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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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sie trug nur ein grünes Kopftuch dazu. Ochibas Kimono hingegen war dunkelgrün, ohne jedes Muster und ganz schlicht. Ihr langer Schal bestand aus weißem Tüll. »Besser, danke«, sagte er, seine Seele beunruhigt von dem Weiß. »Ja, besser.« Dann bemerkte er das Licht draußen und erkannte, daß es noch vor Morgengrauen sein mußte und keineswegs das Abenddämmer.
    »Ja, Anjin-san. Ihr habt einen Tag und eine Nacht geschlafen. Legt Euch bitte wieder hin.« Der Arzt nahm Blackthornes Handgelenk zwischen seine langen Finger und fühlte ihm den Puls, lauschte mit seinen Fingerspitzen den neun Pulsschlägen, den drei an der Oberfläche, den drei in der Mitte und den drei tief unten, wie die chinesische Medizin es seit unvordenklichen Zeiten lehrte.
    »Alles scheint in Ordnung, Anjin-san. Keine schlimmen Verletzungen, versteht Ihr? Viele Kopfschmerzen, neh?«
    »Anjin-san«, sagte Ochiba. »Heute ist Mariko-samas Leichenbegängnis. Ihr versteht ›Leichenbegängnis‹?«
    »Ja, Dame.«
    »Gut. Das Leichenbegängnis beginnt kurz nach Sonnenaufgang. Es ist Euer gutes Recht, daran teilzunehmen, wenn Ihr wollt. Ihr versteht?«
    »Ja. Ich glaube. Ja, bitte, ich auch gehen.«
    »Sehr wohl.« Ochiba redete mit dem Arzt, dann verabschiedete sie sich mit einer leichten Verneigung vor Kiritsubo und einem Lächeln für Blackthorne.
    Kiri wartete, bis sie fort war. »Alles in Ordnung, Anjin-san?«
    »Kopf schlimm, Dame. Tut mir leid.«
    »Bitte, verzeiht. Aber ich wollte Euch danken. Versteht Ihr?«
    »Pflicht. Nur Pflicht. Leider vergebens. Mariko-sama tot, neh?«
    Kiri verneigte sich ehrfürchtig vor ihm. »Nicht vergebens. O nein, keineswegs vergebens. Vielen Dank, Anjin-san. Für sie und mich und für die anderen. Ich sage später mehr. Danke.« Dann ging auch sie.
    Blackthorne riß sich zusammen und stand auf. Der Schmerz in seinem Schädel war ungeheuerlich. Die Brust schmerzte ihn, sein Magen war in Aufruhr. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen, ging zum Fenster hinüber, hielt sich am Fensterbrett fest und kämpfte gegen das Erbrechen an. Er wartete, ging auf und ab, was jedoch weder den Schmerz noch die Übelkeit vertrieb.
    »Es ist alles in Ordnung, vielen Dank«, sagte er und nahm dankbar wieder Platz.
    »Hier, trinkt dies! Macht besser. Beschwichtigt Hara.« Der Arzt lächelte wohlwollend. Blackthorne trank und wäre fast erstickt an dem Gebräu, das wie alter Vogelmist und halbverrotteter Seetang roch.
    »Trinkt! Besser gleich, tut mir leid.«
    Abermals würgte Blackthorne, zwang es dann jedoch hinunter.
    Dienerinnen kamen und kämmten und frisierten ihn. Ein Barbier rasierte ihn. Für Gesicht und Hände brachte man ihm heiße Tücher, und danach fühlte er sich wesentlich besser. Nur der Schmerz in seinem Schädel blieb. Andere Diener halfen ihm, den festlichen Kimono und den Überwurf mit den flügelähnlichen Schultern anzulegen. Er erkannte ein neues Kurzschwert. »Geschenk, Herr. Geschenk von Kiritsubo-san«, sagte eine der Dienerinnen.
    Blackthorne nahm es entgegen und steckte es zusammen mit seinem Langschwert in die Schärpe. Er erinnerte sich, wie Mariko mit dem Rücken zur Tür gestanden hatte, dann an nichts mehr bis zu dem Augenblick, da er über ihr kniete und sie sterben sah. Und dann wieder an nichts mehr bis jetzt.
    »Tut mir leid, aber dies der Bergfried, neh?« fragte er den Hauptmann der Grauen.
    »Ja, Anjin-san.« Der Hauptmann verneigte sich ehrerbietig, steif wie ein Affe und ebenso gefährlich.
    »Warum ich hier, bitte?«
    Der Hauptmann lächelte und saugte höflich die Luft ein. »Der Herr General hat es so befohlen. Bitte, verzeiht, Ihr versteht?«
    »Ja, vielen Dank«, sagte Blackthorne mürrisch.
    Als er endlich fertig war, fühlte er sich entsetzlich elend. Etwas Cha half für eine Weile, doch dann überwältigte ihn die Übelkeit, und er erbrach sich.
    Inzwischen war es am Himmel hell geworden. Die Diener gaben ihm zu verstehen, er solle aufstehen, und halfen ihm dann, den großen Raum zu verlassen. Seine Wachen gingen voran, andere folgten ihm. Sie gingen die Treppe hinunter und traten auf den Vorhof hinaus. Eine Sänfte wartete bereits mit weiteren Wachen. Dankbar setzte er sich hinein. Auf einen Befehl des Hauptmanns schulterten die Träger die Tragestangen. Die Wachen umringten ihn schützend, und dann schlossen sie sich der Prozession von Sänften und zu Fuß gehender Samurai und ihrer Damen an, die durch das Gewirr der Gassen aus der Burg hinausführte.
    Blackthorne war

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