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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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die Letzte Ölung erteilte. Der Mann küßte das Kreuz und ging hinaus.
    Die Tür schloß sich wieder.
    »Werden sie ihn jetzt hinrichten?« fragte Blackthorne.
    »Ja. Sein Leidensweg beginnt draußen. Möge die hochheilige Madonna seine Seele schnell zu sich nehmen und ihn seines ewigen Lohns teilhaftig werden lassen!«
    »Was hat der Mann denn getan?«
    »Er hat gegen das Gesetz verstoßen – ihr Gesetz, Señor. Die Japaner sind ein einfaches Volk. Und sehr streng. Eigentlich gibt es bei ihnen überhaupt nur eine einzige Strafe – die Todesstrafe. Durch Kreuzigung, Erhängen oder Kopfabschlagen. Auf das Verbrechen des Giftmords steht Tod durch Verbrennen. Andere Strafen kennen sie so gut wie nicht – gelegentlich Verbannung, bisweilen Haarabschneiden bei den Frauen. Aber« – der alte Mann seufzte – »sonst steht auf fast allem die Todesstrafe.«
    »Ihr habt die Kerkerhaft vergessen.«
    Wie abwesend kratzte der Mönch an dem Schorf auf seinen Armen. »Das gehört nicht zu den Strafen, mein Sohn. Für die Japaner ist ein Kerker nichts weiter als ein Ort, jemand bis zur Verurteilung festzuhalten. Hierher kommen nur die Schuldigen. Und immer nur für kurze Zeit.«
    »Das ist doch Unsinn! Wie steht es denn mit Euch selbst? Ihr seid doch schon ein Jahr hier, zwei Jahre fast.«
    »Eines Tages werden sie auch mich holen. Dies hier ist nichts weiter als ein Ruheplatz zwischen der Hölle auf Erden und dem ewigen Leben.«
    »Ich glaube Euch nicht.«
    »Habt keine Angst, mein Sohn. Es ist der Wille Gottes. Ich bin ja hier und kann dem Señor die Beichte abnehmen und ihn vollkommen machen – die Glorie des ewigen Lebens liegt kaum hundert Schritte und wenige Augenblicke von jener Tür entfernt. Möchte der Señor, daß ich ihm die Beichte abnehme?«
    »Nein – nein, vielen Dank. Nicht jetzt.« Blackthorne blickte auf die Eisentür. »Hat jemals jemand versucht, hier auszubrechen?«
    »Warum sollten sie das tun? Es gibt ja für sie nichts, wo sie hinkönnten – wo sie sich verstecken könnten. Jeder, der einem Entsprungenen hilft oder auch nur einem Mann, der ein Verbrechen verübt …« Er wies mit unbestimmter Geste auf die Tür. »Gonzales – Akabo –, der Mann, der uns – der uns verlassen hat. Er ist ein Kago -Mann. Er hat mir erzählt …«
    »Was ist ein Kago -Mann?«
    »Ach, nur einer von den Trägern, Señor, den Leuten, die die Sänften tragen, oder die kleinere Zwei-Mann- Kago, die wie eine Hängematte ist, die man an einer Stange aufhängt. Er erzählte uns, sein Mitträger habe einem Kunden ein Seidentuch gestohlen, der Ärmste, und weil er selbst den Diebstahl nicht meldete, war auch sein Leben verwirkt.«
    »Dann geht also jeder zur Hinrichtung wie ein Schaf zur Schlachtbank?«
    »Es bleibt ihnen keine andere Wahl. Es ist der Wille Gottes!«
    Reg dich jetzt nicht auf, und gerate nicht in Angst! sagte Blackthorne sich. Fasse dich in Geduld! Du wirst schon einen Weg finden! Nicht alles, was der Priester dir erzählt hat, ist wahr. Er ist nicht mehr ganz klar im Kopf. Wer wäre das schon, nach so langer Zeit!
    »Diese Gefängnisse sind eine Neuerung bei ihnen, Señor«, sagte der Mönch gerade. »Der Taikō soll sie erst vor wenigen Jahren hier in Japan eingeführt haben. Wenn früher einer erwischt wurde, gestand er sein Verbrechen und wurde auf der Stelle hingerichtet.«
    »Und wenn er nicht gestand?«
    »Jeder gesteht – man fährt besser damit, es gleich zu tun, Señor!«
    Der Mönch döste ein wenig, kratzte sich im Schlaf und brummelte vor sich hin. Als er erwachte, sagte Blackthorne: »Bitte, Pater, sagt mir, wie die verfluchten Jesuiten einen Mann Gottes in dieses Pestloch stecken konnten!«
    »Da gibt es nicht viel zu erzählen. Nachdem die Männer des Taikō gekommen waren und all unser Gold und Silber mitgenommen hatten, bestand unser Generalkapitän darauf, in die Hauptstadt zu gehen und Protest einzulegen. Es bestand ja keinerlei Grund für die Beschlagnahme. Waren wir nicht Diener Seiner Katholischen Majestät, König Philipps von Spanien, des mächtigsten Herrschers in der ganzen Welt? Waren wir nicht Freunde? Hatte der Taikō nicht das spanische Manila gebeten, direkt mit Japan Handel zu treiben und das dreckige Monopol der Portugiesen zu brechen? Die ganze Beschlagnahme mußte ein Versehen sein.
    Ich begleitete unseren Generalkapitän, weil ich ein wenig japanisch sprach – damals allerdings noch nicht sonderlich viel, Señor. Die San Felipe wurde im Oktober 1597 an Land

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