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Shotgun Lovesongs

Shotgun Lovesongs

Titel: Shotgun Lovesongs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nickolas Butler
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Backe und starrt euch nur noch an. Da sucht man sich doch lieber jemanden, mit dem man sich wenigstens gut unterhalten kann. Und dem wirklich was an einem liegt.«
    Ronny und ich starrten seinen Vater an.
    »Hört mal, ich weiß ja, wie ihr euch fühlt«, sagte er, nahm einen Schluck Bier und zog sich einen Stuhl heran. »Ich weiß, wie das ist.« Er nickte und trommelte mit den Fingern gegen die Bierdose. »Ihr glaubt immer, eure Väter würde es nicht kümmern, was ihr so tut und denkt, aber das stimmt nicht.« Er strich sich über den Schnurrbart und rückte dann seine Hose zurecht, die ein wenig heruntergerutscht war. »Alle heiraten, außer euch zweien. Und jetzt auch noch das. Schaut euch das an. Wahrscheinlich hätte sie auch genauso gut einen von euch heiraten können. Ihr seid ja schließlich auch mit ihr befreundet.Henry hatte einfach mehr Grips als ihr. Hat entschlossener gehandelt.«
    »Dad –«, sagte Ronny.
    »Ich weiß noch, wie ich zu so ’ner Talentshow von eurer Schule gegangen bin. Da hat sie ein Lied gesungen … Ich glaube, es war ›California Dreaming‹. Und ich erinnere mich noch, wie ich dasaß und dachte: Dieses Mädel ist was ganz Besonderes . Das war doch Beth, oder nicht?«
    Ich hatte tatsächlich vergessen, dass Beth eine ganz ausgezeichnete Sängerin war, denn sie sang nicht besonders oft, hielt damit hinterm Berg, war nicht einmal im Kirchenchor. Aber manchmal erwischte man sie bei einer Party oder einer Autofahrt, wie sie plötzlich alle Hemmungen vergaß und lossang, und dann erklang diese unglaubliche Stimme, absolut selbstsicher und wunderschön. Wäre ich ein klügerer Mann gewesen, dann hätte ich sie gebeten, ein Duett mit mir aufzunehmen. Aber vielleicht war es ja – Henry zuliebe – besser, dass ich es nie getan hatte.
    Cecil stand auf, fuhr sich über den Schnurrbart und strich seine Haare zurück. Wir schauten ihm zu, wie er sich zurechtmachte. Er rückte seinen Schlips gerade, strich die Revers seines Jacketts glatt und klopfte sich etwas Staub von den Ärmeln und Schultern. Dann nahm er einen letzten Schluck Bier und schaute zur Tanzfläche, wo Beth und Henry eifrig damit beschäftig waren, mit allen zu tanzen, die sich angestellt hatten. Der Trauzeuge und die Trauzeugin hielten Hüte in den Händen, die schon vor Geld überquollen.
    »Ich weiß nicht, was du für’n Problem hast, Lee«, sagte er in einem nun etwas strengeren Tonfall. »Aber du schmollst hier schon den ganzen Nachmittag rum. Das ist keine Art, so darf sich der beste Freund des Bräutigams einfachnicht aufführen. Und verdammt noch mal, jetzt hast du’s sogar geschafft, dass Ronny sich auch hier hinten rumdrückt und mit dir mitschmollt. Ich bin zwar nicht dein Vater, aber ich bin mir sicher, wenn der jetzt hier wäre, dann würde er sagen, hört auf, euch wie Arschlöcher zu benehmen, und macht, dass ihr da rauskommt und mit euren Freunden tanzt, bevor sie ins richtige Leben verschwinden.« Dann ließ er uns ohne eine Antwort abzuwarten stehen, obwohl wir, um ehrlich zu sein, auch gar nicht gewusst hätten, was wir ihm entgegnen konnten. Wir ließen die Köpfe hängen wie zwei kleine gescholtene Jungs, tranken ein paar letzte Schlucke aus unseren Bierdosen und folgten Cecil zu der Dollartanz-Warteschlange. Ronny zuerst und dann ich, als Schlusslicht.
    Während der nächsten zwanzig Minuten bewegten wir uns nur zentimeterweise vorwärts. Der DJ spielte ein Liebeslied nach dem anderen, quer durch die Jahrzehnte der amerikanischen Popmusik. Ich sah, dass Ronny ein paar zerknüllte Eindollarscheine in der Hand hatte, und durchwühlte meine Taschen, wo ich einen Fünfdollarschein fand. Das war alles, was ich nach fast zwei Tagen ununterbrochenen Saufens noch hatte. Dann war Cecil an der Reihe. Er gab der Trauzeugin etwas Geld und ging dann zu Beth auf die Tanzfläche. Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und klatschte dann begeistert, als sie sah, dass Cecil Taylor in seinen blankpolierten schwarzen Cowboystiefeln gekommen war, um mit ihr zu tanzen.
    Wir sahen, wie Cecil auf sie zuging. Aber bevor er sie ganz erreicht hatte, blieb er stehen und beugte vor ihr das Knie. Ich hatte so eine Geste noch nie zuvor bei einer Hochzeitsfeier gesehen – sie war so ritterlich, dass man sie von Cecil nie im Leben erwartet hätte; Cecil, dem Bauarbeiterund Skynyrd-Fan. Beth legte sich eine Hand auf die Brust und ging dann zu ihm und half ihm wieder auf, so wie es wohl auch eine gütige Königin mit einem

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