Shogun
außerordentlichen Fähigkeiten seines Jüngsten berichten sollen. Dann wäre Omi-san weit mehr gefördert worden. Mein Bruder ist zu verschlossen, zu gedankenlos.«
»Mein Gatte ist zu sehr von Rücksichtnahme Euch gegenüber erfüllt, mein Herr, und er fürchtet, Euch Ungelegenheiten zu bereiten«, erwiderte sie, sich sehr wohl der in diesen Worten mitschwingenden Kritik bewußt. »Ich freue mich. Mein Sohn hat nur seine Pflicht getan, neh? Es ist unsere Pflicht, Euch zu dienen.«
Pferdehufe kamen den Bergpfad heraufgeklappert. Igurashi, Yabus Gefolgsmann, kam durch den Garten geschritten. »Alles ist bereit, Euer Gnaden. Wenn Ihr so schnell wie möglich zurückwollt nach Yedo, sollten wir bald abreiten.«
»Gut. Omi-san, Ihr und Eure Männer reitet mit dem Transport und helft Igurashi-san, daß er unbehelligt und sicher ins Schloß gelangt.« Yabu sah, wie ein Schatten über Omis Gesicht ging. »Was ist?«
»Ich dachte gerade an die Barbaren.«
»Laßt ein paar Wachen für sie zurück. Verglichen mit dem Transport sind sie unwichtig. Macht mit ihnen, was Ihr wollt. Falls Ihr etwas Nützliches aus ihnen herausbringt, laßt es mich wissen.«
»Jawohl, Herr«, erwiderte Omi. »Ich werde zehn Samurai zurücklassen und Mura strikte Anweisungen geben – in fünf oder sechs Tagen wird schon nichts passieren. Und was wollt Ihr, daß mit dem Schiff selbst geschieht?«
»Behaltet es hier, und sorgt für seine Sicherheit. Ihr seid selbstverständlich dafür verantwortlich. Zukimoto hat Briefe an einen Händler in Nagasaki geschickt und es den Portugiesen zum Verkauf angeboten. Die Portugiesen können kommen und es sich abholen.«
Omi zögerte. »Vielleicht solltet Ihr das Schiff behalten, Euer Gnaden, und die Barbaren dazu bringen, ein paar von unseren Seeleuten auszubilden, damit umzugehen.«
»Wozu brauche ich Barbarenschiffe?« Yabu stieß ein höhnisches Lachen aus. »Soll ich etwa ein dreckiger Händler werden?«
»Selbstverständlich nicht, Euer Gnaden«, beeilte Omi sich zu sagen. »Ich dachte nur, Zukimoto könnte ein solches Schiff vielleicht gut gebrauchen. Der Priester sagte, es sei ein Kriegsschiff, Euer Gnaden. Er schien Angst davor zu haben. Wenn es Krieg gibt, könnte ein Kriegsschiff …«
»Unser Krieg wird an Land ausgetragen. Das Meer ist für die Händler, die samt und sonders Wucherer, Piraten oder erbärmliche Fischer sind.« Yabu erhob sich und schickte sich an, die Treppe zum Gartentor hinunterzusteigen, wo ein Samurai den Zügel seines Pferdes hielt. Er blieb stehen und starrte hinaus aufs Meer. Seine Knie gaben unter ihm nach.
Omi folgte seinem Blick.
Ein Schiff kam um die Landzunge herumgefahren – eine große Galeere mit einer Vielzahl von Riemen, das schnellste aller japanischen Küstenschiffe, das weder von der Strömung noch vom Wind abhängig war. Die Flagge am Mast trug das Wappen Toranagas.
7. Kapitel
Toda Hiro-matsu, Herr über die Provinzen Sagami und Kozuke, der Feldherr und Ratgeber, dem Toranaga am meisten vertraute, Oberkommandierender aller seiner Streitkräfte, kam gemessenen Schrittes die Laufplanke vom Schiff auf dem Pier hinunter.
Er war groß für einen Japaner, nicht ganz einsachtzig, ein Stier von einem Mann mit mächtigen Kiefern, der seine siebenundsechzig Jahre mit Kraft trug. Sein Uniform-Kimono war aus brauner Seide, schmucklos bis auf die fünf kleinen Wappenzeichen Toranagas – drei miteinander verflochtene Bambussprossen. Er trug einen glänzend polierten Brustharnisch mit stählernem Armschutz. Nur das Kurzschwert stak in seinem Gürtel. Das Langschwert trug er locker in der Hand. Er war bereit, es augenblicklich aus der Scheide zu ziehen und auf der Stelle damit zu töten, wenn es darum ging, seinen Lehnsherrn zu beschützen. So hatte er es gehalten, seit er fünfzehn Jahre alt war.
Vor einem Jahr, beim Tode des Taikō, war Hiro-matsu Toranagas Vasall geworden. Toranaga hatte ihm Sagami und Kozuke gegeben, zwei seiner insgesamt acht Provinzen; dazu fünfhunderttausend Koku im Jahr – und hatte ihm auch seine Gewohnheit gelassen. Hiro-matsu verstand sich aufs Töten.
Jetzt hatte das ganze Dorf am Ufer Aufstellung genommen – Männer, Frauen und Kinder auf den Knien, die Köpfe auf der Erde. Die Samurai knieten in sauberen, geordneten Reihen vor ihnen. Allen voran Yabu mit seinen Stellvertretern.
Wäre Yabu ein Weib oder ein schwächerer Mann gewesen, dann – das wußte er – würde er sich jetzt an die Brust schlagen und laut jammern
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