Shon'jir – die sterbende Sonne
erzitterte. Ein polterndes Krachen ertönte außerhalb des Edun.
»Geht!« schrie Melein. »Die Berge, flieht in die Berge!«
Aber weder sie noch Niun taten das, während das Sen zur Tür stürmte und hinaus, seine Besitztümer und alles zurückließ. Sogar über die Geräusche Anehons hinweg konnten die Schreie in anderen Teilen des Edun gehört werden.
»Geht hinaus – geht hinaus, ihr beiden!« flehte Duncan. »Wartet auf eine Unterbrechung des Angriffs und flieht hinaus! Laßt mich es mit der Maschine versuchen!«
Melein kümmerte sich nicht um ihn, sondern wandte sich an Niun. »Kel'anth, führe dein Volk!« Und noch bevor Niun eine Bewegung machen konnte, blickte sie zu den Maschinenbänken, die An-ehon waren. »Kämpfe weiter! Vernichte die Eindringlinge!«
»Diese Stadt hält«, dröhnte die Maschine. »Äußere Anlagen können ihrer Schirme beraubt werden, um den Edun-Komplex zu schützen. Wenn diese Stadt fällt, gibt es noch weitere. Wir sind dabei, die Verteidigung zu koordinieren. Wir stehen unter mehrfachem Angriff. Wir empfehlen sofortige Evakuierung. Wir empfehlen der She'pan, ihre Person in Sicherheit zu bringen. Die Erhaltung ihrer Person ist von vorrangiger Bedeutung.«
»Ich gehe«, sagte Melein und fügte zu Duncan gewandt hinzu, denn Niun war bereits fort: »Komm, beeil' dich!«
Er stürzte an ihr vorbei zur Konsole. »An-ehon«, sagte er, »gib mir eine Verbindung...«
»Laß es nicht zu!« schrie Melein, und die Maschine griff an, mit einer Gewalt, die die Luft zum Leuchten brachte und Duncan betäubt und kalt zu Boden schleuderte.
Er sah, wie Meleins Gewänder an ihm vorbeistrichen; sie rannte, rannte mitten durch die Sen-Halle, während der Boden unter einem erneuten Angriff erzitterte... er schüttelte sich unter Duncan, der wiederholt versuchte, die tauben Glieder unter sich zu ziehen. Der Boden bockte auf.
»Alarm... Alarm... ALARM...!« schrie An-ehon.
Duncan rollte mit dem Kopf, drehte sich auf einer Schulter um und sah, wie einige Bereiche der Bänke dunkel wurden.
Und wieder schüttelte sich der Boden, und die Lichter begannen matter zu werden.
Dann war eine Zeitlang Ruhe.
Duncan konnte schließlich wieder die Beine bewegen, die Arme, kam auf die Füße und taumelte durch die verwüstete Sen-Halle in den sich zur Haupthalle hinabwindenden Korridor. Dort begegnete ihm ein großer Schatten, sein Dus, das ihn durch Andrücken des Körpers fast umwarf. Dann benutzte er es als Stütze und stolperte an dem Durcheinander in der Halle vorbei und hinaus ins Licht, in die offene Stadt – dort sah er die Toten, alte Sen'ein, Kinder des Kath – einen Kel'en, durch eine eingestürzte Wand zermalmt.
Er fand Sa'er, eine verkrümmte blaue Gestalt am Fuß der Rampe, die goldene Hand um einen Stein geklammert, die Augen geöffnet und das Gesicht mit dem Sand Kutaths eingestaubt.
»Ka'aros!« rief er mit aller Kraft, als ihm ihr Sohn einfiel, doch er erhielt keine Antwort.
Die Spur des Volkes waren Tote – die Alten, die Zerbrechlichen, die Jungen: all das, was freundlich war, dachte er, alles.
Er hörte ein Geräusch wie Donner, sah auf und erkannte einen Blitz, einen Lichtfleck – etwas, das in der Atmosphäre operierte. Und während er mit aller Kraft rannte, erwartete er den weißen Blitz, der ihn töten würde, als er den geschützten Bereich verließ.
Aber es verschwand hinter dem Horizont. Das Geräusch erstarb.
Außerhalb der Stadt, außerhalb der traurigen Zerstörung, erstreckte sich die Reihe der lebenden und gehenden Gestalten. Er beeilte sich, ihnen zu folgen, verzweifelt und erschöpft. Das Dus, in dem sich Blutgefühle regten, begleitete ihn, empfing seinen Zorn und seine Angst und warf beides verstärkt zurück.
Endlich hatte er die letzten der Marschsäule eingeholt; seine Kehle war trocken, seine Lungen schmerzten durch das Husten. Blut strömte ihm aus der Nase und schmeckte im Mund nach Salz und Kupfer.
»Der Kel'anth?« fragte er. Eine schmaläugige Kel'e'en deutete zur Spitze der Marschsäule. »Die She'pan?« wollte er wissen. »Ist sie unverletzt?«
»Ja«, sagte jemand, als ob es schon eine Beschmutzung sei, ihm nur zu antworten.
Er ging weiterhin schneller als die anderen, um die Spitze der Kolonne zu erreichen, kam an Kel'ein vorbei, die Kath-Kinder trugen, an Kath'ein, die Säuglinge trugen, und an Kel'ein, die die Alten stützten, wenn auch wenig der Alten überlebt hatten.
Sie gingen auf die Berge zu, die ihnen Unterschlupf versprachen, und
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