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Showdown

Showdown

Titel: Showdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Müller
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Währung billiger, und somit kann er sein Auto auch entsprechend günstiger anbieten.
    Ich möchte nicht in Abrede stellen, dass wir mit einer stärkeren Währung in Deutschland beim Export ein paar Federn lassen würden. Aber durch die Kaufkraft der Bürger, die mit der höheren Währung gleichfalls steigen würde, hätten wir wieder mehr Wohlstand und Nachfrage innerhalb Deutschlands. Oder, um es plastischer auszudrücken: Wir würden in Peking vermutlich ein paar Mercedes weniger verkaufen, aber dafür sicherlich in Stuttgart ein paar Mercedes mehr. Das wäre sicherlich nicht die schlechteste Entwicklung. Eine starke Währung, solange sie zur Leistungsfähigkeit des Landes passt, war schon immer Ausdruck einer wohlhabenden Bevölkerung. Das war in der Schweiz (vor der übertriebenen Aufwertung) ebenso der Fall wie in Norwegen oder in Deutschland vor der Euro-Einführung.
    Ich behaupte nicht, dass diese Effekte – Verluste im Export bei entsprechenden Zugewinnen in der Binnennachfrage – sich absolut ausgleichen. Vielleicht überwiegt am Ende das eine oder andere leicht. Aber ich möchte mit dem Mythos aufräumen, dass die deutsche Wirtschaft ohne die Segnungen des für uns unterbewerteten Euro dem Untergang geweiht wäre.
    Eine gesamte Bevölkerung wird um einen Teil ihrer Arbeitsleistung behumpst, um die Gewinne weniger großer Exportfirmen zu steigern, die als Dank ihre Werke ins Ausland verlegen und die Steuerbescheide optimieren.
    Alle anderen, vom Bäcker, der seine Sonntagsbrötchen nicht nach Schanghai exportieren kann, bis zum Fliesenleger, der es einfach nicht fertigbringt, morgens früh genug aufzustehen, um von Castrop-Rauxel zur Baustelle nach Usbekistan zu fahren, zahlen die Zeche mit einem zu geringen Lebensstandard. Das ist ein Teil der Wahrheit, wenn wir über die Tatsache sprechen, dass es Menschen in Deutschland gibt, die mit 40 Stunden Arbeit nicht in der Lage sind, ihre Familie zu ernähren. Die Stundenlöhne der Dienstleistungsbranche müssen immer wieder an das angepasst werden, was die Kunden sich leisten können. Wer also beim Tanken 20 Prozent zu viel bezahlt, dem fehlt dieses Geld beim Friseur. Also muss der Lohn der Friseurin runter. Der reicht nun nicht mehr aus, um ihre Kinder zu ernähren, der Staat muss aufstocken. Der Kreis schließt sich. Das ist zwar nur ein Teil des Einkommensproblems, aber, wie ich finde, ein beachtenswerter.
    Jetzt wissen Sie, was Sie zu antworten haben, wenn Ihnen mal wieder einer erzählen will, Deutschland brauche den Euro: »Von welchem Teil Deutschlands reden wir?«
    Gelegentlich begegnet einem folgendes Argument, das besonders in der Anfangszeit des Euro immer wieder dazu genutzt wurde, die Begeisterung bei der Bevölkerung zu schüren: »Der Euro ist wichtig, weil man nicht mehr umrechnen muss!«
    Mit China, Brasilien, den USA und den meisten anderen Ländern der Welt handeln wir ebenfalls mit unterschiedlichen Währungen. Bricht deshalb der Handel mit China oder den USA ein? Fällt es Ihnen wirklich schwer, im Türkeiurlaub zu überschlagen, was der Espresso kostet? Jeder Lkw-Fahrer, der heute Mittag von Berlin nach Warschau fährt, ist in der Lage, seine Tankrechnung auf der anderen Seite der Grenze von Zloty auf Euro umzurechnen und gleich auf Richtigkeit zu überprüfen. Wenn das der große Vorteil der gemeinsamen Währung sein soll, der all die Nachteile aufwiegen muss …!?
    Ein weiterer Euro-Mythos der letzten Krisenjahre war das Kanzlermantra: »Ohne Euro zerbricht Europa!« Ich halte diesen Satz für hanebüchenen Unfug. Wie muss ich mir das ganz praktisch vorstellen? Würde sich bei einem Zerfall des Euro der italienische Stiefel vom Festland ablösen und über das Mittelmeer Richtung Tunesien treiben? Wir haben in Europa aktuell 27 Staaten, von denen zehn keinen Euro haben. Ist Ihnen irgendwie aufgefallen, dass Dänemark sich von Europa ablöst oder dass Polen sich über die Ostsee davonmacht?
    Wo wir gerade über Polen sprechen. Ist es nicht interessant, dass einige früher eher als schwach eingestufte Länder Europas, die keinen Euro, sondern ihre eigene nationale Währung haben, wesentlich entspannter durch die Krise kommen? Schauen wir uns Polen an. Ich erinnere mich noch gut daran, als im Mai 2011 die freie Arbeitsplatzwahl für polnische Arbeiter in der EU eingeführt wurde. Was hatten wir in Deutschland für eine Angst vor den Horden an Polen, die mit Kind und Kegel ins gelobte Land nach Deutschland einfallen würden, um den Deutschen

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