Showtime! (German Edition)
Maurerarmen in der Nachbartür. «Andere Leute ham Feierabend, sie Flitzpiepe! Jeht's jefälligst `n bisschen leiser?»
Von Jürgen erntete er einen distanzierten, feindseligen Blick. «Was geht sie das denn an?»
«Dit jeht mich 'ne Menge an! Ick bin Mieta hier, acker' Schicht und hab' `n Anrecht uff meen erholsamen Feierabend. Kapiert? Ick hab' ditt jar nich' jerne, wenn eena hier draußen lauta iss wie meen Fernseher da drinne.»
Georgia und Sabrina blickten interessiert durch den Türspalt.
«Ihr Feierabend ist mir scheißegal! Sabrina, die Minute ist um!»
Diesmal sah es ganz so aus, als ginge er daran, die Wohnungstür niederzumachen.
Georgia trat ihm mit ihrem schweren Bikerstiefel durch den Türspalt vors Schienbein und schob die Tür ins Schloss, woraufhin Jürgen draußen sekundenlang eine Art wehgeheulunterdrückten, experimentellen Indianertanz auf einem Bein aufführte. Sie schob die Sicherheitskette beiseite, sah Sabrinas schockgefrorenen Gesichtsausdruck - und hakte sie, verständnislos den Kopf schüttelnd, wieder ein.
«Wenn sie die junge Frau nicht zufriedenlassen, rufe ich die Polizei, sie Flegel!» zeterte eine hohe Frauenstimme draußen, und Sabrina linste sensationslüstern durch den Spion.
«Das ist die alte Heinemann» kommentierte sie die Szene für Georgia, die ihr die herunter gerauchte Zigarette aus der Hand nahm, um sie in der Spüle zu entsorgen. «Eine richtige Zicke - die kriegt die Krise, wenn im Haus nicht Ruhe und Ordnung herrscht. - Ja! Gib's ihm» feuerte sie sie hitzig an, «zeig ihm mal, was Frauenpower ist!»
Georgia verstand zwar die ganze Aufregung nicht, war aber überaus angetan von diesem amüsanten Trara.
Im Hausflur kam es zu einem lauten Wortwechsel, weil Jürgen pampig wurde, und Frau Heinemanns Keifstimme dominierte krähend über die anderen: «Das ist ja eine UNVERSCHÄMT-HEIT! Was fällt ihnen ein? Sie sind doch nicht einmal Mieter hier, was haben sie überhaupt hier zu suchen?!»
«Ich wohne hier!!» schrie Jürgen aufgebracht.
«Die wird mir direkt sympathisch» kicherte Sabrina und ging in Deckung, als ein weiterer Stoß die Tür erschütterte. «Oh Mann, ist der sauer ...!»
«Sabrina! Ich habe die Faxen dicke! Mach sofort auf!!»
«Lass mal den Rescue-Trupp ran» bestimmte Georgia und ging nun resolut daran, die Kette zurückzuschieben, die Hand bereits an der Klinke.
Sabrina hielt sie nur durch energischen Zugriff zurück. «Bist du irre, Georgia?»
«Ich mach das für dich klar.»
«Verwechselst du Mut mit Wahnsinn?»
«Hey, komm schon» Georgia blickte sie kampflustig an, «den hauen wir um!»
«Wir?» Sabrina erstarrte erneut. «Sehe ich aus, als ob ich früh sterben will?»
Georgias Antwort beschränkte sich auf eine skeptisch hochgezogene Augenbraue.
«Schau mich nicht so an» verteidigte sich Sabrina peinlich berührt. «Ich weiß, ich bin feige, aber Feigheit ist besser als ein Arm in Gips ... nein?» Sie hob ratlos die Schultern. «Na ja, du siehst das wohl anders ... Also okay, wenn ich ehrlich bin, denke ich nicht, dass er wirklich gewalttätig wird, der tut nur so, und das -- »
«Ruhestörung ist das, mein Lieber!» quäkte Frau Heinemann draußen mit lautstarker Zustimmung von Kunze samt Ehefrau, die in schmucker Kittelschürze und Hausschlappen angetreten war.
«Berliner sind irgendwie cholerisch, findest du nicht?» entfuhr es Sabrina.
Die Türklingel schrillte und ließ Georgias Trommelfell erbeben. Sie stand ungünstig. «Wer ist das jetzt?» fragte sie, halbseitig taub ihr Ohr massierend.
«Carla bestimmt. Na, klasse. Und die jetzt auch noch mitten im Gewühl.» Sabrina drückte auf den Türöffner.
Jürgen war derweil etwas ruhiger geworden, sich der aussichtslosen Situation bewusst. «Ja, doch. Ist ja gut» versuchte er gereizt, die Heinemann milde zu stimmen, deren Gezeter die Schallgrenze der Belastbarkeit erreicht hatte. Diese Frau brauchte keine polizeiliche Unterstützung - sie hatte die Gabe, Leute bewusstlos zu kreischen.
Stöckelschritte kündigten Carlas Erscheinen an.
Georgia hing vorgebeugt am Spion und bedauerte sichtlich, dass sich die Gemüter beruhigten.
Vor der Tür wandte sich Jürgen SOS-funkend an Carla, dem Irrglauben erlegen, ausgerechnet ihren Beistand ergattern zu können: «Carla, gut, dass du kommst» brachte er gehetzt hervor. «Du musst Sabrina zur Vernunft bringen. Sie hat so eine Art Nervenzusammenbruch.»
«Sie wird schon ihre Gründe haben!» mischte sich Frau Heinemann mit
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