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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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rückwärts. Im Kreis seiner eigenen Wachen, also in Sicherheit, setzte er sich wieder hin und begann zu warten.
    Toranaga und sein Gefolge trabten die Küstenstraße entlang, die um die ausladende Bucht herumführte. Das Wasser reichte rechter Hand fast bis an die Straße heran. Hier lag das Land tief, war versumpft und wies viele Schlammlöcher auf. Ein paar Ri weiter im Norden mündete diese Straße in die Hauptverkehrsader, die Tokaidō-Straße. Zwanzig Ri weiter im Norden lag Yedo. Sein persönliches Gefolge bestand aus hundert berittenen Samurai und zehn Falknern mit je einem Jagdfalken auf der behandschuhten Faust. Sudara mit seinen zwanzig Leibwächtern und drei Falknern mit Vögeln bildete die Vorhut.
    »Sudara!« rief Toranaga, als sei ihm plötzlich ein Einfall gekommen. »Haltet beim nächsten Gasthaus an. Ich möchte frühstücken.«
    Sudara winkte, daß er verstanden habe, und galoppierte voraus. Als Toranaga beim Gasthaus anlangte, verneigten sich lächelnd die Zofen, und der Gastwirt und alle seine Leute beugten den Rücken. Samurai bezogen südlich und nördlich vom Gasthaus Posten, und Toranagas Banner wurden stolz aufgepflanzt.
    Im Handumdrehen wurden Nudeln in einer schönen Schüssel aufgetragen. Sie waren genauso gekocht, wie er sie am liebsten hatte; das hatte Sudara dem Wirt vorher verraten. Ohne Umstände nahm Toranaga auf der Veranda Platz, verzehrte diese Bauernmahlzeit mit sichtlichem Appetit und beobachtete die Straße vor ihm. Andere Gäste verneigten sich und gingen ihren eigenen Geschäften nach, stolz darauf, im selben Gasthaus abgestiegen zu sein wie der große Daimyo. Sudara inspizierte die Posten draußen und überzeugte sich, daß alles seine Richtigkeit hatte. »Wo sind die Treiber jetzt?« erkundigte er sich beim Oberjäger.
    »Einige stehen im Norden, andere im Süden, und außerdem habe ich dort drüben in den Bergen noch weitere Leute stehen.«
    Sudara beendete seine Runde und erstattete Toranaga Bericht. »Seid Ihr mit allem zufrieden, Euer Gnaden? Kann ich noch irgend etwas für Euch tun?«
    »Nein, vielen Dank.« Toranaga aß die Schüssel leer und trank noch etwas Cha. Dann, ohne die Stimme besonders zu heben, erklärte er: »Ihr hattet recht mit dem Erben.«
    »Verzeiht, bitte, aber ich hatte Angst, ich hätte Euch gekränkt. Dabei war es gar nicht so gemeint.«
    »Ihr hattet ja recht … Warum sollte ich also gekränkt sein? Wenn der Erbe gegen uns zieht … was werdet Ihr dann tun?«
    »Euren Befehlen gehorchen.«
    »Bitte, schickt meinen Sekretär her, und kommt mit ihm zurück.«
    Sudara tat, wie ihm geheißen. Kawanabi, der Sekretär – einst selbst Samurai und Priester –, der Toranaga auf allen Wegen begleitete, war rasch samt seiner hübschen, in seine Satteltasche passenden Reisekiste mit Papier, Tinte, Amtssiegel und Schreibpinseln zur Stelle.
    »Euer Gnaden?«
    »Schreibt folgendes: ›Ich, Yoshi Toranaga-noh-Minowara, setze meinen Sohn Yoshi Sudara-noh-Minowara mit allen Einkünften und Titeln wieder als meinen Erben ein.‹«
    Sudara verneigte sich. »Ich danke Euch, Vater«, sagte er mit fester Stimme, wiewohl er sich insgeheim fragte: Warum?
    »Schwört in aller Form, daß Ihr Euch in allem nach meinen Anordnungen und meinem Testament richten werdet … und nach meinem ›Vermächtnis‹.«
    Sudara gehorchte. Toranaga wartete schweigend, bis Kawanabi mit der schriftlichen Ausfertigung fertig war, unterzeichnete sie und machte sie dann mittels Amtssiegel zum Gesetz. »Ich danke, Kawanabi-san. Bitte, setzt das Datum von gestern darauf. Das wäre für den Augenblick alles.«
    »Verzeiht, bitte, Euer Gnaden, aber Ihr braucht noch fünf Kopien, um die Regelung unumstößlich zu machen: eine für Herrn Sudara, eine für den Regentschaftsrat, eine für das Reichsarchiv, eine für Eure eigenen Unterlagen und eine für die Archive.«
    »Fertigt sie sogleich aus. Und gebt mir noch eine Extrakopie.«
    »Jawohl, Euer Gnaden.« Der Sekretär verließ sie. Jetzt sah Toranaga Sudara an und blickte ihm forschend in das schmale, ausdruckslose Gesicht. Er hatte das Dekret absichtlich ohne vorherige Ankündigung diktiert, doch Sudara hatte keine Miene verzogen. Weder Glück noch Dankbarkeit, noch Stolz … nicht einmal Überraschung waren ihm anzumerken, und das stimmte Toranaga traurig. Aber warum traurig sein, dachte Toranaga, du hast ja noch andere Söhne, die lächeln und lachen, Fehler machen und schreien und toben und viele Frauen haben. Normale Söhne. Dieser

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