefen wir auf Grund«, erwiderte Blackthorne. Vorsichtig versuchte er, seine Beine auszustrecken. Die Männer, die ihn beobachteten, machten ihm Platz dafür. »Danke«, sagte er sofort. »Vielen Dank. Wie heißt er?« Blackthorne zeigte auf einen Mann, der für ihn aufgestanden war.
    »Das ist Gonzales.«
    »Und sein japanischer Name?«
    »Ach so. Akabo. Aber das heißt nichts weiter als ›Träger‹, Señor. Sie haben keine Namen. Nur Samurai haben richtige Namen.«
    »Wie bitte?«
    »Nur Samurai haben Namen – Vor- und Familiennamen. So ist es bei ihnen Gesetz. Alle anderen müssen sich nach dem benennen, was sie sind – Träger, Fischer, Koch, Henker, Bauer und so weiter. Söhne und Töchter werden meistens einfach Erste Tochter, Zweite Tochter, Erster Sohn, Zweiter Sohn und so weiter gerufen. Manchmal rufen sie einen Mann ›Fischer, der beim Ulmenbaum wohnt‹ oder ›Fischer mit den schlechten Augen!‹« Der Mönch zuckte die Achseln und unterdrückte ein Gähnen. »Gewöhnliche Japaner dürfen keine richtigen Namen tragen. Huren geben sich Namen wie ›Karpfen‹ oder ›Mond‹ oder ›Blütenblatt‹ oder ›Aal‹ oder ›Stern‹. Wir geben ihnen christliche Namen, richtige Namen, wenn wir sie taufen, ihnen das Heil und das Wort Gottes bringen …« Seine Worte wurden immer leiser, und dann schlief er wieder.
    »Domo, Akabo-san«, sagte Blackthorne zu dem Träger.
    Der Mann lächelte schüchtern, verneigte sich und saugte vernehmlich die Luft ein.
    Später wachte der Mönch wieder auf, sprach ein kurzes Gebet und kratzte sich. »Erst gestern, sagte der Señor? Ihr seid erst gestern hergekommen? Was ist dem Señor zugestoßen?«
    »Als wir landeten, war dort ein Jesuit«, sagte Blackthorne. »Aber Ihr, Pater. Sagtet Ihr nicht, sie hätten Euch angeklagt? Was ist denn mit Euch und Eurem Schiff geschehen?«
    »Unser Schiff? Hat der Señor nach unserem Schiff gefragt? Kommt der Señor vielleicht aus Manila wie wir? Oder – ach, wie töricht von mir! Der Señor ist ja gen Westen gesegelt und war nie zuvor in Asien. Es tut so gut, sich mit einem gebildeten Herrn wieder einmal in meiner geliebten Muttersprache zu unterhalten. Que vá , wie lange ist das schon her! Mein Kopf schmerzt mich, Señor, er schmerzt. Unser Schiff? Wir wollten endlich wieder nach Hause segeln. Von Manila nach Acapulco, das liegt im Lande von Cortes, in Mexiko, und von dort über Land nach Vera Cruz. Und dort in ein anderes Schiff und über den Atlantik, und dann endlich, endlich nach Hause. Mein Heimatdorf liegt außerhalb von Madrid, Señor. Santa Veronica heißt es. Vierzig Jahre bin ich fort von daheim. In der Neuen Welt, in Mexiko und auf den Philippinen. Immer zusammen mit unseren glorreichen Conquistadores! Ich war auf Luzon, als wir ihren Eingeborenenkönig Lumalon vernichteten und das Wort Gottes auf die Philippinen brachten. Viele von unseren japanischen Bekehrten fochten damals schon für uns, Señor, sind das Kämpfer! Das war Anno 1575. Kein einziger dreckiger Jesuit oder Portugiese läßt sich dort blicken. Ich kam für rund zwei Jahre auf die japanischen Inseln und sollte dann wieder nach Manila abreisen, als die Jesuiten uns verrieten.«
    Der Mönch sprach nicht weiter und schloß die Augen. Offensichtlich schlief er wieder ein. Später kam er wieder zu sich, und wie alte Leute es bisweilen tun, fuhr er fort, als ob er nie geschlafen hätte. »Mein Schiff war eine große Galeone, die San Felipe. Wir hatten eine Fracht Gewürze geladen, Gold und Silber und Spezereien im Wert von anderthalb Millionen Silberpesos. Wir gerieten in einen der großen Stürme, der warf uns an der Küste von Shikoku an Land. Unser Schiff brach auf einer Sandbank auseinander – am dritten Tag war's –, aber bis dahin hatten wir das Gold und das Silber sowie fast die gesamte andere Ladung an Land geschafft. Dann wurde uns mitgeteilt, es sei alles vom Taikō persönlich beschlagnahmt, wir seien Piraten und …«
    Er hörte auf zu sprechen, als sich unvermittelt ein großes Schweigen im Zellenblock ausbreitete.
    Die Eisentür des Zellenkäfigs war aufgeschwungen.
    Wachen fingen an, Namen von einer Liste abzulesen. Akabo, einer der Männer um sie herum, gehörte zu den Aufgerufenen: Er kniete vor dem Mönch nieder, der ihn segnete, das Kreuzeszeichen über ihn schlug und ihm dann

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