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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Und dem Rest – dem Rest wurde ein Ohr abgeschnitten, und dann wurden sie wie gemeine Verbrecher auf den Straßen zur Schau gestellt. Später mußten die Brüder weitermarschieren nach Westen. Einen ganzen Monat lang. Ihre unglückliche Wanderschaft endete auf einem Hügel namens Nishizaki, von dem aus man den großen Hafen von Nagasaki überschaut. Ich flehte den Samurai an, mit ihnen ziehen zu dürfen, Señor, doch der befahl mir, in der Mission in Osaka zurückzubleiben. Und dann, Monate später, wurden wir in diese Zelle geworfen. Wir waren drei – ja, ich glaube, es waren drei, aber ich war der einzige Spanier. Die anderen waren Neubekehrte, unsere Laienbrüder, Japaner. Ein paar Tage später riefen die Wachen ihre Namen auf. Meinen riefen sie jedoch nie auf. Vielleicht ist es Gottes Wille, Señor, vielleicht aber haben die dreckigen Jesuiten mich am Leben gelassen, um mich zu foltern … Es fällt schwer, Señor, sich in Geduld zu üben. Unendlich schwer …«
    Der alte Mönch schloß die Augen, betete und weinte sich dann in den Schlaf.
    So sehr er es sich auch wünschte, Blackthorne konnte keinen Schlaf finden, wiewohl die Nacht gekommen war. Sein ganzer Körper juckte von den Bissen der Läuse. In seinem Kopf kamen und gingen die Schreckensbilder.
    Mit furchtbarer Klarheit wußte er, daß es keine Möglichkeit gab auszubrechen. Die Sinnlosigkeit eines solchen Unterfangens überwältigte ihn, und er vermeinte, am Rande des Todes zu stehen. Als die Nacht am dunkelsten war, ließ er sich in einen Morast des Schreckens hineinziehen, und zum ersten Mal in seinem Leben gab er auf und überließ sich den Tränen.
    »Ja, mein Sohn?« flüsterte der Mönch. »Was ist?«
    »Nichts, nichts«, sagte Blackthorne, und sein Herz schlug ihm bis zum Hals hinauf. »Schlaft weiter!«
    »Ihr braucht Euch nicht zu fürchten. Wir ruhen alle in Gottes Hand«, sagte der Mönch und schlief wieder ein.
    Der große Schrecken ebbte ab, und was blieb, war ein Schrecken, mit dem er wohl leben konnte. Irgendwie werde ich doch hier herauskommen, versuchte er sich immer wieder einzureden.
    Bei Morgengrauen gab es wieder Essen und Wasser. Blackthorne fühlte sich mittlerweile gestärkt. Wie dumm, sich gehenzulassen wie heute nacht, sagte er sich. Dumm und schwach und gefährlich. Laß das nicht noch einmal geschehen, sonst zerbrichst du und wirst verrückt, und es ist dein sicherer Tod. Sie werden dich dann in die Mittelreihe abschieben, und du wirst sterben. Fasse dich in Geduld, und sei auf der Hut.
    »Wie geht es Euch, Señor?«
    »Gut, vielen Dank. Und Euch, Pater?«
    »Ganz gut, vielen Dank.«
    »Wie sage ich das auf japanisch?«
    »Domo, genki desu.«
    »Domo, genki desu. Gestern habt Ihr von den portugiesischen Schwarzen Schiffen gesprochen, Pater. Was sind das für Schiffe? Habt Ihr jemals welche gesehen?«
    »Aber gewiß doch, Señor. Es sind die größten Schiffe der Welt, fast zweitausend Tonnen groß. Bis zu hundert Männer und Jungen sind nötig, ein einziges zu segeln. Und Mannschaft und Passagiere zusammengenommen, käme man fast auf tausend Seelen. Man hat mir gesagt, diese Karacken segeln vorzüglich vorm Wind, sollen aber schlingern, wenn der Wind von der Seite kommt.«
    »Mit wieviel Geschützen sind sie bestückt?«
    »Manchmal mit zwanzig oder dreißig, auf drei Decks.«
    Pater Domingo freute sich, ihm die Fragen zu beantworten, zu reden und ihn zu belehren, und Blackthorne war ebenso froh, zuzuhören und zu lernen. Das weitschweifig vom Mönch vorgetragene Wissen war unbezahlbar und erstreckte sich auf viele Gebiete.
    »Nein, Señor«, sagte er gerade, » domo heißt danke, und dozo bitte. Wasser heißt muz. Vergeßt nie, daß die Japaner äußersten Wert auf gute Manieren und auf Höflichkeit legen. Einmal, in Nagasaki … Ach, hätte ich doch nur Tinte, einen Federkiel und Papier! Aber ich weiß … Hier, ich schreib's auf den Boden, das wird Euch helfen, Euch die Wörter einzuprägen …«
    »Domo«, sagte Blackthorne. Und dann, nachdem er noch ein paar weitere Wörter gelernt hatte, fragte er: »Seit wann sind die Portugiesen denn hier?«
    »Oh, entdeckt wurde das Land 1542, Señor, im selben Jahr, in dem ich geboren wurde. Es waren drei Männer, da Mota und Peixoto – an den Namen des dritten erinnere ich mich nicht mehr. Sie waren alle portugiesische Kaufleute, die mit einer chinesischen Dschunke Handel an der chinesischen Küste trieben, und zwar von einem Hafen in Siam aus. Kennt der Señor

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