Shogun
wurde es heller. Er blickte zum Meer hinaus. Jetzt konnte er am Horizont die beiden Schiffe erkennen, die gen Südwesten fuhren. Im Gleichklang tauchten die Ruder der Galeere ins Wasser, der Wind war sanft und die See ruhig. Seine Brust schmerzte ihn, und in seinem Kopf hallte die Ungeheuerlichkeit dessen wider, was ihm enthüllt worden war.
»Ihr sagt, daß Herr Toranaga Ishido überlisten wird … und daß er Sieger bleiben wird?«
»Nein, Pater. Keiner wird der Sieger sein, aber ohne Eure Hilfe wird Herr Toranaga verlieren. Herrn Zataki ist nicht zu trauen. Zataki wird immer eine der größten Bedrohungen für meinen Gebieter darstellen. Das weiß Zataki auch. Und er weiß, daß alle Versprechungen von Toranaga leer sind, weil Toranaga versuchen muß, ihn am Ende zu beseitigen. Wenn ich Zataki wäre, würde ich sofort Toranagas nördliche Verteidigungslinien angreifen. Ich würde meine Legionen nach Norden werfen, was Ishido, Ikawa Jikkyu und all die anderen aus ihrer dummen Trägheit herausreißen würde. Toranaga ist zu leicht zu schlagen, Pater.«
Alvito wartete einen Augenblick. Dann sagte er: »Warum habt Ihr mir all dies erzählt?«
»Um dem Anjin-san das Leben zu retten.«
»Um seinetwillen begeht Ihr Verrat, Maria? Ihr, Toda Mariko-noh-Buntaro, Tochter des Generals Akechi Jinsai, Ihr verübt Verrat um eines Fremden willen? Und verlangt von mir, daß ich das glauben soll?«
»Nein, verzeiht, auch … um die Kirche zu beschützen. Vor allem, um die Kirche zu beschützen, Pater … Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich dachte, Ihr könntet vielleicht … Herr Toranaga ist die einzige Hoffnung für die Kirche. Vielleicht könnt Ihr ihm irgendwie helfen … um die Kirche zu beschützen. Herr Toranaga braucht jetzt Hilfe, denn er ist ein guter und kluger Mann, und unter ihm wird die Kirche aufblühen. Ich weiß, daß der wahre Feind der Kirche Ishido ist.«
»Die meisten christlichen Daimyos glauben, daß Toranaga die Kirche und den Erben beseitigen wird, sobald er Ishido besiegt und die Macht in Händen hat.«
»Das könnte er tun, aber ich bezweifle es. Er wird der Kirche Gerechtigkeit widerfahren lassen. Das hat er immer getan. Ishido ist ein fanatischer Christenfeind. Und die Dame Ochiba desgleichen.«
»Alle bedeutenden Christen sind gegen Toranaga.«
»Herr Toranaga ist immer Euer Freund gewesen, und wenn Ihr es ehrlich mit ihm meint, wird er immer zu Euch stehen.« Sie wies auf die Fundamente. »Ist dies hier nicht ein Zeichen für seine Gerechtigkeit? Er hat Euch dieses Land aus freien Stücken gegeben … selbst als Ihr ihn fallenließet und er alles verlor … sogar Eure Freundschaft.«
»Vielleicht.«
Sein Blick löste sich von ihr. Ins Gebet vertieft kniete Frater Michael da, und die beiden Dienerinnen warteten weiter unten am Ufer. Der Jesuit war überwältigt und gleichzeitig erhoben, erschöpft und doch von einer ungeheuren Kraft erfüllt. »Ich bin froh, daß Ihr hergekommen seid und es mir erzählt habt. Ich danke Euch. Im Namen der Kirche und auch von mir aus, einem Diener der Kirche. Ich werde alles tun, was ich versprochen habe.«
Sie neigte schweigend das Haupt.
»Werdet Ihr eine Nachricht mitnehmen, Mariko-san? An den Pater Visitator?«
»Ja, wenn er in Osaka ist.«
»Eine Geheimbotschaft?«
»Ja.«
»Es handelt sich um eine mündliche Botschaft. Sagt ihm alles, was Ihr auch mir gesagt habt und was ich zu Euch gesagt habe. Alles.«
»Sehr wohl.«
»Ihr versprecht es? Bei Gott?«
»Es ist nicht nötig, mich das zu fragen, Pater. Ich habe zugestimmt.«
Fest und entschlossen sah er ihr in die Augen. »Bitte, verzeiht mir, Maria. Und jetzt laßt mich Eure Beichte hören.«
Sie ließ den Schleier wieder fallen. »Bitte, verzeiht, Pater, ich bin nicht einmal würdig, auch nur zu beichten.«
»Vor Gott ist jeder würdig.«
»Bis auf mich. Ich bin nicht würdig, Pater.«
»Ihr müßt beichten, Maria. Ich kann die Messe nicht weiter zelebrieren … Ihr müßt gereinigt vor Ihn treten.«
Sie kniete nieder. »Verzeiht, Pater, denn ich habe gesündigt, aber ich kann nur beichten, daß ich nicht würdig bin zu beichten«, flüsterte sie mit versagender Stimme.
Voller Mitgefühl legte Pater Alvito die Hand leicht auf ihr Haupt. »Tochter Gottes, laßt mich Gott um Vergebung Eurer Sünden bitten. Laßt mich Euch in seinem Namen freisprechen, damit Ihr heil und ganz vor Ihn hintreten könnt.« Er segnete sie, und dann fuhr er fort, in der imaginären Kathedrale unter
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