Showtime! (German Edition)
noch in zehn Jahren stumpfsinnig gegen Wände laufen und der ewige, starrsinnige Kindskopf sein, der sie immer gewesen war - und dann würde Sheila diese Eigenschaft an ihr wohl kaum noch zu schätzen wissen, denn dann würde sie selbst erwachsen sein. Und vernünftiger als ihre Mutter.
*
Sabrina schnäuzte sich in ihr Tempo und bemühte sich darum, am Telefon nicht verheult zu klingen. «Jürgen, du bist jetzt wirklich der Letzte, mit dem ich reden will» erklärte sie leicht nasal. «Ich dachte, wir hätten das jetzt alles geklärt. Ich bringe dir deine Versicherungsunterlagen in die Firma, und dann lass mich bitte in Ruhe.»
Ganz so, wie es immer gewesen war, ging er über das Gesagte einfach hinweg und erzählte ihr, wie schlecht es ihm ginge, dass er offenbar eine richtige Pechsträhne habe und wie übel es um seinen Job stünde, es sei wie verhext. Er hätte in der letzten Zeit Tag und Nacht gearbeitet und könnte sich nicht konzentrieren und kaum noch schlafen. Er bräuchte dringend jemanden, mit dem er reden könnte.
«Weißt du was: Schreib es doch einfach auf und schick es jemandem, den es auch interessiert» sagte Sabrina komplett teilnahmslos und bewies, dass Georgias Mühe, ihr dieses für sie typische befangene Girlie Getue abzugewöhnen, sich auszeichnete. «Mein Desinteresse für deine Misere lässt sich kaum noch steigern, ehrlich. Du kommst schon irgendwie klar. Vergiss doch netterweise einfach, dass du jemals meine Telefonnummer hattest und mach's gut.» Sie hing ein und wandte sich an Siggi, der ihr als Freund zur Seite stand. «Warum habe ich nicht mal einen Mann wie dich kennen gelernt?» Seufzte sie. «Zwischen euch beiden liegen Welten, nein, ganze Universen. Der wäre nie auf den Trichter gekommen, mal zu fragen, wie's mir geht. - Ich finde es so süß, dass du gleich hergekommen bist, Sig.»
Siggi strich sich leicht verlegen über den Bart und entgegnete: «Du hast dich echt down angehört am Telefon. Wofür sind Kumpels denn da?»
Sie tätschelte niedergeschlagen seine Hand. «Ich habt mich so lieb aufgenommen, Rita, Sheila und du.»
«Hey, was ist, soll ich uns noch'n Kaffe aufsetzen?» erbot sich Siggi, dem herzliche Worte oft peinlich waren. «Rufst du mal bei Rita an, ob die beiden inzwischen eingetrudelt sind?»
Während der Bär in der Küche hantierte, tätigte Sabrina den Anruf.
«Ja, die sind inzwischen gut gelandet» bestätigte Rita. «Sheila ist schon im Bett. Die Sommerferien strengen sie immer mehr an als die Schule. Georgia macht sie zur Hochleistungssportlerin. Ich glaube, es gibt keinen Sport, den sie noch nicht mit ihr ausprobiert hat. Langweilen tut sie sich jedenfalls nie.»
Sabrina nahm geflüsterte Worte im Hintergrund wahr.
«Rita? Bist du noch dran?»
«Ja, Süße bin ich. - Du, Georgia will mit dir reden. Ist das okay für dich?»
«Eigentlich... ich weiß nicht. Sag ihr... ich... »
«Möchtest du es ihr nicht lieber selber sagen?»
Das Telefon wechselte den Sprecher, bevor sie verneinen konnte.
«Hi» kam es sehr klein. «Wie geht es dir?»
«Ging schon mal besser. Und dir?»
«Ich vermisse dich... sehr. Darf ich nach Hause kommen?»
Sabrina zögerte. «Ich muss über einiges nachdenken, Georgia.»
«Lass mich nach Hause kommen» bat Georgia eindringlich. «Wir können reden über alles. Du hast das selbst gesagt. Lass uns reden, ja? Ich halt das nicht aus, wenn ich dich nicht sehen darf. Im Gericht darf ein Angeklagter auch aussagen. Im Zweifel für den Angeklagten, kennst du das? Wenigstens gib mir eine Chance, was zu sagen, bevor du mich urteilst.»
« Ver urteilst» hörte Sabrina Rita verbessern.
«Bevor du mich verurteilst» korrigierte sich Georgia. «Das wäre nur fair, findest du nicht?»
Sabrina schniefte vernehmlich. «Gut, dann komm halt her. Du gibst ja doch keine Ruhe.»
Sie bat Siggi zu bleiben. Auch wenn ihre Freundschaft sich erst allmählich entwickelt hatte, wusste sie, dass er vertraulich mit allem umging, was sie ihm erzählte. Es war gut, jemanden bei ihrer Aussprache mit Georgia dabei zu haben, der als objektiver Vermittler fungierte. Außerdem wollte Sabrina nicht mit ihr allein sein, um sich von ihr nicht wieder um den Finger wickeln zu lassen. Mit betörenden Worten und den passenden Berührungen zur rechten Zeit konnte sie von ernsthaften Gesprächen ausgezeichnet ablenken - und letztendlich war nichts geklärt, sondern lediglich geschlichtet.
Georgia gefiel Siggis Anwesenheit natürlich
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