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Shoppen und fischen

Shoppen und fischen

Titel: Shoppen und fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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hielt, aber nicht wie ein ausgewachsenes Flittchen. Irgendwann würde mein Publikum die Wahrheit erfahren, aber darüber konnte ich mir später den Kopf zerbrechen.
    Vorläufig hieß es Daumen drücken, dass niemand etwas über Dex und Rachel erfuhr. Sie würden ja
sicher
nicht zusammenbleiben. Das war absolut ausgeschlossen. Sie war nicht sein Typ. Er benutzte sie in einem Augenblick äußerster Trauer. Er war eine verlorene Seele, sie eine vertraute, tröstende Freundin. Und was Rachel anging, so hatte sie sich einfach dem attraktivsten Mann hingegeben, der je auf ihrem Radarschirm erscheinen würde. Ein Mädel wie Rachel hat eine solche Gelegenheit nur einmal im Leben. Aber sie würde auch wieder zur Besinnung kommen und zu ihren Durchschnittstypen zurückkehren. Niemals würde sie etwas mit einem meiner Verflossenen anfangen, nicht, wenn er so wichtig war. Das ist eine Kardinalregel – und bei Rachel ging es immer nur um Regeln. Sie hatte sicher bereits jetzt furchtbare Gewissensbisse wegen ihrer vorübergehenden Schwäche. In den nächsten Tagen würdesie wieder angekrochen kommen und mir wortreich und in allen Einzelheiten darlegen, wie Leid es ihr tat. Und wenn sie lange genug bettelte und ausreichend enthusiastisch von unserer Freundschaft redete, würde ich sie vielleicht irgendwann in Gnaden aufnehmen. Aber es würde noch viel, viel Zeit vergehen, bis sie wieder den Ehrentitel «Beste Freundin» führen durfte.
    Ich drehte mich wieder zu Marcus um. Er schlief jetzt mit einer Hand hinter dem Kopf; die andere baumelte aus dem Bett. Seine Stirn war gerunzelt, als übe er im Schlaf das große Einmaleins. Dann schürzte er die Lippen zu einem sexy Schmollmund, was die Kerbe in seinem Kinn betonte. Plötzlich morphte sein Gesicht zu Dexters, genau wie die Gesichter am Ende von Michael Jacksons Video «Black or White».
    «Marcus, wach auf», sagte ich und schüttelte seinen Arm. «Ich glaube, ich flippe aus.»
    Er schnarchte weiter. Ich beugte mich über ihn und küsste ihn. Er gab ein dunkles, kehliges Geräusch von sich, klappte ein Auge auf und murmelte: «Morgen, Darce.»
    «Glaubst du, sie sind in diesem Augenblick zusammen?», fragte ich.
    «Hab ich dir doch schon gesagt», brummte er. Vermutlich meinte er das
Nein
, das ich am Abend zuvor ein Dutzend Mal von ihm gehört hatte.
    «Sag’s mir nochmal.»
    «Nee   … ich bezweifle es stark. Du hast ihnen sicher die Stimmung verdorben, und er ist gegangen.»
    Ich beschloss, ihm zu glauben. «Okay   … aber trotzdem, ich glaube nicht, dass ich heute arbeiten gehen kann. Ich bin zu sehr abgelenkt. Willst du dich nicht auch krankmelden?»
    In den sieben Jahren, die ich mit ihm zusammen gewesen war, hatte Dex nicht ein einziges Mal krankgefeiert. Mit Marcus würde das anders werden. Unser Leben würde so viel spontaner sein und viel mehr Spaß machen.
    Und richtig, Marcus sagte: «Okay, bevor ich mich schlagen lasse   … Dann schlaf ich heute länger.»
    Ich empfand ein kurzes Triumphgefühl, aber dann wurde mir klar, dass ich mich auf irgendeine verquere Weise tatsächlich auf die große Welle freute, die ich im Büro machen würde. Also seufzte ich märtyrerhaft und sagte: «Aber ich fürchte, ich
sollte
gehen und es hinter mich bringen.»
    «Was hinter dich bringen?»
    «Du weißt schon   … allen sagen, dass die Hochzeit nicht stattfindet.»
    «Hmm-mmm.»
    «Was soll ich ihnen genau sagen?»
    Keine Antwort.
    «Marcus!»
    «Du brauchst niemandem was zu sagen.» Marcus drehte sich zu mir herum. «Es geht keinen was an.»
    «Natürlich muss ich etwas sagen. Die glauben, ich heirate am Samstag. Und ein paar sind eingeladen.»
    Ich bewunderte Marcus’ entspannte Lebenshaltung, aber dies war ein perfektes Beispiel dafür, wie sehr er die Mühe unterschätzte, die man sich mit manchen Dingen geben musste. Das konnte sich irgendwann sogar als problematisch erweisen, wenn er nämlich meinen Wunsch unterschätzte, zum Geburtstag, zu Weihnachten, zum Valentinstag und beliebig übers Jahr verteilt hübsche Geschenke zu erhalten. Dex kannte die Übung: Pünktlich wie ein Uhrwerk kamen jeden zweiten Monat Blumen; das ließ zwareher auf ein Abo als auf einen Gefühlssturm schließen, aber mir war es recht. Aufmerksamkeit war Aufmerksamkeit. Hübsche Dinge waren hübsche Dinge.
    Aber Marcus würde sich bestimmt abrichten lassen. Jeden Mann kann man abrichten. Es war mir eine willkommene Herausforderung, meinen neuen Freund zu einem verantwortungsbewussten, aber

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