Shogun
und wir sind rechtzeitig angekommen. Die Affen benehmen sich! Schweinearsch Harima ist die Zuversicht selbst und …« Er hielt inne, als ein Gedanke in seinem Gehirn explodierte. »Der Ingeles! Ist er in See gestochen?«
»Ich weiß es nicht. Aber er ist …«
Rodrigues hatte auf die weite Hafenmündung hinausgestarrt und im Unterbewußtsein bereits erwartet, die Erasmus den Eingang blockieren zu sehen, die verhaßte Flagge Englands am Mast. »Jesus, Maria und alle Heiligen, laßt das nicht geschehen!«
»Wie kommen wir am schnellsten hin? Mit der Lorcha?«
»Mit der Santa Luz, Generalkapitän. Wir können in einer Stunde ablegen. Hört, ohne Leute ist der Ingeles aufgeschmissen. Vergeßt nicht …«
»Madonna, Ihr hört jetzt mal zu. Der spricht doch jetzt ihr Kauderwelsch, eh? Warum kann er dann nicht mit Affen arbeiten? Es laufen genug Japsen-Piraten herum.«
»Ja, aber keine Kanoniere und keine Seeleute, wie er sie braucht … er hat nicht die Zeit, die Japsen erst auszubilden. Nächstes Jahr vielleicht, aber nicht gegen uns.«
»Warum in der Madonna und aller Heiligen Namen diese Pfaffen ihm eines von ihren Wörterbüchern gegeben haben, werde ich nie begreifen. Diese Hunde mischen sich überall ein! Die müssen vom Teufel besessen gewesen sein. Es ist fast so, als ob der Ingeles vom Teufel selbst beschützt würde.«
»Und ich sage Euch, der ist bloß schlau!«
»Es gibt viele, die jetzt zwanzig Jahre hier draußen sind und kein Wort Japanisch können … der Ingeles aber wohl, eh? Ich sage Euch, der hat seine Seele dem Teufel verkauft, und dafür ist er in die Schwarzen Künste eingeweiht worden und wird beschützt. Wie erklärt Ihr Euch das sonst? Wie viele Jahre bemüht Ihr Euch schon, ihre Sprache zu sprechen … und Ihr lebt sogar mit einer von ihnen zusammen? Leche, er könnte ohne weiteres auf Japsen-Piraten zurückgreifen.«
»Nein, Generalkapitän, er braucht Männer von hier, und wir warten hier auf ihn, und Ihr habt bereits alle Verdächtigen in Eisen werfen lassen.«
»Mit zwanzigtausend Cruzados in Silber und dem Versprechen auf das Schwarze Schiff kann er alle Männer kaufen, die er braucht, die Gefängniswächter inbegriffen und das gottverfluchte Gefängnis um sie herum. Cabrón ! Da könnte er selbst Euch kaufen!«
»Haltet Eure Zunge im Zaum!«
»Ihr seid ein mutterloser, milchloser Spanier, Rodrigues! Es ist einzig Eure Schuld, daß er immer noch lebt, dafür seid Ihr verantwortlich. Zweimal habt Ihr ihn entwischen lassen!« Voller Zorn und breitbeinig hatte der Generalkapitän sich vor ihn aufgebaut. »Ihr hättet ihn töten sollen, solange er in Eurer Gewalt war!«
55. Kapitel
Mariko kam die von Menschen wimmelnde Gasse auf das Tor am anderen Ende der Sackgasse herauf. Hinter ihr schritt eine Leibwache von zehn Braunen. Sie trug einen blaßgrünen Kimono, weiße Handschuhe und einen breitrandigen dunkelgrünen Reisehut, den sie mit einem goldenen Netz unter ihrem Kinn befestigt hatte. Außerdem schützte sie sich mit einem schillernden Sonnenschirm. Die Torflügel sprangen auf und blieben offen.
Es war sehr still in der Gasse. Graue standen zu beiden Seiten und überall auf den Zinnen. Auf ihren eigenen Zinnen konnte sie den Anjin-san erkennen. Yabu stand neben ihm, und unten der abmarschbereite Zug mit Kiri und der Dame Sazuko. Alle Braunen hatten sich in voller zeremonieller Ausrüstung unter Yoshinaka im Vorhof versammelt … bis auf zwanzig, die zusammen mit Blackthorne oben auf dem Söller standen: je zwei an jeder Scharte.
Im Gegensatz zu den Grauen trug keiner von den Braunen Rüstung oder Bogen. Die Schwerter waren ihre einzigen Waffen.
Viele Frauen, Samurai-Frauen, sahen gleichfalls zu, einige von den Fenstern anderer befestigter Häuser aus. Andere standen unter den Grauen am Rand der Gasse, darunter ein paar fröhlich gekleidete Kinder. Sämtliche Frauen trugen Sonnenschirme, einige aber auch Samurai-Schwerter, wie es ihr Recht war.
Kiyama wartete mit einem halben Hundert Männer – keinen Grauen – in der Nähe des Tors.
»Guten Tag, Euer Gnaden«, sagte Mariko zu ihm, grüßte und verneigte sich. Er erwiderte die Verneigung, und sie durchschritt das Tor.
»Hallo, Kiri-chan, Sazuko-chan. Wie hübsch Ihr beide ausseht! Ist alles bereit?«
»Ja«, erwiderten sie mit aufgesetzter Fröhlichkeit.
»Gut.« Mariko stieg in ihre offene Sänfte und nahm mit sehr geradem Rücken darin Platz. »Yoshinaka-san! Bitte, gebt den Befehl zum Aufbruch.«
Sofort
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