Shogun
Sohn soll dir nachfolgen, soll nach deinem Tod die Führung übernehmen, um die Minowara fest zusammenzuhalten und den Kwanto und die Macht an andere Minowara weiterzugeben. Um eiskalt und berechnend zu sein – wie ich. Nein, nicht wie ich, sagte er sich wahrheitsgemäß. Ich kann bisweilen lachen und manchmal auch Mitleid zeigen, und ich furze gern und teile gern das Kopfkissen, tobe mich aus und tanze und spiele Schach und bin gern Schauspieler, und manche Menschen machen mich auch froh, wie Naga, Kiri und der Anjin-san. Außerdem liebe ich es, auf die Jagd zu gehen und zu gewinnen, zu gewinnen und nochmals zu gewinnen. Dich jedoch macht nichts froh, Sudara, welch ein Jammer. Nichts. Bis auf die Dame Genjiko. Die Dame Genjiko stellt das einzig schwache Glied in deiner Kette dar.
»Euer Gnaden?« fragte Sudara.
»Ich habe versucht, darüber nachzudenken, wann ich Euch das letzte Mal habe lachen hören.«
»Ihr wünscht, daß ich lache, Euer Gnaden?«
Toranaga schüttelte den Kopf. »Nein.« Er wußte, daß er Sudara dazu erzogen hatte, der vollkommene Sohn zu sein.
Durch Kasigi Mizuno hatte Toranaga bereits ein paar Tage vor dem Ende seines Feindes von der Verschwörung gegen Jikkyu erfahren. Einen Augenblick ließ er sich seinen Plan noch einmal Punkt für Punkt durch den Kopf gehen, aber er vermochte keinen Fehler darin zu entdecken. Dann traf er seine Entscheidung. »Setzt die Regimenter Elf, Sechzehn, Vierundneunzig und Fünfundneunzig in Mishima sofort in Alarmbereitschaft. Und in vier Tagen laßt sie im Eiltempo über die Tokaidō vorrücken.«
»›Blutiger Himmel‹?« fragte Sudara, nun völlig aus dem Gleichgewicht gebracht. »Ihr greift an?«
»Ja. Ich warte nicht, bis sie mich angreifen.«
»Dann ist Jikkyu also wirklich tot?«
»Ja.«
»Gut«, sagte Sudara. »Dürfte ich den Vorschlag machen, auch noch das Zwanzigste und Dreiundzwanzigste Regiment hinzuzuziehen?«
»Nein. Zehntausend Mann, das sollte genügen … wenn wir sie überraschen. Für den Fall, daß es mißlingt, muß ich ja immer noch meine Grenzen halten. Außerdem muß Zataki zurückgehalten werden.«
»Ja«, sagte Sudara.
»Wer soll den Angriff leiten?«
»Herr Hiro-matsu. Der Feldzug ist genau auf ihn zugeschnitten.«
»Warum?«
»Weil es sich um einen direkten, einfachen und altmodischen Vorstoß handelt und die Befehle klar sind. Er ist für diesen Feldzug genau der richtige Mann.«
»Aber als Oberbefehlshaber aller Streitkräfte nicht mehr tragbar?«
»Tut mir leid. Aber Yabu-san hatte recht … Die Feuerwaffen haben die Welt verändert. Eisenfaust hat sich selbst überlebt.«
»Wer dann?«
»Nur Ihr, Euer Gnaden. Bis nach der Entscheidungsschlacht rate ich, daß kein anderer mehr zwischen Euch und dieser Schlacht steht.«
»Ich werde es mir überlegen«, sagte Toranaga. »Jetzt reitet nach Mishima, und bereitet dort alles vor. Hiro-matsus Sturmbataillon wird zwanzig Tage haben, um über den Tenryu überzusetzen und die Tokaidō-Straße sicher in die Hand zu bekommen.«
»Bitte, verzeiht mir, aber dürfte ich vorschlagen, daß ihr Endziel noch ein wenig weiter nach vorne verlegt wird … bis an den Rand der Shiomi-Senke? Gebt ihnen alles in allem dreißig Tage.«
»Nein. Wenn ich das befehle, werden einige zwar die Ebene erreichen, aber der größte Teil wird tot sein, und wir sind nicht mehr in der Lage, einen Gegenangriff abzuschlagen oder den Feind zu stören, wenn unsere Streitkräfte sich zurückziehen.«
»Aber Ihr werdet doch gewiß gleich Verstärkungen hinter ihnen herschicken?«
»Unser Hauptvorstoß führt durch Zatakis Berge. Alles andere ist nur eine Finte.«
Toranaga sah seinen Sohn sehr genau an. Aber Sudara ließ weder Überraschung noch Zustimmung, noch Mißbilligung erkennen.
»Ah. Tut mir leid. Bitte, entschuldigt mich, Euer Gnaden.«
»Wenn Yabu tot ist, wer soll dann die Musketen befehligen?«
»Kasigi Omi.«
»Warum?«
»Er versteht etwas davon. Mehr noch: Er ist allem Neuen gegenüber aufgeschlossen, sehr tapfer, sehr intelligent, sehr geduldig … und außerdem sehr gefährlich, gefährlicher noch als sein Onkel. Ich rate Euch, wenn Ihr siegt und er noch am Leben ist, findet einen Vorwand, ihn in die Große Leere zu befördern.«
» Wenn ich siege?«
»›Blutiger Himmel‹ ist immer ein letzter Verzweiflungsplan gewesen. Das habt Ihr uns oft gesagt. Wenn wir auf der Tokaidō-Straße geschlagen werden, dann wird Zataki in die Ebenen heruntergefegt kommen. Dann helfen uns
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