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Shogun

Shogun

Titel: Shogun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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vielleicht einer anderen Sekte angehören und daß das der Grund ist für ihre Feindschaft, genauso, wie manche buddhistischen Sekten einander hassen. Ich dachte, wenn sie ›einander lieben‹, könnten wir uns ihren Führer dadurch gefügig machen, daß wir drohten, einem seiner Männer das Leben zu nehmen.« Omi wußte, daß dieses Thema heikel war wegen des Foltertods, des besudelten Sterbens. Er spürte, wie die unausgesprochene Warnung seiner Mutter den Raum zwischen ihnen überbrückte.
    »Wollt Ihr noch Cha, Yabu-sama?« fragte seine Mutter und gab der Unterhaltung dadurch eine andere Richtung.
    »Ich meine«, fuhr Omi fort, »er sollte so schnell wie möglich unsere Sprache lernen. Das ist äußerst wichtig. Vermutlich werdet Ihr noch einen oder zwei von ihnen töten müssen, um ihn und die anderen unter Kontrolle zu halten, aber nach und nach wird er lernen, sich zu benehmen. Sobald Ihr Euch direkt mit ihm unterhalten könnt, Yabu-sama, könnt Ihr Euch sein Wissen zunutze machen. Wenn das stimmt, was der Priester sagt – daß er das Schiff über zehntausend Ri hergeführt hat –, dann muß er schon mehr als gescheit sein.«
    »Auch Ihr seid sehr gescheit.« Yabu lachte. »Die Tiere werden Euch anvertraut, Omi-san, Abrichter der Männer.«
    Omi fiel in sein Lachen ein. »Ich werde es versuchen, Herr.«
    »Euer Lehen wird von fünfhundert Koku auf dreitausend erhöht. Ihr bekommt Oberherrschaft über zwanzig Ri .« Ein Ri war ein Längenmaß, das etwa einer Meile entsprach. »Als weiteres Zeichen meiner Huld werde ich Euch zwei Pferde, zwanzig Seidenkimonos, eine Rüstung, zwei Schwerter und genügend Waffen für weitere hundert Samurai schicken. Und kommt es zu einem Krieg, stoßt Ihr augenblicklich als Hatamoto zu meinem persönlichen Stab.« Yabu fühlte sich in überschwenglicher Geberlaune: Ein Hatamoto war ein persönlicher Gefolgsmann eines Daimyo, der ungehinderten Zugang zu seinem Herrn hatte und dem das Recht zustand, in seiner Gegenwart Schwerter zu tragen. Yabu war entzückt von Omi und kam sich wie neugeboren vor. Er hatte köstlich geschlafen. Beim Erwachen war er allein gewesen. Er hatte ein wenig Tee getrunken und eine karge Portion Reisschleim zu sich genommen. Dann das Bad und Suwos Massage.
    Das war ein wunderbares Erlebnis, dachte er. Niemals habe ich mich der Natur so nahe gefühlt, den Bäumen und der Erde, der unermeßlichen Traurigkeit des Lebens und seiner Vergänglichkeit.
    »Omi-san, in meinem Garten in Mishima habe ich einen Felsen, und ich möchte, daß Ihr auch den annehmt zum Gedenken an diese hinreißende Nacht und unser Glück. Ich werde ihn mit den anderen Dingen herschicken«, sagte er. »Der Stein stammt aus Kyushu, und ich habe ihn den ›Wartstein‹ genannt, weil wir darauf warteten, daß der Herr Taikō den Befehl zum Angriff geben sollte, als ich ihn fand. Das ist fünfzehn Jahre her. Ich war damals in seiner Armee, die die Aufständischen zermalmte und die Insel unterwarf.«
    »Ihr erweist mir eine große Ehre.«
    »Ihr könnt ihn hier in Euren Garten stellen und ihm einen Namen geben. Nennt ihn den ›Stein des Barbarenfriedens‹! Zum Gedenken an diese Nacht und das endlose Warten auf den Frieden.«
    »Vielleicht gestattet Ihr, daß ich ihn den ›Glücksstein‹ nenne, um mich und meine Nachkommen an die Ehren zu erinnern, die Ihr mir erwiesen, Onkel?«
    »Nein – besser nennt Ihr ihn einfach den ›Wartenden Barbaren‹. Ja, das gefällt mir. Das verbindet uns noch mehr – ihn und mich. Er wartete genauso, wie ich wartete. Ich lebte, er starb.« Gedankenverloren blickte Yabu über den Garten hinweg. »Gut, ›Der wartende Barbar‹. Das gefällt mir. Der Fels weist eigentümliche Flecke auf der einen Seite auf, die mich an Tränen und blaue Adern erinnern, gesprenkelt mit rötlichem Quarz, der mich an Fleisch erinnert – die Vergänglichkeit des Fleisches.« Yabu seufzte. Er genoß diese melancholische Stimmung.
    Omi verlieh seinem von Herzen kommenden Dank in vielen Worten Ausdruck und erklärte, eine solche Fülle an Gaben habe er nicht verdient. Yabu wußte, daß er diese Fülle verdient hatte. Er hätte mit Leichtigkeit noch mehr geben können, doch war er der alten Maxime eingedenk, daß man zwar jederzeit ein Lehen vergrößern könne, jede Verkleinerung hingegen Feindseligkeit gebiert. Und Verrat.
    »Oka-san«, sagte er zu der Frau, gab ihr also die Ehre, sie mit ›ehrenwerte Mutter‹ anzureden, »mein Bruder hätte mir früher von den

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