Shogun
führte.
»Aber Herr Kiyama wird fuchsteufelswild werden, wenn er das erfährt, Dame.«
»Ach, tut mir leid, Kiritsubo-san, aber Großvater kennt mich kaum. Ich bin ja nur die Frau eines ganz unbedeutenden Enkelsohns. Außerdem ist es mir egal, was sie sagen. Unsere Dame hat recht, neh?«
Kiri wischte eine Träne fort. »Hm, ich bin schon viel zu ernst gewesen, neh?« Sie gluckste in sich hinein. »Ach, meine Damen, ist es mir eine Ehre, Euch in ihrem Namen willkommen zu heißen. Ihr müßt ja alle halb verhungert sein.« Sie schickte Zofen, Essen und Trinken zu holen, und stellte jene Damen, die sich nicht kannten, einander vor, bewunderte hier einen besonders schönen Kimono und dort einen auffallend hübschen Sonnenschirm. Bald saßen sie alle da, plauderten glücklich und zwitscherten durcheinander wie eine Vogelschar.
»Verstehe einer die Frauen!« sagte Sumiyori fassungslos.
»Unmöglich!« erklärte Yabu.
»Eben noch verängstigt und in Tränen aufgelöst, und gleich darauf … Als ich sah, wie die Dame Mariko das Schwert packte, dachte ich, ich würde vor Stolz schier vergehen.«
»Ja. Schade, daß der Graue so gut war. Einen weniger guten Kämpfer hätte sie erledigt.«
»Es tut gelegentlich gut zu töten. Sehr gut sogar. Manchmal hat das was ganz Besonderes, und dann ist es besser als ein brünstiges Weib.«
»Ja.« Yabu sah sinnend zu den Damen hinüber.
»Wenn Ishido uns ziehen läßt, gut. Wenn jedoch die Dame Mariko umsonst Seppuku begeht … dann werden wir diesen Damen helfen, in die Große Leere einzugehen. Sie werden nicht am Leben bleiben wollen.«
»Einige vielleicht aber doch.«
»Darüber könnt Ihr später entscheiden, Yabu-sama. Für unseren Gebieter wäre es jedenfalls besser, wenn alle hier Seppuku begingen. Und die Kinder auch.«
»Ja.«
»Hinterher bemannen wir die Mauern und werfen dann bei Morgengrauen die Tore auf. Bis Mittag werden wir kämpfen. Dann ziehen sich diejenigen, die übriggeblieben sind, hierher zurück und setzen diesen Teil der Burg in Brand. Falls ich dann noch leben sollte, würde ich es als eine Ehre betrachten, wenn Ihr als mein Sekundant fungieren würdet.«
»Selbstverständlich.«
Sumiyori grinste. »Das hier wird das Reich in die Luft sprengen, neh? All diese Gefallenen und ihr Seppuku! Das wird sich wie ein Lauffeuer ausbreiten … und ganz Osaka auffressen, neh? Meint Ihr, das verzögert die Ankunft des Erhabenen? Ob das wohl der Plan ist, den unser Gebieter verfolgt?«
»Ich weiß es nicht. Hört, Sumiyori-san, ich kehre für einen Augenblick hinüber in mein Haus zurück. Holt mich, sobald die Dame wiederkommt.« Er ging zu Blackthorne, der nachdenklich auf den Stufen der Haupttreppe saß. »Hört, Anjin-san«, sagte Yabu leise, »vielleicht habe ich einen Plan. Geheim, neh? ›Geheim‹, Ihr versteht?«
»Ja. Ich verstehe.« Glocken läuteten die neue Stunde ein, und in aller Kopf hallte es wider: Die Stunde des Affen, sechs Glasen der Nachmittagswache, drei Uhr nachmittags.
»Was für einen Plan?« fragte Blackthorne.
»Darüber reden wir später. Bleibt in der Nähe. Und zu niemand ein Wort, verstanden?«
»Ja.«
Mit zehn Braunen stolzierte Yabu zum Tor hinaus. Zwanzig Graue gesellten sich zu ihnen, und gemeinsam marschierten sie die Gasse hinunter. Sein Gästehaus lag nicht weit um die erste Ecke. Die Grauen blieben draußen vor dem Tor seines Hauses stehen. Yabu sagte den Braunen, sie Sollten im Garten warten, und ging dann allein hinein.
»Das ist unmöglich, Herr General«, sagte Ochiba. »Ihr könnt eine Dame von ihrem Rang nicht Seppuku begehen lassen. Tut mir leid, aber man hat Euch übertölpelt.«
»Ganz meine Meinung«, sagte Kiyama nachdrücklich.
»In aller Untertänigkeit, Dame«, sagte Ishido, »was ich gesagt habe oder nicht gesagt habe, war ohne Bedeutung für sie. Ihr Entschluß stand ja fest; zumindest hatte Toranaga ihn für sie gefaßt.«
»Selbstverständlich steht er dahinter«, sagte Kiyama. »Tut mir leid, aber er hat Euch abermals hereingelegt. Trotzdem könnt Ihr sie nicht Seppuku begehen lassen.«
»Warum nicht?«
»Bitte, Herr General, tut mir leid, aber wir dürfen nicht so laut sprechen«, sagte Ochiba. Sie warteten im großen Vorraum vom Krankenzimmer der Dame Yodoko, das im Innern des Bergfrieds im zweiten Stock gelegen war. »Ich bin überzeugt, es war nicht Eure Schuld, und es muß einen Ausweg geben.«
Kiyama sagte: »Ihr könnt nicht zulassen, daß sie ihren Plan zu Ende führt, Herr
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