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Showdown

Showdown

Titel: Showdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Müller
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interessant zu sehen, wie schwach die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Deutschlands in diesen acht Jahren von 2004 bis 2012 ist? Wo wir uns doch mit dem unterbewerteten Euro so schöne Exportvorteile verschaffen? Wo uns doch mit Gerhard Schröders Agenda 2010 in ebenjenem Jahre 2004 der Befreiungsschlag gelungen ist, indem wir die Arbeitsmärkte aufgebrochen und die Sozialsysteme reformiert haben? Könnte es etwa sein, dass eine zu niedrige Währung ebenfalls zu negativen Effekten führt? Es scheint, als würden sich jene Euro-Länder am besten entwickeln, deren Wirtschaftsleistung möglichst nahe am Wert ihrer Währung liegt. Offenkundig schafft es die durch eine zu niedrige Währung subventionierte Exportwirtschaft nicht, die sich abschwächende Binnenkaufkraft seiner Bürger und des Staates zu kompensieren.
    Damit ist zumindest in Frage gestellt, ob dieser zu niedrige Euro Deutschland wirklich solch große Vorteile bringt – oder eben doch nur wenigen Großexporteuren und nicht der Masse der deutschen Wirtschaft und seiner Bürger.
    Es bleibt die Erkenntnis, dass es der beste Weg ist, wenn man mit einer Währung arbeitet, die der eigenen Leistungskraft entspricht. Je größer die Verschiebung in die eine oder andere Richtung, desto nachteiliger der Effekt. Wenn einer verliert, muss der andere gewinnen. Und das sind am Ende jene Staaten, die von den Segnungen des gemeinsamen europäischen Binnenmarktes profitieren und dies mit ihrer eigenen Währung bezahlen können.
    Eigentlich wollte Polen bereits 2011 den Euro einführen. Doch es war die polnische Seite, die das immer wieder verschob, um dann zu erklären, den Euro auch 2015 nicht einführen zu wollen. Man müsse sehen, wann der geeignete Zeitpunkt sei … Polen spielt auf Zeit. Bei einer Umfrage 2012 sprachen sich nur 13 Prozent der Polen für die Einführung des Euro aus. In Warschau hat man die wirtschaftlichen Zusammenhänge offenkundig besser verstanden als im heutigen Berlin.
    Diese Erkenntnis ist auch in Budapest gereift. Eigentlich besteht mit dem Beitritt zur Europäischen Union auch die Verpflichtung zur Euro-Einführung, sobald die sogenannten Konvergenzkriterien (unter anderem eine Staatsverschuldung unter 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und ein Haushaltsdefizit von unter 3 Prozent) erfüllt sind. Das schätzt der ungarische Ministerpräsident ein wenig anders ein. 2012 jedenfalls sah er keine Notwendigkeit mehr, den Euro einzuführen. »Unverantwortlich« sei das. Mit Blick auf Spanien, Griechenland und Portugal sagte er: »Sie waren nicht reif dafür. Diesen Fehler machen wir nicht.« Auch er ist in guter Gesellschaft. Im selben Jahr 2012 erklärt der tschechische Regierungschef Petr Nečas, dass er (oder seine Nachfolger) frühestens in acht bis zehn Jahren über eine Euro-Einführung beraten werden. Tschechien könne nicht zum Euro-Beitritt gezwungen werden, so Nečas.
    Wenn jene im Vergleich zu Deutschland und den Niederlanden wirtschaftlich schwachen Staaten sich ohne Euro wirtschaftlich stark entwickeln und sich trotz ihrer eingegangenen Verpflichtung weigern, die »Segnungen« des Euro anzunehmen, und gleichzeitig die ebenso schwachen Staaten
mit
Euro-Währung reihenweise absaufen wie die »Titanic« im Atlantik, muss man schon mit beiden Beinen tief im Glauben stehen, um das Märchen von den Wundertaten der gemeinsamen Währung zu glauben. Man könnte das Mantra auch ein wenig variieren und sagen: »Durch den Euro zerbricht Europa!«
    Aber was ist mit jenem großen Argument, das alle anderen Argumente zu Nebensächlichkeiten werden lässt? »Der Euro bringt uns den Frieden!«
    Ist es nicht herrlich, dass wir alle seit 2012 Friedensnobelpreis sind? Vielleicht mussten Sie auch zweimal hinhören, als der Radiosender vermeldete, die Europäische Union bekomme den Friedensnobelpreis verliehen. Mancher dachte zunächst an die Bilder von Straßenschlachten in Spanien, Portugal, Griechenland, Italien … Und dann an einen vorgezogenen Aprilscherz. Offen gestanden habe ich einen kurzen Moment gestutzt, aber ich hatte für jenen kurzen Moment denselben Denkfehler gemacht, den viele (Gott sei Dank längst nicht alle!) Politiker bis heute machen. Wir haben diesen Friedensnobelpreis für Europa bekommen und nicht für den Euro! Es wäre fahrlässig, beides gleichzusetzen. Dass Europa nach mehreren Jahrtausenden des Sich-gegenseitig-den-Schädel-Einschlagens gelernt hat, dass es friedlich und gemeinsam unter guten Nachbarn, Schicksalsgefährten, ja

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