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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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ging.
    »Nein!« Blackthorne wollte nichts weiter als schlafen. Aber da er wußte, daß er diesen Mann auf seiner Seite brauchte, zwang er sich zu einem Lächeln und wies auf das Kruzifix. »Ihr seid ein Christ?«
    Mura nickte. »Christ.«
    »Ich bin auch ein Christ.«
    »Pater sagt, nein. Ihr nicht Christ.«
    »Doch bin ich Christ. Kein Katholik, aber ein Christ.«
    Doch das konnte Mura nicht begreifen. Und genausowenig gab es für Blackthorne eine Möglichkeit, es zu erklären, so sehr er es auch versuchte.
    »Wollt Onna?«
    »Der – Dimyo – wann kommt?«
    »Dimyo – eh?«
    »Ich meine Daimyo.«
    »Ah, Daimyo! Hai. Daimyo!« Mura zuckte die Achseln. »Daimyo kommt, wann kommt. Schlafen. Erst reinigen. Bitte!«
    »Was?«
    »Reinigen! Bitte!« Er versuchte Blackthorne mit Gesten klarzumachen, was er meinte.
    »Stinken! Schlecht. Wie alle Portugiesen. Baden! Dies reinliches Haus!«
    »Ich werde baden, wann ich will, und ich stinke nicht!« Blackthorne schäumte. »Jeder weiß, daß Baden eine gefährliche Sache ist. Wollt Ihr, daß ich mir eine Krankheit hole? Meint Ihr, ich wäre so gottverflucht dumm? Jetzt macht, daß Ihr hier rauskommt, und laßt mich schlafen.«
    »Baden!« befahl Mura, entsetzt über den offen gezeigten Zorn des Barbaren – das war der Gipfel schlechter Manieren! Und nicht nur, daß der Barbar stank. Er hatte seit drei Tagen schon nicht ordentlich gebadet, und die Kurtisane würde sich zu Recht weigern, das Lager mit ihm zu teilen, mochte das Entgelt dafür auch noch so groß sein. Diese schrecklichen Ausländer, dachte er. Erstaunlich! Man wird dir Manieren beibringen! Du wirst baden, wie es sich geziemt, und Mutter wird erfahren, was sie so liebend gern wissen möchte. »Baden!«
    »Jetzt aber raus hier, oder ich reiße Euch in Stücke!« Finster blickte Blackthorne ihn an, gab ihm durch Handbewegungen zu verstehen, er solle sich trollen.
    Einen Augenblick lang herrschte Schweigen, und die drei anderen Japaner erschienen mit dreien von den Frauen. Bündig erklärte Mura, worum es ging, und befahl dann in einem Ton, der keine Widerrede zuließ: »Baden! Bitte!«
    »Raus!«
    Allein trat Mura vor, in das Zimmer. Blackthorne hob einen Arm, nicht, um den Mann etwa anzugreifen, sondern nur, um ihn fortzuschieben. Unversehens stieß er einen Schmerzensschrei aus. Irgendwie hatte Mura ihm mit der Handkante einen Schlag gegen den Ellbogen versetzt, und jetzt hing Blackthornes Arm für einen Augenblick wie gelähmt herab. Zornentbrannt ging er zum Angriff über. Aber das Zimmer drehte sich um ihn, er lag auf dem Gesicht, verspürte wieder einen brennenden, lähmenden Schmerz in seinem Rücken und konnte sich nicht bewegen. »Bei Gott …«
    Er versuchte sich zu erheben, doch seine Knie gaben nach. Ruhig streckte Mura seinen kleinen, aber eisenharten Finger aus und berührte ein Nervenzentrum in Blackthornes Nacken. Der Schmerz machte ihn förmlich blind.
    »Lieber Herr Jesus …«
    »Baden? Bitte?«
    »Ja – ja.« Blackthorne keuchte in seinem Schmerz, fassungslos, daß er so mühelos von so einem winzigen Mann hatte überwältigt werden können und jetzt hilflos dalag wie ein Kind.
    Vor Jahren hatte Mura nicht nur die Kunst von Judo und Karate erlernt, sondern auch den Umgang mit Schwert und Speer. Das war, als er als Krieger für Nakamura gekämpft hatte, den Bauern-General, den Taikō – als Bauern noch Samurai hatten sein können, und Samurai Bauern oder Handwerker, ja sogar niedrige Kaufleute, und dann wieder Krieger. Merkwürdig, dachte Mura wie abwesend, fast das erste, was der Taikō tat, als er allmächtig wurde, war, den Befehl zu erteilen, daß alle Bauern aufzuhören hätten, Krieger zu sein, und sofort alle Waffen abzuliefern. Der Taikō hatte ihnen das Waffentragen für immer untersagt und ein unverrückbares Kastensystem aufgestellt, das jetzt alles Leben im Reich in Regeln zwängte: Die Samurai standen über allen, unter ihnen die Bauern, und dann kamen die Handwerker, unter ihnen die Kaufleute und noch unter diesen die Schauspieler, Ausgestoßenen und Banditen; ganz zuletzt, auf der alleruntersten Stufe, standen die Eta, die Nicht-Menschen, diejenigen, die mit Leichen umgingen, Gerber und Abdecker, die gleichzeitig die Scharfrichter sein mußten, die Brandmarker und Verstümmler. Es verstand sich von selbst, daß ein Barbar nicht in Betracht kam, irgendwo in dieser Pyramide seinen Platz zu finden.
    »Bitte, verzeiht, Käpt'n-san«, sagte Mura und verneigte sich tief,

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