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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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ausbreiten, und dann sitzen wir alle hier fest.«
    »Ja«, sagte Yabu. Ein anderer Samurai rief ihn dringlich vom Söller her, und er ging hinaus.
    Die alte Dame Etsu lag neben den Zinnen und hatte den Kopf auf den Schoß einer Zofe gebettet. Ihr Gesicht war grau, die Augen feucht. Sie spähte zu Yabu hinauf und hatte Schwierigkeiten, ihn in den Fokus zu bekommen. »Kasigi Yabu-san?«
    »Ja, Dame?«
    »Seid Ihr der ranghöchste Offizier hier?«
    »Ja, Dame.«
    Die alte Dame sagte zu ihrer Zofe: »Hilf mir auf!«
    »Aber Ihr solltet warten, der Arzt …«
    »Hilf mir auf!«
    Die Samurai auf dem überdachten Söller beobachteten, wie sie, von ihrer Zofe gestützt, aufstand. »Hört«, sagte sie, und ihre Stimme klang im großen Schweigen heiser und schwach. »Ich, Maeda Etsu, Gemahlin von Maeda Arinosi, Herrn von Nagato, Iwami und Aki, bezeuge, daß Toda Mariko-sama sich das Leben nahm, um sich davor zu schützen, ehrlos von diesen abscheulichen und schändlichen Männern gefangengenommen zu werden. Ich lege Zeugnis dafür ab, daß … daß Kiyama Achiko es vorzog, den Ninja anzugreifen und lieber ihr Leben zu verlieren, als ehrlos in Gefangenschaft zu geraten … daß, wäre nicht der Mut des Barbaren gewesen, die Dame Toda gefangengenommen und entehrt worden wäre wie alle anderen auch – und daß wir, die wir mit dem Leben davongekommen sind, ihm Dankbarkeit schulden, daß auch unsere Gebieter ihm Dankbarkeit schulden, uns vor dieser Schande bewahrt zu haben … Ich beschuldige Herrn General Ishido, diesen ehrlosen Überfall angezettelt … und den Erben und die Dame Ochiba verraten zu haben …« Die alte Dame schwankte und wäre beinahe hingestürzt, und die schluchzende Zofe hielt sie noch fester. »Und … und … Herr Ishido hat sie und den Regentschaftsrat verraten. Ich rufe euch alle als Zeugen dafür auf, daß ich mit dieser Schande nicht mehr Weiterleben kann …«
    »Nein … nein, Herrin«, schluchzte ihre Zofe, »ich werde es nicht zulassen, daß Ihr …«
    »Laß mich los! Kasigi Yabu-san, bitte, helft mir. Geh fort, Weib!«
    Yabu stützte die Dame Etsu und befahl der Zofe fortzugehen. Sie gehorchte. Die Dame Etsu litt große Schmerzen und atmete mit Mühe. »Ich bezeuge die Wahrheit dessen, was ich gesagt habe, mit meinem eigenen Tod«, erklärte sie leise und blickte zu Yabu hinauf. »Ich würde es als eine Ehre betrachten, wenn Ihr … wenn Ihr mein Sekundant sein wolltet. Bitte, helft mir auf die Zinnen hinauf.«
    »Nein, Dame. Es ist kein Grund zu sterben.«
    Sie wandte ihr Gesicht von den anderen ab und flüsterte ihm zu: »Ich sterbe ja schon, Yabu-sama. Ich blute innerlich … irgend etwas ist drinnen gebrochen … die Explosion. Helft mir, meine Pflicht zu tun … ich bin alt und nutzlos, und ich leide schon seit zwanzig Jahren unter großen Schmerzen. Soll mein Tod unserem Gebieter wenigstens etwas nützen, neh?« Es blitzte in ihren alten Augen. »Neh?«
    Behutsam hob er sie hoch und stand stolz neben ihr an den Zinnen. Tief unten lag der Vorhof. Er half ihr, sich hinaufzustellen. Alle verneigten sich vor ihr. »Ich habe die Wahrheit gesprochen. Und davon gebe ich Zeugnis mit meinem Tod«, sagte sie. Ganz allein stand sie da, und ihre Stimme zitterte. Dann schloß sie dankbar die Augen und ließ sich fallen, den Tod willkommen zu heißen.

58. Kapitel
    Die Regenten versammelten sich im zweiten Stock des Bergfrieds im Großen Saal: Ishido, Kiyama, Zataki, Ito und Onoshi. Die morgendliche Sonne warf lange Schatten, und der Geruch von Feuer hing noch schwer in der Luft.
    Die beträchtlich verstörte Dame Ochiba war gleichfalls anwesend.
    »Tut mir leid, Herr General, dem kann ich nicht zustimmen«, sagte Kiyama mit seiner spröden Stimme. »Es ist unmöglich, über das Seppuku der Dame Toda, den Mut meiner Schwiegerenkeltochter sowie die Zeugenschaft und den förmlichen Tod der Dame Etsu einfach hinwegzugehen … und außerdem noch über hundertundvierundsiebzig Tote auf Toranagas Seite und darüber, daß jener Teil der Burg fast vollständig ausgebrannt ist.«
    »Ganz meine Meinung«, erklärte Zataki. Er war gestern morgen von Takato kommend hier eingetroffen, und als er die Einzelheiten von Marikos Zusammenstoß mit Ishido hörte, hatte er sich heimlich ins Fäustchen gelacht. »Hätte man sie gestern ziehen lassen, wie ich geraten habe, dann säßen wir jetzt nicht in der Patsche!«
    »Es ist alles nicht so ernst, wie ihr meint.« Ishidos Mund war ein Strich, und Ochiba

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