Shogun
Stück in den Wald eingedrungen waren, tauchte hinter einer Wegbiegung plötzlich ein anderer Trupp von Grauen auf. Nachdem die beiden Anführer einander förmlich begrüßt hatten, wandten aller Augen sich Blackthorne zu. Rede und Widerrede gingen hin und her, und dann, als die Männer sich anschickten weiterzugehen, zog ihr Anführer unversehens das Schwert und rammte es dem Anführer von Blackthornes Samurai in den Leib! Nach kurzem Gemetzel waren alle Grauen tot. Es hatte kein einziger die Zeit gefunden, auch nur sein Schwert zu ziehen.
Die entsetzten Kago -Männer lagen auf den Knien und drückten die Köpfe auf den Boden. Blackthorne stand neben ihnen. Der Anführer der Samurai, ein untersetzter Mann mit gewaltigem Bauch, schickte Schildwachen aus, die am Anfang und Ende des Wegs Posten bezogen. Die anderen sammelten die Schwerter der Getöteten ein.
Auf ein Kommando hin rissen diese neuen Grauen ihre Uniformen vom Leib. Darunter trugen sie zusammengewürfelte Fetzen und alte Kimonos. Alle banden sich Masken vors Gesicht, Tücher, die sie bereits um den Hals getragen hatten. Einer von ihnen sammelte die grauen Kimonos ein und verschwand mit ihnen im Gebüsch.
Das müssen Banditen sein, dachte Blackthorne. Wozu sonst die Gesichtsmasken? Was haben sie mit mir vor?
Die Banditen redeten leise miteinander, beobachteten ihn und wischten ihre Schwerter an den Kleidern der toten Samurai sauber.
»Anjin-san? Hai?« Die Augen des Anführers über dem vorgebundenen Tuch waren rund, tiefschwarz und durchdringend. Der Mann zeigte auf den Boden, gab Blackthorne zu verstehen, sich nicht von der Stelle zu rühren. »Wakarimasu ka?«
»Hai.«
Sie betrachteten ihn von oben bis unten. Dann kam einer von den in einiger Entfernung postierten Wachen – auch er nicht mehr in der grauen Uniform, sondern maskiert wie alle anderen – für einen Augenblick aus den Büschen. Er winkte und verschwand wieder.
Augenblicklich bildeten die Männer einen Kreis um Blackthorne und schickten sich an weiterzugehen. Der Bandit gab durch ein Zeichen zu verstehen, sie würden jetzt in die Stadt zurückgehen.
Hilflos ging er mit ihnen. Es gab kein Entrinnen.
Beinahe hatten sie schon den Waldrand erreicht, da hielten sie plötzlich an. Vor ihnen vernahm man Lärm, und ein weiterer Trupp von etwa dreißig Samurai kam um die Wegbiegung. Braune und Graue, die Braunen an der Spitze, ihr Führer in einer Sänfte; ein paar Packpferde bildeten den Schluß. Sie blieben augenblicklich stehen. Beide Trupps stellten sich zum Kampf auf und betrachteten einander aus siebzig Schritt Entfernung mit feindseligen Blicken. Der Banditenführer trat vor; seine Bewegungen hatten etwas Ruckartiges, und zornig redete er auf die anderen Samurai ein, wies auf Blackthorne und dann weiter zurück, wo die Überrumpelung stattgefunden hatte. Er riß sein Schwert aus der Scheide und hielt es drohend hoch; offenbar verlangte er von dem anderen Trupp, den Weg freizumachen.
Klirrend zogen auch seine Männer die Schwerter. Auf einen Befehl hin nahm einer von ihnen hinter Blackthorne Aufstellung, das Schwert schlagbereit erhoben; und abermals redete der Anführer zornig auf die Gegner ein.
Geraume Zeit geschah überhaupt nichts. Dann sah Blackthorne den Mann in der Sänfte aussteigen – es war Kasigi Yabu. Yabu schrie den Banditenführer nun seinerseits an, doch dieser fuchtelte wütend mit dem Schwert und befahl ihnen, den Weg freizumachen. Eine letzte Aufforderung, und er brach seine Rede ab. Dann gab Yabu einen kurzen Befehl und stürmte mit schrillem Kriegsgeschrei vor, seine Männer hinter ihm drein, die Grauen dicht hinter ihnen.
Blackthorne ließ sich fallen, um dem Schwerthieb zu entgehen, der ihn zweifellos halbiert haben würde, doch der Hieb kam zu spät, der Banditenführer machte kehrt und floh ins Unterholz, seine Männer im Gefolge.
Braune wie Graue umringten sofort Blackthorne, der wieder aufstand. Einige der Samurai verfolgten die Banditen in die Büsche, andere folgten dem Pfad, und der Rest verteilte sich, um Blackthorne zu schützen. Yabu blieb am Rand des Gebüschs stehen, rief herrisch Befehle und kehrte dann um. Jetzt war sein Hinken deutlicher zu sehen.
»So desu, Anjin-san«, sagte er keuchend.
»So desu, Kasigi Yabu-san«, erwiderte Blackthorne und benutzte eine Redewendung, die etwa soviel bedeutete wie: »Nun ja, das ist die Wahrheit.« Er wies in die Richtung, in der die Banditen verschwunden waren. »Domo.« Höflich verneigte er sich
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