Shogun
wieder zurecht, als stünde er im Garten selbst und nicht wie ein Adler in so gefährlicher Höhe. »Der Handel damals erwies sich für uns beide als äußerst vorteilhaft. Wir besiegten die Hojo, und innerhalb eines Jahres rollten fünftausend Köpfe. Er und sein gesamter Stamm wurden ausgerottet. Vielleicht habt Ihr recht, Kasigi Yabu-san. Vielleicht könnt Ihr mir helfen, wie ich dem Taikō geholfen habe. Ohne mich wäre der Taikō niemals Taikō geworden.«
»Ich kann Euch helfen, alleiniger Regent zu werden, nicht aber Shōgun.«
»Das versteht sich von selbst. Das ist die einzige Ehre, nach der ich nicht strebe, so sehr meine Feinde das auch behaupten.« Toranaga sprang auf die sicheren Steinplatten der Redoute hinab. Dann drehte er sich um und sah zu Yabu hinüber, der immer noch auf den schmalen Zinnen stand und seine Schärpe ordnete. Er war in größter Versuchung, ihm seiner Unverschämtheit wegen einen Stoß zu versetzen. Statt dessen setzte er sich und furzte vernehmlich. »So, das tut gut. Wie steht es mit Eurer Blase, Eisenfaust?«
»Die ist schlaff, Euer Gnaden, sehr schlaff.« Der alte Mann trat beiseite und erleichterte sich gleichfalls über die Zinnen hinweg, stellte sich jedoch nicht an dieselbe Stelle, wo Toranaga und Yabu gestanden hatten. Er war heilfroh, daß er diesen Handel nicht seinerseits hatte mit Yabu besiegeln müssen. Das ist ein Handel, den ich nie anerkennen werde. Niemals!
»Yabu-san. All dies muß unter uns bleiben. Ich meine, Ihr solltet innerhalb der nächsten zwei bis drei Tage abreisen«, sagte Toranaga.
»Jawohl. Mit den Musketen und dem Barbaren, Toranaga-sama?«
»Ja. Ihr nehmt das Schiff.« Toranaga blickte zu Hiro-matsu hinüber. »Sorgt dafür, daß die Galeere abfahrtbereit ist.«
»Das Schiff ist bereit. Die Musketen und das Pulver sind noch in den Laderäumen«, erwiderte Hiro-matsu. Sein Gesicht spiegelte seine ganze Mißbilligung.
»Gut.«
Du hast es geschafft, wollte Yabu rufen! Du hast die Musketen, den Anjin-san, alles! Und du hast deine sechs Monate bekommen. Toranaga wird niemals überstürzt einen Krieg vom Zaun brechen. Aber auch, wenn Ishido ihn in den nächsten paar Tagen ermordet, behältst du trotzdem noch alles. O Buddha, beschütze Toranaga, bis ich auf See bin! »Ich danke Euch«, sagte er, und seine Aufrichtigkeit war grenzenlos. »Ihr werdet einen getreuen Verbündeten haben!«
Als Yabu fort war, fuhr Hiro-matsu herum und stellte sich vor Toranaga hin. »Das war eine böse Sache! Ich schäme mich für diesen Handel. Ich schäme mich, daß mein Rat so wenig bei Euch zählt. Offenbar ist die Zeit vorbei, da ich Euch nützlich sein konnte, und ich bin es leid! Dieser kleine Dreckskerl von Daimyo weiß, daß er Euch nach seiner Pfeife hat tanzen lassen wie eine Marionette. Ich glaube, die Götter haben Euch verhext, Himmel! Ihr fegt eine derartige Beleidigung einfach beiseite und laßt zu, daß er sich vor Euren Augen ins Fäustchen lacht! Ihr laßt unwidersprochen zu, daß Ishido Euch vor unser aller Augen auf das schändlichste behandelt! Ihr hindert mich und alle anderen daran, Euch wirklich zu beschützen. Ihr verweigert meiner Enkelin, einer Samurai, die Ehre und den Frieden des eigenhändigen Todes. Ihr habt den Regentschaftsrat nicht mehr in Eurer Gewalt, Euer Gegenspieler hat Euch ausmanövriert, und jetzt pißt Ihr auch noch feierlich auf einen Handel, dem der abscheulichste Plan zugrunde liegt, und das mit einem Mann, dessen Geschäft ebensosehr das Gift wie der Verrat ist!« Er bebte vor Empörung. Toranaga würdigte ihn keiner Antwort, sondern starrte nur gelassen vor sich hin, als ob er kein Wort gesagt hätte. »Bei allen Kamis , lebenden wie toten, Ihr seid verhext.« Es brach nur so aus Hiro-matsu heraus: »Ich zweifle Euch an – ich schreie Euch an und beleidige Euch, und Ihr – Ihr starrt mich bloß an. Einer von uns beiden muß den Verstand verloren haben! Ich bitte Euch um die Erlaubnis, Seppuku zu begehen! Und wenn Ihr mir diesen Frieden verweigert, dann werde ich mir den Kopf scheren und Mönch werden – alles, irgendwas, bloß, laßt mich gehen!«
»Ihr werdet keins von beiden tun. Aber Ihr werdet jetzt nach dem Barbaren-Priester schicken – Tsukku-san.« Und dann lachte Toranaga.
19. Kapitel
An der Spitze seines üblichen Trosses von Jesuiten ritt Pater Alvito von der Burg herunter. Sie waren gekleidet wie buddhistische Priester, bis auf den Rosenkranz und das Kruzifix im Gürtel. Es waren vierzig Berittene,
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