Shogun
es keinen, der ihm an Kühnheit und List gleichkäme.«
»Selbst Rodrigues-san nicht?«
»Nein.« Sie erzählte ihm, wie Rodrigues sie in der Nacht während ihres Aufenthaltes in der Nähe von Mishima aufgesucht, erzählte von den verborgenen Waffen und was sie alles mitangehört.
»Erzählt mir von seinem Schiff.«
Sie gehorchte.
»Erzählt mir von seinen Vasallen.«
Sie erzählte, was geschehen war.
»Warum sollte Herr Toranaga ihm sein Schiff, Geld, Vasallen und die Freiheit zurückgeben?«
»Das hat mein Gebieter mir nie erklärt, Euer Gnaden.«
»Bitte, sagt mir, weshalb Eurer Meinung nach.«
»Damit er den Anjin-san auf seine Feinde ansetzen kann«, sagte Mariko sofort, um dann, ohne sich zu entschuldigen, hinzuzufügen: »Da Ihr mich fragt, sind in diesem Falle die Feinde des Anjin-san genau dieselben wie die meines Gebieters: die Portugiesen, die frommen Väter und die Herren Harima, Onoshi und Ihr selbst, Euer Gnaden.«
»Warum sollte der Anjin-san uns als seine besonderen Feinde betrachten?«
»Wegen Nagasaki und wegen der Küstenherrschaft von Kyushu, Euer Gnaden. Und weil Ihr der Oberste der katholischen Daimyos seid.«
»Die Kirche ist nicht der Feind von Herrn Toranaga. Und die Patres auch nicht.«
»Tut mir leid, aber ich glaube, Herr Toranaga meint, die Väter unterstützen General Ishido, genauso wie Ihr.«
»Ich unterstütze den Erben. Ich bin gegen Euren Gebieter, weil er es nicht tut und die Kirche vernichten wird.«
»Es tut mir leid, aber das stimmt nicht, Euer Gnaden, mein Gebieter ist dem Herrn General überlegen. Ihr habt zwanzigmal mehr als sein Verbündeter gekämpft denn gegen ihn, und Ihr wißt, daß man ihm trauen kann. Warum stellt Ihr Euch auf die Seite seines eingeschworenen Feindes? Herr Toranaga ist immer für den Handel eingetreten und ist einfach nicht gegen die Christen wie der General und die Dame Ochiba.«
»Bitte, verzeiht mir, Mariko-san, aber, so wahr mir Gott helfe, ich glaube, daß Herr Toranaga insgeheim unseren Christenglauben verabscheut und insgeheim alles daransetzen wird, die Nachfolge zu unterbinden und den Erben und die Dame Ochiba zu vernichten. Sein Endziel ist das Shōgunat … nichts anderes. Er will Shōgun werden, plant, Shōgun zu werden, alles deutet auf dieses eine Ziel hin.«
»So wahr mir Gott helfe, Euer Gnaden, das glaube ich nicht.«
»Ich weiß … aber damit habt Ihr noch lange nicht recht.« Er sah sie einen Augenblick forschend an und sagte dann: »Ihr habt selbst zugegeben, daß dieser Anjin-san und sein Schiff der Kirche sehr gefährlich werden können, neh?«
»Ja, das glaube ich, Euer Gnaden.«
»Und Ihr wollt der Kirche trotzdem nicht gegen diesen Mann helfen?«
»Er ist nicht gegen die Kirche, Euer Gnaden, und nicht wirklich gegen die Patres, wenn er ihnen auch nicht traut. Er ist nur gegen die Feinde seiner Königin. Und sein Ziel ist das Schwarze Schiff … um des Gewinns willen.«
»Aber er stellt sich gegen unseren Glauben und ist damit ein Ketzer, neh?«
»Ja. Aber ich glaube nicht, daß alles, was uns von den Patres erzählt worden ist, wahr ist. Vieles haben sie uns überhaupt nie erzählt. Der Tsukku-san hat vieles zugegeben. Mein Lehnsfürst hat mir befohlen, die Vertraute des Anjin-san zu werden, mich mit ihm anzufreunden und ihn unsere Sprache und unsere Sitten und Gebräuche zu lehren. Und dafür von ihm zu lernen, was für uns von Wert ist. Und ich habe herausgefunden …«
»Ihr meint, für Toranaga von Wert ist, neh?«
»Euer Gnaden, Gehorsam seinem Lehnsfürsten gegenüber ist das Höchste im Leben eines Samurai. Verlangt Ihr von Euren Vasallen nicht auch Gehorsam?«
»Ja. Aber Ketzerei ist schrecklich, und es scheint, daß Ihr Euch mit dem Barbaren gegen die Kirche gestellt habt und von ihm angesteckt worden seid. Ich bete darum, daß Gott Euch die Augen öffne, Mariko-san, ehe Ihr Euer Seelenheil verliert. Nun, zuletzt hat der Pater Visitator mir gesagt, Ihr hättet eine Geheimbotschaft für mich.«
»Euer Gnaden?« Diese Frage kam für sie völlig unerwartet.
»Er sagt, er hätte vor einigen Tagen eine Nachricht vom Tsukku-san bekommen. Durch einen Sonderkurier aus Yedo. Ihr hättet Neuigkeiten über … über meine Verbündeten für mich.«
»Ich habe gebeten, den Pater Visitator morgen früh zu sprechen.«
»Ja. Das hat er mir gesagt. Und?«
»Bitte, verzeiht mir, wenn ich ihn morgen früh gesprochen habe …«
»Nicht morgen, jetzt! Der Pater Visitator sagte, es hätte mit Herrn
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