Showtime! (German Edition)
bleiben» befahl ihr Georgia mit einem Fingerzeig, als sie es aus ihrer Lederjacke kramte, «wir sind noch nicht fertig!»
Sabrina schob das halbvolle Glas zum anderen Ende des Tisches, überzeugt, dass selbst ein Schwips in Georgias Gegenwart ziemlich brenzlig werden konnte, und sah ihr zu, wie sie einige Meter entfernt telefonierte.
Was tue ich eigentlich hier, fragte sie sich ernsthaft. Sie beobachtete, mit welch femininer Anmut sich Georgia durchs Haar strich, erinnerte sich an das Gespräch mit Carla und gestand sich ein, dass sie diese Frau anziehend fand, wenn auch nicht auf die Art, die Carla ihr hatte unterjubeln wollen. Es war Georgia, die sie anflirtete, und sie machte den Spaß lediglich mit. Punktum.
«Sorry, Darling, ich muss weg» erklärte Georgia, als sie zu ihr zurückkehrte. Sie zog sie kurzerhand in ihren Arm und küsste sie zum zweiten Mal ohne offizielle Erlaubnis, wobei sie ihren pinkfarbenen Lippenstift gut sichtbar auf Sabrinas Lippen hinterließ. «Oh, geil!» flüsterte sie als Pointe, «du benutzt ja den gleichen Lippenstift wie ich!»
Sie war bereits am Tresen, als sie ihr zurief: « -- Ich ruf dich an -- was hältst du von französisch ... essen gehen?» Sie schob Bernie einen Fünfziger zu und nahm Sabrinas «gern» mit Befriedigung zur Kenntnis. Mit Pete wechselte sie noch einige kurze Worte, und Sabrina bemerkte, wie sie ihm ganz nebenher einen in Alufolie verpackten, kleinen Gegenstand reichte, den er in seiner Jackentasche verschwinden ließ. Dann ging sie, Kusshändchen verteilend, mit einem lauten: «Seeyerlayda, baaastards!» durch die Tür.
Aus der Zauber. Mit ihr verschwand die heimelige Atmosphäre und die Lust, zu bleiben.
Pete winkte Sabrina zu sich an den Tresen, legte den Arm um ihre Taille und fragte: «Und was trinken wir zwei Schönen jetzt?»
«Was denn, hat sie dich beauftragt, dich um mich zu kümmern?» fragte sie aufgeweckt.
«So würde sie es niemals formulieren. Wenn sie mich zu etwas beauftragt, dann dazu, dich nicht aus den Augen zu lassen, damit dich keiner anmacht. Wen Georgia sich ausguckt, der ist hier tabu, sonst brennt die Luft. Du kennst sie nicht, sie ist die Hölle auf Rädern.»
«Das Fass' ich nicht! Was für ein elender Macho!» Sabrina musste lachen. Sie fühlte sich auf seltsame Weise geschmeichelt, fand es andererseits aber auch ziemlich vermessen von Georgia, sie einfach als ihr persönliches Eigentum zu betrachten. «Ich bin nicht ihre ... Geliebte, das möchte ich mal klarstellen.»
«Hey, das lässt Einen ja hoffen!» freute sich Pete und rieb sich tatendurstig die Hände.
«So war das auch wieder nicht gemeint! -- Du, meinst du, sie kommt noch mal wieder?»
«Nein, die geht arbeiten. Bestimmt nicht.»
«Richtig» kicherte Sabrina. «Nachtwächterin im Frauenknast, versteh' schon.»
Pete sah sie befremdet an. «Nachtwächterin? -- Letzte Woche war sie noch Heringsbändigerin. Und davor hat sie die Fruchtzwerge für Olympia trainiert.»
Sabrina schlug ihm belustigt auf den Oberschenkel. «Ist ja spannend! -- Und was macht sie nun wirklich?»
Petes Blick wurde umso befremdlicher. «Das weißt du nicht?»
«Nein, sie hat es mir nicht erzählt.»
«Für den Fall belassen wir's doch einfach bei der Nachtwächtersache» entschied er. «Oder sagen wir: Sie ist bei so einer Art Kurierdienst beschäftigt. Stundenweise.»
«Danke, sehr aufschlussreich. Ich werde das Gefühl nicht los, dass bei mir der Groschen Talerweise fällt. Ich weiß noch nicht, was hier gespielt wird -- aber ich finde es bestimmt noch raus.»
***
Am Eingang der etablierten Modell-Agentur begegnete Georgia Monique, einer jungen Kollegin aus Brasilien, die sie auf höchstens siebzehn schätzte. Sie hielten einen kurzen, verhaltenen Plausch auf Englisch, der gängigen Sprache in der Agentur.
«Zieh' bloß den Kopf ein» riet ihr Monique beinahe flüsternd, bevor sie in den Aufzug stieg, «die Alte ist lausig drauf heute.»
Mit einem kurzen Gruß schlenderte Georgia an der Telefonistin am Empfang vorbei.
Sie nahm die Veränderungen wahr, durch die die Räumlichkeiten in den Jahren gegangen waren, die sie mit der Schauspielerei verbracht hatte. So edel wie heute war es freilich nicht gewesen, als sie früher schon einmal hier gearbeitet hatte. Auch nicht so hell und freundlich. Das Gewerbe war das alte geblieben, nur der Standard hatte sich gehoben und mit ihm das Drumherum. Selbst die Chefin der Agentur, eine in die Jahre gekommene
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