Shogun
aber …«
»Ach, das tut mir aber leid.«
»Jetzt geht es mir gut. Ihr geht also jetzt.«
»Ja, und heute mittag komme ich wieder, um Kiri-san und die Dame Sazuko abzuholen.« Sie wandte das Gesicht von dem Hauptmann und sagte lateinisch: »Er! Erinnert Er sich an das ›Gasthaus zu den Blüten‹!«
»Aber gewiß. Wie könnte ich es vergessen?«
»Wenn es eine Verzögerung gibt … dann wird es heute nacht genauso werden … genauso vollkommen und friedvoll.«
»Ach, könnte das doch nur möglich sein! Ich wüßte Euch allerdings lieber heil unterwegs.«
Mariko fuhr auf portugiesisch fort: »Ich muß jetzt gehen, Anjin-san. Würdet Ihr mich bitte entschuldigen?«
»Ich bringe Euch bis ans Tor.«
»Nein, bitte, seht mir von hier oben aus nach. Ihr und der Hauptmann könntet von hier oben zusehen, neh?«
»Selbstverständlich«, sagte Blackthorne. »Geht mit Gott!«
»Ihr auch!«
Er blieb oben auf dem Söller. Während er wartete, füllte der Vorhof sich nach und nach mit Sonnenlicht und vertrieb die Schatten. Mariko erschien unten. Er sah, wie sie Kiri und Yoshinaka begrüßte und sich dann mit ihnen unterhielt. Graue waren nicht in der Nähe. Dann blickte sie zu ihm hinauf, legte die Hand schützend über die Augen und winkte fröhlich. Er winkte zurück. Die Torflügel wurden aufgestoßen. Von Chimmoko und ihrer Eskorte von zehn Braunen begleitet, schritt sie hinaus. Abermals schlossen sich die Torflügel. Für einen Moment war sie seinem Blick entzogen. Als sie wieder erschien, war sie von fünfzig Grauen aus dem Schwarm vor den Mauern umgeben, die eine weitere Ehrengarde bildeten. Der Zug entschwand in der dunklen, sonnenleeren Gasse. Er sah ihr nach, bis sie am äußersten Ende um die Ecke bog. Sie blickte nicht ein einziges Mal zurück.
Rodrigues prüfte das Schloß einer Muskete, die er aus dem Ständer neben der Heckkanone herausgenommen hatte, stellte fest, daß der Feuerstein abgenutzt und von Pech verschmiert war und daher gefährlich. Ohne ein Wort warf er die Muskete dem Kanonier zu.
»Madonna, Senhor Pilot«, schrie der Mann, »Ihr braucht doch nicht gleich …«
»Hör zu, du mutterloses Stück Scheiße. Nächstes Mal, wenn ich feststelle, daß mit einer Muskete oder einer Kanone während deiner Wache etwas nicht in Ordnung ist, bekommst du fünfzig Stockhiebe und wird dir die Heuer für drei Monate abgezogen. Steuermann!«
»Ja, Pilot?« Pesaro, der Steuermann trat herzu und blickte den jungen Kanonier finster an.
»Hol beide Wachen raus! Prüfe jede Muskete und Kanone einzeln. Gott allein weiß, wann wir sie brauchen werden.«
»Ich werde dafür sorgen, Pilot.« Der Steuermann schob sein Gesicht nahe vor das des Kanoniers. »Ich piss' dir heute abend in den Grog für all die Extraarbeit, die du mir aufgehalst hast, Gomez! Du tätest gut daran, ihn lächelnd aufzuschlabbern! Und jetzt: An die Arbeit!«
Auf dem Hauptdeck mittschiffs standen acht kleine Kanonen, vier an Steuerbord und vier an Backbord. Und außerdem noch das Buggeschütz. Genug, um Piraten in die Flucht zu jagen, nicht genug jedoch, um einen Angriff zurückzuschlagen. Die kleine Fregatte wies zwei Masten auf und hieß Santa Luz.
Rodrigues wartete, bis alle Mann bei der Arbeit waren, dann wandte er sich ab und lehnte sich übers Schanzkleid. Die Burg schimmerte matt in der Sonne. Bis auf den Bergfried mit seinen blauweißen Wänden und goldenen Dächern war alles grau wie altes Zinn.
Er spuckte ins Wasser und sah dem Speichel nach. »Scheiße!« murmelte er vor sich hin und wünschte, er stünde an Deck seiner eigenen Fregatte, der Santa Maria. Gottverfluchtes Pech, daß sie gerade in Macao ist, wo wir sie hier so nötig brauchen.
»Was ist denn los, Generalkapitän?« hatte er vor ein paar Tagen in Nagasaki gefragt, als er aus seinem warmen Bett in seinem Haus herausgerissen worden war, von dem aus man die Stadt und den Hafen überblicken konnte.
»Ich muß augenblicklich nach Osaka«, hatte Ferriera gesagt, der selbst um diese frühe Stunde schon herausgeputzt war wie ein stolzer Gockel. »Der Pater Visitator hat uns das Codewort ›äußerst dringend‹ geschickt.«
»Was ist denn da los?«
»Das hat er nicht gesagt … nur, daß es von äußerster Wichtigkeit für das Schwarze Schiff sei.«
»Madonna, welche Bosheit haben die jetzt schon wieder ausgeheckt? Was ist von ›äußerster Wichtigkeit‹? Unser Schiff ist so seefest wie nur irgendein Kahn. Der Handel hat alle unsere Erwartungen übertroffen,
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