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Shotgun Lovesongs

Shotgun Lovesongs

Titel: Shotgun Lovesongs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nickolas Butler
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sein Leben wohl aussah, aber ich dachte mir, es müsse ziemlich hart und ziemlich einsam sein. Lee reist mehr durch die Gegend als irgendjemand sonst, den ich kenne, und ich weiß noch von meiner Rodeozeit, dass das Reisen wirklich nicht so toll ist, wie die Leute immer behaupten. Irgendwann hat man es einfach satt, immer weiterzuziehen. Immer dann, wenn du gerade ein Fleckchen Erde gefunden hast, das du interessant findest, oder ein Bett, das ziemlich bequem ist, oder ein Restaurant, in dem das Essen nicht so furchtbar fettig ist, dann musst du schon wieder weg.
    »Tja«, sagte Lee, »ich nehme an, dann sollte ich diese Tickets nach Aruba wohl doch nicht wegwerfen.«
    Ich lachte. »Wo zum Teufel ist Aruba?«
    »Weißt du, ich könnte es dir nicht mal sagen. Irgendwo in der Karibik, glaube ich? Ich weiß es nicht. Ich bin Musiker, kein Erdkundelehrer.«
    Wir schauten zu, wie der Schnee immer höher wurde. Es schneite jetzt heftiger als eben, aber ich konnte schon Kips Mühle sehen. Die gelben Türme vor dem grauen Himmel.
    »Da hat Kip wirklich was geleistet, mit dieser ganzen Sache«, sagte ich und zeigte auf die Mühle.
    Lee nickte. »Ja. Da könntest du wohl recht haben.«
    »Möchtest du noch ein bisschen mit zu mir kommen?«, fragte ich. »Wir könnten Fernsehen gucken. Lucy ist bei ihrer Schwester und der Familie, glaube ich. Ich darf sie nämlich heute Abend nicht sehen. Oder ist es vielleicht nur ihr Kleid, das ich nicht sehen darf? Ich weiß das nie. Aber egal …« Was ich ihm damit eigentlich sagen wollte, war, dass ich nicht allein sein mochte und dass ich nicht mehr so besonders gern in meiner Wohnung war. Es roch dort nicht nach Lucy, nichts dort erinnerte mich an sie. Es war keine Wohnung für ein Baby, das stand schon mal fest, kein Ort, wo man eine Familie gründen sollte. Ich besaß genau eine Pfanne, zwei Töpfe, eine Mikrowelle, eine Herdplatte, drei Schüsseln, zwei Teller und eine Handvoll Besteck. Und ein paar von meinen Messern und Gabeln waren sogar aus Plastik, von McDonald’s. Immerhin war der Fernseher neu. Aber mein Bett war so ausgeleiert, dass es wie ein Taco aussah. Es war total verbogen und hing in der Mitte durch. Meine Kissen waren ganz gelb und die Bettwäsche war uralt. Sie war mit dem Logo der Green Bay Packers bedruckt. Ich fand das ja toll, aber Lucy sagte, die würden wir dann nicht mit nach Chicago nehmen. Ich denke, sie hat wohl recht. Manchmal, wenn ich mir die Bettwäsche anschaute, dann dachte ich: Verdammt noch mal, Ronny, du bist kein kleiner Junge mehr .
    »Nee«, sagte Lee. »Lass uns lieber zum VFW fahren, okay? Läuft heute Abend nicht so’n Basketballspiel? Die Badgers gegen … Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, gegen wen sie spielen …«
    »Klar«, sagte ich. »Das klingt gut.« Ich freute mich schon auf Schweineschwarten und Tiefkühlpizza, Kartoffelchips und warme Cashews.
    Lee parkte den Wagen vor der Bar. Die Neonlampen waren nicht an. Das war ziemlich komisch, besonders wenn man bedenkt, wie dunkel es war. Normalerweise konnte man sicher sein, dass sie den Bürgersteig hell beleuchteten, und im Sommer zogen sie ganz viele Motten und Insekten an. Ich drückte mein Gesicht gegen die Scheibe: Die Bar sah geschlossen aus, keine Menschenseele saß am Tresen, alles war stockdunkel.
    »Bist du sicher, dass die auf haben?«
    Lee hielt mir die Tür auf und sagte: »Ziemlich sicher. Guck, die Tür ist nicht abgeschlossen.«
    ÜBERRASCHUNG !!!
    Von der Decke fielen lauter aufgeblasene Kondome und Ballons herunter. Jemand muss sie so lange in einem Laken festgehalten haben, bis wir kamen. Die Leute schossen mit Strandbällen durch die Gegend und die alte Jukebox schaltete sich plötzlich ein, als wäre sie eine Zeitmaschine, und spielte eines meiner Lieblingslieder von Garth Brooks aus der Zeit, als ich noch ein sexgeiler, verpickelter Teenager war.
    Ich war so überrascht, man hätte mich einfach nur anpusten müssen und ich wäre umgefallen. Ich hatte nämlich geglaubt, dass niemand eine Party für mich organsiert hatte, und ich wusste auch nicht, wie ich irgendjemanden darum bitten konnte. Ich will damit nicht sagen, dass ich gerne nach Vegas gefahren wäre, um mich da wie irgend so’n Arsch aufzuführen, aber irgendwas hätte ich schon gerne gehabt, so ’ne Art Junggesellenabschied, und ich hatte schon geglaubt, dass niemand daran denken würde oder dass es allen egal war. Ich habe sogar zu Lucy gesagt: »Luce, wir können auch genauso gut von

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