Shogun
das jedenfalls. Und die Chinesen auch. Und ist China nicht die ganze Welt, ausgenommen das Land der südlichen portugiesischen Barbaren? Und warum haßt Pater Sebastio diesen Mann so sehr? Weil er ein Teufelsanbeter ist? Ich glaube das eigentlich nicht, denn Pater Sebastio kann ja den Teufel austreiben, wenn er will. Eee, noch nie habe ich den guten Pater so zornig gesehen, so außer sich! Niemals! Erstaunlich! Sind blaue Augen und goldenes Haar das Zeichen des Satans?
Mura blickte zu Blackthorne hinauf und erinnerte sich, wie er versucht hatte, ihn an Bord des Schiffes auszufragen, und dann, als der Kapitän das Bewußtsein verlor, hatte er beschlossen, ihn in sein eigenes Haus zu bringen, denn er war der Anführer und verdiente besondere Zuvorkommenheit. Sie hatten ihn auf die Schlafdecke gelegt und ihn entkleidet, mehr als nur ein bißchen neugierig. »Seine unvergleichlichen Teile sind ganz gewiß eindrucksvoll, neh ?« hatte Muras Mutter, Saiko, gesagt. »Möcht' wissen, wie groß er wird, wenn er ganz aufgerichtet ist.«
»Gewaltig«, hatte er erwidert, und alle hatten sie gelacht, seine Mutter und seine Frau, ihre Freunde und die Diener und der Doktor.
»Ich nehme an, ihre Frauen müssen – müssen entsprechend wohl ausgestattet sein«, sagte seine Frau Niji glücklich.
»Unsinn, Mädchen«, sagte seine Mutter. »Jede von unseren Kurtisanen wäre imstande, ihn aufzunehmen.« Voller Erstaunen schüttelte sie den Kopf. »So etwas wie ihn hab' ich mein Lebtag noch nicht gesehen.«
Sie hatten ihn gewaschen, und er war aus seinem Koma nicht erwacht. Der Doktor hatte es nicht für richtig befunden, ihn in einen richtigen Badezuber zu stecken, ehe er wach sei. »Wer weiß, ob wir ihn nicht umbringen, wenn wir einen Fehler machen«, hatte er gesagt. »Offensichtlich ist er an der Grenze seiner Kraft angelangt. Wir sollten uns in Geduld fassen.«
»Und was ist mit den Läusen in seinem Haar?« hatte Mura gefragt.
»Die müssen fürs erste bleiben. Soviel ich weiß, haben alle Barbaren Läuse.«
»Glaubt Ihr nicht, wir könnten ihm zumindest den Kopf einseifen und waschen?« hatte seine Frau gefragt. »Wir würden sehr behutsam vorgehen. Dem Barbaren müßte das guttun, und wir hielten unser Haus sauber.«
»Ich bin einverstanden. Wascht ihm den Kopf«, hatte seine Mutter kategorisch erklärt. »Aber ich wüßte wirklich zu gern, wie groß er in erigiertem Zustand ist.«
Jetzt wanderte Muras Blick unwillkürlich zu Blackthornes Mitte herunter. Dann fiel ihm ein, was der Priester ihm über diese Teufelsanhänger und Piraten erzählt hatte. Gottvater, bewahre uns vor diesem Übel, dachte er. Hätte ich gewußt, daß er so gewaltig ist, ich würde ihn nie in mein Haus gebracht haben. Nein, sagte er sich dann. Es wäre deine Pflicht gewesen, ihn als bevorzugten Gast zu behandeln, bis Omi-san etwas anderes befiehlt. Aber es war klug von dir, den Priester zu benachrichtigen und gleichzeitig Omi-san Nachricht zukommen zu lassen. Sehr klug sogar. Du bist Dorfschulze, du hast das Dorf beschützt, und du allein trägst die Verantwortung.
Jawohl, und Omi-san wird dich zur Rechenschaft ziehen wegen dieses Todesfalles heute morgen und für die Unverfrorenheit des Toten – und das durchaus zu Recht.
»Sei nicht dumm, Tamazaki! Setzt du nicht den guten Namen des ganzen Dorfes aufs Spiel, neh?« hatte er seinen Freund, den Fischer, immer wieder gewarnt. »Hör auf mit deiner Unduldsamkeit. Omi-san bleibt nichts anderes übrig, als sich lustig zu machen über die Christen und sie zu verunglimpfen. Verachtet nicht unser Daimyo die Christen? Was bleibt Omi-san schon anderes übrig?«
»Nichts, da stimme ich Euch zu, Mura-san, bitte, verzeiht mir.« Tamazaki hatte immer so förmlich geantwortet. »Aber Buddhisten sollten duldsamer sein, neh ? Sind sie nicht beide Zen-Buddhisten?« Zen-Buddhismus war gleichbedeutend mit Selbstzucht. Die meisten Samurai gehörten der Sekte der Zen-Buddhisten an, da diese einem Krieger wohl anstand, ja wie geschaffen schien für ihn.
»Jawohl, der Buddhismus lehrt die Duldsamkeit. Aber wie oft muß ich dich noch daran erinnern, daß sie Samurai sind und dies Izu ist und nicht Kyushu, und selbst wenn wir hier in Kyushu wären, hättest du immer noch unrecht. Immer. Neh?«
»Ja. Bitte, verzeiht mir. Ich weiß, daß ich unrecht habe. Aber manchmal bringe ich es nicht fertig, mit dieser Schande in meinem Innern zu leben, wenn Omi-san sich so beleidigend über den wahren Glauben äußert.«
Und
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