Showman
Papier, einen Stift trug er als Zeichner immer bei sich. Sogar mehrere mit unterschiedlichen Farben. Dancer entschied sich für einen grünen. »Es ist die Hoffnung«, erklärte er und lächelte dazu ein wenig gequält.
Wenig später bekamen wir seine Karte, die Suko einsteckte. »Soll ich dann morgen früh in Ihr Büro kommen?«
Ich gab ihm die Antwort zugleich mit unserer Karte. »Wir werden wohl bei Ihnen erscheinen. Und noch etwas. Sollten Sie in der folgenden Nacht Erlebnisse haben, mit denen Sie nicht zurechtkommen, rufen Sie mich an. Die Uhrzeit spielt keine Rolle.«
Steven Dancer atmete auf. »Himmel, Sie glauben gar nicht, wie mich das beruhigt.«
»Dann haben wir unsere Pflicht getan.« Ich brachte ihn noch bis zum Fahrstuhl, nachdem sich Suko mit einem Händedruck von ihm verabschiedet hatte.
Als ich zurückkehrte, sah ich einen nachdenklichen Suko vor mir. »Nun, was sagst du?«
»Ich weiß es noch nicht.«
»Aber du glaubst ihm.«
»Zu achtzig Prozent.«
»Okay, dann sind wir einer Meinung.«
***
Doris Carter besaß den Schlüssel zu Stevens Wohnung und war froh darüber, denn oft genug war ihr Freund unterwegs und blieb länger als vorgesehen. Dann kam sie in die Wohnung und konnte auf ihn warten.
Sie hockte sich zumeist vor die Glotze oder schaute sich Stevens Comiczeichnungen an.
Auch an diesem Tag oder Abend würde er später kommen. Er hatte noch eine Verabredung bei Scotland Yard. Um was es ging, hatte er Doris nicht sagen wollen, und darüber war sie nicht gerade erfreut gewesen. Sie würde ihm die entsprechenden Fragen schon stellen, wenn sie sich trafen.
Die Wohnung lag in einem vierstöckigen Altbau, ausgerechnet in der letzten Etage, und einen Fahrstuhl gab es nicht. So mußte der Bewohner oder Besucher die Treppen hochsteigen, wurde dann aber beim Betreten der Wohnung durch einen wunderbaren Blick belohnt, den das bodentiefe, große, dreieckige Fenster bot.
Doris Carter war seit mehr als einem Jahr mit Steven Dancer zusammen und hatte sich an das Treppensteigen gewöhnt. Außerdem war das mit ihren fünfundzwanzig Jahren locker zu schaffen.
Sie hatten sich zwar verabredet, aber ohne eine direkte Uhrzeit abgemacht zu haben. Die junge Frau mit den braunen Haaren und dem Mittelscheitel überlegte auch weiterhin, was Steven mit dem Yard zu tun haben konnte.
Er hatte ihr nichts gesagt. Das viele Nachfragen hatte bei ihm nicht gefruchtet, aber er hatte sie dann beruhigt und davon gesprochen, daß es sich nicht um eine aktuelle Sache handelte, sondern um etwas, das schon länger zurücklag.
Darüber grübelte sie natürlich auch nach. Es gab da schon eine Sache in der Vergangenheit, die Steven noch immer störte. An ihr hatte er schwer zu knacken, denn damals war ein altes Theater abgebrannt, und er war dabeigewesen.
Allerdings hatte er nie darüber gesprochen, wer das Feuer gelegt haben konnte, und so wußte Doris Carter nicht genau, ob er dafür die Verantwortung trug.
Irgendwann würde er es ihr sicher sagen.
Sie hatte die vierte Etage erreicht und löste die Hand vom Geländer. Der Rucksack auf ihrem Rücken drückte schon. Er war mit Lebensmitteln und Getränken gefüllt.
Da Doris in einer Feinkosthandlung als Verkäuferin arbeitete, bekam sie diese Dinge sehr viel billiger.
Auf der vierten Etage wohnten zwei Parteien. Eine Familie mit zwei kleinen Kindern auf der rechten und Steven Dancer auf der linken Seite.
Dorthin wandte sich Doris.
Sie schloß auf und atmete auf, als sie den Rucksack endlich von ihrem Rücken gleiten lassen konnte. Vor einem Spiegel blieb sie stehen.
Er war schmal, aber lang. Das eine Ende berührte die Decke, das andere beinahe den Fußboden. Zudem war er von innen mit kleinen Glühbirnen bestückt, die immer leuchteten und seine Umrisse nachzeichneten.
Doris betrachtete sich im Spiegel und fand, daß sie erschöpft aussah.
Kein Wunder, hinter ihr lag ein harter Arbeitstag. Die Kunden hatten sie kaum zur Ruhe kommen lassen.
Sie zog den grünen Mantel aus, hängte ihn auf und brachte ihr Gesicht dicht an den Spiegel heran. Sie nahm die Brille ab und stellte fest, daß ihre Haut mal wieder einen Schub Sonne vertragen konnte.
Doris knetete ihre Wangen, um etwas Röte in das Gesicht zurückzubringen. Ihre Jeans hatte am rechten Hosenbein Flecken bekommen. Eine Dose mit Öl war so unglücklich umgefallen, daß selbst die lange Arbeitsschürze die Tropfen nicht hatte auffangen können. Das war jetzt egal.
Den schwarzen Pullover zog und zupfte sie
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