Shutdown
vergessen.«
»Ein sauberer Polizist bist du«, lachte sie.
Zwei fettige Tacos später stellte er keine Fragen mehr, und in ihrer Tasche steckte das goldene iPhone, sorgsam in ein Papiertaschentuch gewickelt. Was sie damit anstellen wollte, überließ sie seiner Fantasie. Er würde sie trotz schlechten Gewissens nicht verraten, soviel war sicher.
San Jose, Kalifornien
Jezzus stellte keine Fragen, als sie zurückkehrte. Er freute sich nur, dass sie nicht schon wieder ausgezogen war. Sie packte Tates Handy vorsichtig aus, darauf bedacht, es mit keinem Finger zu berühren, und sagte:
»Das ist mein Schlüssel zu ›TNC‹.«
»Ein vergoldetes iPhone. Was willst du damit?«
»Kommt ganz drauf an, was du damit anstellst«, grinste sie, »aber bitte nicht anfassen.«
»Lass mich raten. Das ist Carmen Tates Handy.«
Sie nickte. »Und was finden wir darauf?«
»Du meinst darin?«
»Nein, was drin ist, kennen wir.«
»O. K., was findet man auf einem Handy?«, brummte er. »Jede Menge Dreck, Fett, Bakterien, Ketchup, DNA ...«
»Und Fingerabdrücke. Ich bin überzeugt, du stellst eine schöne Sammlung Fingerabdrücke sicher. Ich brauche nämlich Carmen Tates Daumen.«
Er brach in Gelächter aus. »Wenn das alles ist ...«
Sie verzog keine Miene, bis er begriff, wie ernst sie es meinte.
»Das glaube ich jetzt nicht«, seufzte er. »Jen, auch ich kann nicht zaubern.«
»Doch, kannst du. Wir müssen es versuchen. ›TNC‹ hat vor anderthalb Jahren alle Schlösser auf Daumen-Scanner umgestellt, ein richtig dummer Entscheid und das Beste, was uns passieren konnte. So leicht ist sonst kein Schloss zu knacken, das weißt du ja.«
»Sie meint es ernst. Ich fasse es nicht«, murmelte er kopfschüttelnd. »Dir ist aber schon klar, dass wir die Fabrik mit meinem Labor verlassen haben?«
Alle Ausflüchte halfen nichts. Wenig später standen sie in seinem Geräteschuppen hinter dem Haus, wo er das Material aus der Fabrik ordentlich gestapelt und beschriftet aufbewahrte. Sie half ihm, die Kiste mit der Aufschrift ›Forensics‹ aus dem Stapel zu lösen. Er prüfte den Inhalt, dann legte er die Stirn in Falten.
»Das Cyanoacrylat fehlt.«
»Kann man kaufen«, meinte sie leichthin, ohne zu verstehen, wovon er sprach.
»Was du nicht sagst. Zufällig hast du recht. Cyanoacrylat gibt's in jedem Sekundenkleber.«
»Super Glue!«
»Genau den brauchen wir.«
Nur Sekunden später klingelte Jerry Waller mit einem Sträußchen Wiesenblumen aus Jezzus' Unkrautgärtchen an Mrs. Steigers Tür. Nach einer halben Stunde beim Tee begann Jen, ihren spontanen Einfall zu bedauern. Mrs. Steiger hatte den höflichen Jerry in ihr Herz geschlossen und aus diesem Anlass die Gartenschürze an den Haken gehängt. Ihre Fragen über den gemeinsamen Bekannten Antonio wurden von Minute zu Minute unbeantwortbarer. Zugleich erfuhr Jen mehr über Jezzus, als sie jemals wissen wollte. Dennoch hinderte sie der traurige Ausdruck in den Augen der alten Frau, sie kurzerhand nach dem Super Glue zu fragen und wieder allein zu lassen. Kurz vor acht stand Mrs. Steiger plötzlich auf und sagte:
»Es tut mir leid, Jerry, wir müssen unsere nette Unterhaltung ein andermal fortsetzen. Ich habe noch am Pool zu tun.«
Von ihrem Pool war nur der Rand zu sehen. Im Becken blühten gelbe Rosen. Jen wunderte sich zwar über das abrupte Ende der Teestunde, beeilte sich jedoch, das Haus zu verlassen. So kehrte sie ohne Sekundenkleber und um eine Erfahrung reicher zu Jezzus zurück.
»Jeden Abend um acht betet sie am Pool«, antwortete er auf ihre Frage.
»Der Pool ist ein Blumenbeet.«
Bevor er etwas erwiderte, drückte er ein paar Tropfen aus einer neuen Tube Super Glue in eine Schale, setzte sie auf die Heizspule unter der Vorrichtung, die Tates Handy fast berührungslos in der Luft hielt, und stülpte einen Plastikbeutel über das ganze Experiment.
»Eine traurige Geschichte«, murmelte er schließlich. »Willst du nicht lieber wissen, woher ich den Kleber habe?«
»Vom Supermarkt. Erzähle schon. Ich liebe traurige Geschichten.«
Er schaltete die Heizung ein. Unsichtbare Dämpfe verteilten sich im Beutel und erste helle Konturen erschienen auf der goldenen Oberfläche.
»Anthony, ihr Sohn, ist dort ertrunken«, sagte er leise, »abends um acht.«
»Liegt er ...«
»Nein, er liegt auf dem Friedhof, aber für seine Mutter ist das Rosenbeet das wahre Grab.«
Den Rest der Wartezeit, fast eine Stunde, verbrachten sie schweigend. Jens Gedanken kehrten
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