Showtime! (German Edition)
nachzuholen.
Sabrina gesellte sich zu ihr, als sie gerade völlig ungerührt eine Flasche teuren Wein in ihre Lederjacke geschmuggelt hatte und bereits den nächsten Artikel in Augenschein nahm. «He, du, sei lieb und geh' mal eben woanders spielen, ja?» wies sie Sabrina an, die erst jetzt bemerkte, was vor sich ging.
Diese tat herzklopfend, wie ihr geheißen, und blieb zurück. Sie sah Georgia unauffällig herumlaufen und exquisite Dinge bunkern, machte sich Gedanken über installierte Kameras und bekam zittrige Knie. Die gleichen Symptome, die sie zuvor aus einem ganz anderen Grund verspürt hatte. Und jetzt war ihr auch klar, wozu dieser spezielle Aussie eine wärmende Jacke brauchte.
Mit ruhiger Miene und einer geradezu dreisten Selbstverständlichkeit stellte sich Georgia schließlich in die Schlange vor der Kasse, nur einen einzigen Artikel gut sichtbar in der Hand. Sie bezahlte eine Tüte Marshmellows und verließ das Geschäft mit einem unentdeckten Warenbestand im Wert von dreißig, vierzig Euro, ohne erwischt zu werden.
Außer Reichweite der Supermarktangestellten trafen sie wieder aufeinander. Georgia breit grinsend, Sabrina leicht außer Atem.
Sabrinas verbal geäußerte Empörung erstickte Georgia mit der lässigen Bemerkung: «Was ist, Schätzchen, hast du Schiss gehabt?» und reichte ihr einen Schokoriegel.
«Du bist unglaublich!» rief Sabrina, und merkte, dass sie sich von Georgias Lachen anstecken ließ. «Hast du denn keinen Schiss gehabt, dass sie dich erwischen?»
«Wieso?» fragte Georgia. «Ich hab' doch schnelle Beine!»
«Also ehrlich, du bist die reinste Wundertüte. - Warum tust du das?»
«For fun and fancy to please old Nancy» entgegnete Georgia achselzuckend. Sollte heißen: Nur so zum Spaß. «Klaust du nie?»
«Im Normalfall nicht.» Sabrina führte sich den Schokoriegel zu Gemüte. «Hattest du kein Geld dabei?» fragte sie. «Warum sagst du mir denn nichts? Ich hätte dir was leihen können.»
Georgia zückte ihre Brieftasche und ließ Sabrina einen Blick hinein werfen. Da lehnte fein säuberlich Fünfziger an Fünfziger. Armut war jedenfalls nicht der Grund für diese Aktion.
«Verstehe» nickte Sabrina, «Adrinalin-Junkie, was?»
«Angst ist der Preis für Abenteuer, Brini.»
«Brini?» stutzte Sabrina und blieb stehen
«Dein Name ist zu lang. Du weißt doch, ich bin faul. Ist der Name okay für dich?»
«Wenn du es sagst: ja.» Sabrina setzte sich wieder in Bewegung und warf das Schokoriegelpapier in einen Mülleimer. «Und was ist mit dir? Wie nennen dich deine Leute denn so?»
«Georgia.»
«Ach? Kein Kosename?»
Georgia kickte eine leere Bierdose vom Gehweg. «Ja: Miststück, Knalltüte, Zicke» zählte sie ungerührt auf, «Schlampe, Biest, Luder ... kannst dir was aussuchen - I don't mind.»
«Nee, danke, ich bleib bei Georgia. Es sei denn, du überzeugst mich davon, dass die anderen Bezeichnungen passender sind.»
«Gib' mir noch ein paar Minuten, Darling.»
Daheim angekommen, sortierte Sabrina geflissentlich den Inhalt der Tüte ein, noch immer Georgias waghalsigen Zeitvertreib im Kopf. Sie fragte sich, ob sie es ihretwegen getan hatte, nur so, um sie aus der Reserve zu locken, vielleicht auch, um sie zu beeindrucken.
Aus der Plastiktüte förderte sie Spaghetti und vier Gläser Tomatensoße zutage, die sie, abgelenkt durch das Geschehen, versehentlich eingekauft hatte. Georgia staunte nicht schlecht, tippte darauf und bemerkte: «Boah, ist das viel Soße! -- Kommt Italien zu Besuch?»
***
Sabrina konnte es kaum erwarten, ihr die Fotos zu zeigen. Sie waren wunderbar geworden. Ein bisschen verrückt, schon und vor allem wegen der zum Teil sehr ungewöhnlichen Perspektiven, aber: wie sie selbst fand, absolut gelungen.
Eines der Fotos zeigte Georgia bei einer akrobatischen Übung an einer Hauswand, kopfüber an einem stabilen Rosengitter hängend. Ein anderes bei einem Balanceakt auf einem Holzruderboot. Auf mehreren Bildern zog sie gekonnt Grimassen oder verrenkte sich fast die Glieder, um ungewöhnliche Körperhaltungen zu demonstrieren. Sie imitiere einen blühenden Obstbaum oder auch einen Briefkasten, Sabrina erinnerte sich nicht mehr genau. Als Schauspielerin müsste man schließlich in der Lage sein, hatte Georgia ihr erklärt, alles darzustellen - auch Gegenstände. Eine ihrer leichtesten Übungen.
Georgia beim Spielen mit einem Kind. Georgia beim Fußballspielen. Georgia mit Sonnenbrille auf der Terrasse eines
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