Shogun
Männer den Weg freigeben.«
»Tut mir leid, Toda-sama, aber die Befehle in der Burg müssen befolgt werden. Die Orders bestehen zu Recht. Aber wenn Ihr wünscht, werde ich den Regentschaftsrat einberufen und um eine Entscheidung bitten.«
»Ich bin Samurai. Meine Befehle sind klar, stehen im Einklang mit dem Bushido, sind geheiligt durch unseren Ehrenkodex. Sie müssen ausgeführt werden und haben Vorrang vor allen menschengemachten Anordnungen. Wenn man mir nicht gestattet zu gehorchen, sehe ich mich außerstande, mit dieser Schande weiterzuleben.«
»Ich werde sofort eine Versammlung einberufen.«
»Bitte, verzeiht, Euer Gnaden, was Ihr tut, ist Eure Sache. Mir geht es einzig um die Befehle meines Gebieters und um meine eigene Schande.« Sie drehte sich um und kehrte still zurück an die Spitze des kleinen Zugs. »Kazuko-san! Ich befehle Euch, bitte, führt uns aus der Burg heraus!«
Er trat vor. »Ich bin Miyai Kazuko, Hauptmann, aus dem Hause Serata, von der Dritten Armee von Herrn Toranaga. Bitte, geht aus dem Weg!«
»Ich bin Biwa Jiro, Hauptmann der Garnison von Herrn Ishido. Mein Leben gilt nichts, aber Ihr werdet trotzdem nicht durchkommen«, sagte der Graue.
Mit dem unversehens ausgestoßenen Schlachtruf »Toranagaaaa!« stürzte Kazuko sich in den Kampf. Die Schwerter klirrten, als Schläge und Gegenschläge pariert wurden. Die beiden Männer umkreisten einander. Der Graue war gut, sehr gut, aber Kazuko auch.
Kazuko blieb Sieger, war jedoch schwer verwundet, und schwankend stand er über seinem Feind, reckte mit seinem heilen Arm das Schwert in den Himmel, stieß seinen Kriegsschrei aus und sonnte sich in seinem Sieg. »Toranagaaaaa!« Niemand brachte ein Hoch auf seinen Sieg aus. Alle wußten, daß es sich nicht geziemt hätte.
Kazuko zwang einen Fuß vorwärts, dann den anderen, und im Dahintorkeln rief er mit brechender Stimme: »Folgt mir!«
Niemand sah, woher die Pfeile kamen, aber sie fällten ihn. Und die Stimmung der Braunen verwandelte sich von Fatalismus in äußerste Wut ob dieser Beleidigung. Kazukos Leben war fast schon zu Ende gewesen, und er wäre bald gefallen, allein immer noch seine Pflicht erfüllend, sie immer noch aus der Burg hinausführend. Ein anderer Offizier der Braunen trat vor, um mit zwanzig weiteren Männern eine neue Vorhut zu bilden. Alle anderen umringten Mariko, Kiri und die Dame Sazuko.
»Vorwärts!« knurrte der Offizier.
Er setzte sich in Marsch, und zwanzig schweigende Samurai folgten ihm. Schlafwandlern gleich, schulterten die Träger ihre Sänften und stolperten über die Leichen hinweg. Dann, weiter vorn, formierten sich zwanzig Graue mit einem Offizier schweigend aus den Reihen der Wartenden heraus. Die Träger hielten inne. Die Vorhut beschleunigte ihren Schritt.
»Halt!« Die Offiziere verneigten sich leicht voreinander und sagten, wer sie seien und aus welchem Hause sie stammten.
»Bitte, geht aus dem Weg!«
»Bitte, zeigt mir Eure Papiere!«
Diesmal warfen sich die Braunen augenblicklich mit dem Schrei »Toranagaaaaa!« auf die Grauen, die mit ihrem »Yaemooooonnn!« antworteten, und das Blutbad nahm seinen Fortgang. Jedesmal, wenn ein Grauer fiel, trat kühl ein anderer an seine Stelle, bis alle Braunen tot waren.
Der letzte Graue wischte seine Klinge sauber, steckte das Schwert in die Scheide und stellte sich allein in den Weg. Ein anderer Offizier mit zwanzig Braunen trat hinter den Sänften vor.
»Wartet!« rief Mariko. Aschgrau im Gesicht stieg sie aus ihrer Sänfte, legte den Sonnenschirm beiseite, packte Yoshinakas Schwert, zog es aus der Scheide und ging allein vorwärts.
»Ihr wißt, wer ich bin. Bitte, geht mir aus dem Weg!«
»Ich bin Kojima Harutomo, Sechste Legion, Hauptmann! Bitte, verzeiht, aber Ihr dürft nicht durch, Dame«, sagte der Graue voller Stolz.
Sie stieß vor, doch ihr Schlag wurde abgewehrt. Der Graue ging einen Schritt zurück und blieb in der Defensive, wiewohl er sie mühelos hätte töten können. Langsam wich er die ganze Gasse hindurch zurück, und sie folgte ihm, doch er ließ sie um jeden Fußbreit Boden kämpfen. Zögernd setzte sich der Zug hinter ihr in Bewegung. Abermals versuchte sie, den Grauen zum Kampf zu zwingen, hieb zu, machte Ausfälle, griff unerbittlich an, aber der Samurai glitt zurück, wich ihren Hieben aus, hielt sie auf, griff sie jedoch niemals an, sondern ließ sie ihre Kräfte verbrauchen. Allerdings tat er das mit großem Ernst, mit großer Würde und erwies ihr jede Höflichkeit
Weitere Kostenlose Bücher