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Shutdown

Shutdown

Titel: Shutdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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in einem Justizapparat, dem sie keine Sekunde traute. Ihr blieb keine andere Wahl. Sie musste ihre Unschuld beweisen, und das war nur möglich, wenn sie die Schuldigen fand. Sie wusste es, und Jezzus musste es wissen.
    »Wie willst du es anstellen?«, fragte er, als er sich beruhigt hatte.
    »Keine Ahnung«, schmunzelte sie, »aber zusammen wird uns schon etwas einfallen.«
    Sie verbrachten den Abend und die halbe Nacht gemeinsam vor dem Bildschirm, als hätten sie die Fabrik nie verlassen. Nach Mitternacht stand Jezzus ächzend auf und streckte seine Glieder. Gähnend sagte er:
    »Ich sollte mich aufs Ohr legen, muss morgen früh raus. Ich habe noch einen andern Job.«
    »Wo arbeitest du denn?«
    »In der Bude für Entsalzungsanlagen, wo ich früher schon im Labor gejobbt habe. Sauberes Trinkwasser wird auch immer wichtiger, und sie zahlen gut. Du kannst natürlich hier wohnen, solang es dir gefällt.«
    Er verschwand ins Bad. Nach ein paar Minuten zeigte er sich nochmals unter der Zimmertür und sagte grinsend:
    »Such dir etwas aus im Kleiderschrank. Du brauchst ja jetzt Männersachen.«
    Sie schauderte und suchte weiter nach Insider-Information über die Zentrale der ›Trusted News Corp‹. Es war so still im Haus, dass sie Jezzus im Schlafzimmer atmen hörte. Auch ihre Lider drohten zuzufallen, bis sie unvermittelt die Lösung erkannte. Ein einfacher und genialer Plan, beglückwünschte sie sich. Er hatte nur einen kleinen Haken: Der Plan beruhte auf dem detektivischen Ehrgeiz des pensionierten Lieutenant Frank Taylor.
    Erstaunt stellte sie am Morgen fest, dass ihr die Aufregung doch ein paar Stunden Schlaf gegönnt hatte. Sie war allein im Haus. Auf dem Küchentisch lag ein Zettel: wichtige Besprechung, sorry. Bin am Mittag zurück, J . Noch einer mit bürgerlichem Job. Im Moment störte sie das nicht. Sie brauchte seine wahren Talente erst später, hoffte sie. Beim Duschen legte sie sich den Aktionsplan zurecht. Punkt eins: Jerry brauchte vernünftige Kleider. Punkt zwei: neue SIM-Karten fürs Handy. Die Letzte hatte sie gestern eingesetzt. Punkt drei: Frank anrufen. Davon hing alles Weitere ab.
    »Bist du das, Jen?«, fragte ihr alter Freund ungläubig, als sie ihn zwei Stunden später anrief.
    »Hast du Carmen Tates Handy noch?«
    »Wo steckst du? Die Feds und das ganze verdammte Police Department suchen nach dir. Was zum Teufel hast du angestellt? Du musst ...«
    »Hast du es noch?«, unterbrach sie ungerührt.
    »Ja, verflucht! Sag mir endlich ...«
    Sie brach die Verbindung ab und machte sich grinsend an die Umsetzung von Punkt vier ihres Plans.
    Während einer Dreiviertelstunde fuhr sie entspannt auf dem Nimitz Freeway nach Norden, als wäre sie unterwegs zum Outlet Store. Die ersten bekannten Blocks von San Leandro tauchten auf und mit ihnen die Erinnerung an alles, was sie durch die Operation Shutdown verloren hatte. Die Bilder und Gerüche stürmten in so lebhaften Farben auf sie ein, als führe sie heim zur Fabrik in der glücklichen Zeit vor dem großen Lichterlöschen. Die glückliche alte Zeit! Der Gedanke wühlte sie auf. Ärger kroch in ihr hoch. Sie trat wütend aufs Gas, um die Vergangenheit endlich hinter sich zu lassen.
     
    Alameda, Kalifornien
     
    Unweit der Taqueria gegenüber Franks Haus fuhr sie an den Straßenrand und hielt an. Sie blieb am Steuer sitzen, jederzeit bereit, sofort wieder zu verschwinden. Die Straße mit den blank geputzten Häusern hinter Vorgärten wie im Disneyland machte denselben friedlichen Eindruck wie bei ihrer ersten Ankunft. Polizei sah sie keine, auch keine Männer mit dunklen Brillen, die unauffällig Franks Haus oder Ritas B&B beobachteten. Sie wählte Franks Nummer. Nach einer langen Reihe von Summtönen nahm die aufgeregte Rita den Anruf entgegen.
    »Madre mia!«, rief sie außer sich. »Jen, Mädchen, was hast du nur getan? Frank ist ganz aus dem Häuschen. Die Polizei sucht dich. Du musst dich stellen. Ich bin sicher, dann ...«
    »Ich weiß, Rita, tut mir leid, alles nur ein Missverständnis, aber jetzt muss ich unbedingt nochmals mit Frank sprechen.«
    »Madre mia!«
    Sie hörte eine kurze, gedämpfte Unterhaltung, die wie eine ernsthafte Auseinandersetzung klang, dann meldete sich Frank:
    »Du hast es nur Rita zu verdanken, dass ich überhaupt noch mit dir rede. Was willst du?«
    »Frank, du glaubst doch diesen Unsinn in der Zeitung nicht?«
    »Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll. Und ich hasse es, verdammt noch mal, angelogen zu

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