Shogun
und sich die Haare raufen. Dies konnte kein Zufall sein. Daß der berühmte Toda Hiro-matsu hier war, an diesem Tag, bedeutete, daß Yabu verraten worden war – entweder in Yedo, von einem Angehörigen seines Hofstaates, oder von einem der Leute aus dem Dorf. Man hatte ihn bei einer Unbotmäßigkeit ertappt.
Er kniete und verneigte sich, die Samurai folgten seinem Beispiel, und er verfluchte das Schiff und alle, die mit ihm gesegelt waren.
»Ah, Yabu-sama«, hörte er Hiro-matsu sagen und sah ihn auf der Matte niederknien, die man eigens für ihn dort ausgebreitet hatte, damit er seine Verneigung erwidern könne. Aber seine Verneigung war nicht tief genug, und Yabu erwartete auch nicht, daß er den Rücken abermals krümmte, und so wußte er, ohne daß man es ihm erst hätte sagen müssen, daß er in einer bösen Klemme steckte. Er sah, wie der General sich auf seine Fersen zurücksetzte. ›Eisenfaust‹ wurde er hinter seinem Rücken genannt. Warum einen so wichtigen General ausschicken, um mich dabei zu ertappen, daß ich mich aus Yedo fortbegeben habe?
»Ihr ehrt mich, daß Ihr in eines meiner armseligen Dörfer kommt, Hiro-matsu-sama«, sagte er.
»Unser Herr und Gebieter hat es mir befohlen.« Hiro-matsu besaß weder Verschlagenheit noch Schläue, sondern nur das absolute Vertrauen seines Lehnsherrn.
»Ich fühle mich geehrt und bin sehr froh«, sagte Yabu. »Ich bin wegen dieses Barbarenschiffes von Yedo aus hergeeilt.«
»Herr Toranaga hat alle mit ihm verbündeten Daimyos ersucht, bis zu seiner Rückkehr aus Osaka in Yedo auf ihn zu warten.«
»Wie geht es unserem Gebieter? Ich hoffe, gut?«
»Je früher Herr Toranaga wieder in seinem Schloß in Yedo ist, desto besser. Je rascher es zu einem offenen Bruch mit Ishido kommt und wir unseren Armeen befehlen, sich den Weg zurück nach dem Schloß von Osaka zu bahnen und es bis auf die Grundmauern niederzubrennen, desto besser.« Der Taikō hatte die Burg von Osaka zu einer uneinnehmbaren Festung ausgebaut. Es war die größte Festung im ganzen Reich, eine Verschachtelung von Türmen, Wehrtürmen, Wällen und Gräben, kleineren Burgen, Türmchen und Brücken, und in seinen Mauern hatten achtzigtausend Krieger Platz. Und rings um seine Mauern und um die riesige Stadt standen weitere Armeen, alle fanatische Parteigänger von Yaemon, dem Erben des Taikō. »Ich habe ihm hundertmal gesagt, daß es wahnsinnig sei, sich in Ishidos Gewalt zu begeben. Heller Wahnsinn!«
»Herr Toranaga mußte gehen, neh? Ihm blieb keine andere Wahl.« Der Taikō hatte befohlen, daß der Regentschaftsrat zweimal jährlich mindestens zehn Tage lang zusammentrete, und zwar immer in der Burg von Osaka, wozu die Regenten äußerstenfalls fünfhundert Getreue mit in die Mauern bringen durften. Und alle anderen Daimyos waren gleichermaßen gehalten, zweimal im Jahr mit ihren Familien der Burg einen Besuch abzustatten und Yaemon ihre Aufwartung zu machen. So hielt man alle unter Kontrolle, waren sie wenigstens für einen Teil des Jahres wehrlos. »Das Treffen war angesetzt, neh? Wenn er nicht gegangen wäre, wäre das Verrat gewesen, neh?«
»Verrat gegen wen? Ishido versucht, unseren Herrn zu isolieren. Hört, wenn ich Ishido in meiner Hand hätte, wie er jetzt Herrn Toranaga, ich würde nicht einen Augenblick zögern – egal, wie groß das Risiko. Ishido trüge seinen Kopf schon lange nicht mehr auf den Schultern und sein Geist würde die Wiedergeburt erwarten.« Unwillkürlich bog der General die Scheide seines Schwerts, das er in der linken Hand trug. Seine Rechte lag auf seinem Schoß bereit. Er blickte zur Erasmus hinüber. »Wo sind denn die Kanonen?«
»Ich habe sie an Land bringen lassen. Aus Sicherheitsgründen. Wird Toranaga-sama nochmals zu einem Kompromiß mit Ishido gelangen?«
»Als ich Osaka verließ, war alles ruhig. Der Rat soll in drei Tagen zusammentreten. Mir wäre ein offener Bruch nur recht. Aber mein Gebieter, wenn er einen Kompromiß eingehen will, wird er einen Kompromiß eingehen.« Hiro-matsu sah Yabu an. »Er hatte befohlen, daß alle Daimyos in Yedo auf ihn warteten. Bis zu seiner Rückkehr. Dies hier ist nicht Yedo.«
»Jawohl. Ich war der Meinung, das Schiff sei wichtig genug für unsere Sache. Ich wollte es unverzüglich in Augenschein nehmen.«
»Dazu bestand keinerlei Grund, Yabu-san. Ihr hättet mehr Vertrauen haben sollen. Nichts geschieht, ohne daß unser Herr davon weiß. Er hätte ohnehin jemand hergeschickt, es zu untersuchen. Zufällig
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