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Shutdown

Shutdown

Titel: Shutdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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Lüftung blieb das einzige Geräusch auf der nächtlichen Chefetage. Jen hörte zu, bis sie sich sicher genug fühlte, hervorzukriechen und die Suche fortzusetzen. Der Schlüssel erleichterte ihr Vorhaben entscheidend.
    Ein Passwort für den Computer fand sie nicht, was sie nach der Begegnung mit den Beinen nicht weiter überraschte. Es passte einfach nicht zu diesem Geruch, Passwörter auf Zetteln liegen zu lassen. Ihre Suche war dennoch erfolgreich. Gut verborgen in der untersten Schublade fand sie eine Hängemappe ohne Aufschrift, deren Inhalt sie sofort in ihren Bann zog. Es handelte sich um ein Bündel handschriftliche Aktennotizen auf neutralem Papier, wie sie nach oberflächlicher Betrachtung feststellte. Das interessanteste Blatt enthielt eine Art To-do-Liste aus Fragen, auf die Tate anscheinend noch keine Antwort erhalten hatte.
    Was hat Steve D mit Office P zu tun? , stand da als einer der letzten Einträge.
    Office P Report zu PACTA bei Don unter Verschluss? , las sie an anderer Stelle mit zunehmender Verwunderung.
    War Tate tatsächlich nicht im Bild über die wahren Aufgaben von ›Office P‹ und Steve Duncan? Die Notizen erhärteten diesen Verdacht. Tate schien ihren Boss heimlich zu überwachen. Die Zettel bildeten ein detailliertes Protokoll der Besprechungen und Telefonate, die der Don ohne Tates Anwesenheit mit dem Reporter und den Psychos aus Berkeley durchgeführt hatte. Unter solchen Umständen würde sie in diesem Büro kaum finden, was sie suchte. Die Wahrheit verbarg sich in der Suite gegenüber. Sie warf einen Kontrollblick auf Tates Arbeitsplatz, um ihn so zu verlassen, wie sie ihn angetroffen hatte.
    »Später kommen?«, fragte eine dunkle Frauenstimme von der Tür her.
    Jen zuckte zusammen, als laste die Pranke des Monsters auf ihrer Schulter, doch der spanische Akzent beruhigte sie ein wenig. Reinigungspersonal , flüsterte ihre politisch nicht immer korrekte innere Stimme. Ohne Jerry Wallers Gesicht zu zeigen, antwortete sie:
    »Heute nicht auf dieser Etage. No hoy, gracias.«
    Die Frau verschwand so geräuschlos, wie sie gekommen war, und Jens Herzfrequenz normalisierte sich. Das Personal hielt sich an ihre Anweisung. Sie konnte Dons Büro ungesehen und gefahrlos betreten. Der Schreibtisch sah so edel und unbenutzt aus wie ein Stück an der Millionärsausstellung. Computer und Tastatur hätten ohne Weiteres als neuwertig verkauft werden können. Sie fragte sich, ob das Ding überhaupt angeschlossen war. Wenn sie nicht alles täuschte, benutzte der Don höchstens Papier und Bleistift in diesem Büro – und das Telefon, dessen Tasten fruchtbare Nährböden für allerlei Mikroorganismen sein mussten, wie die Farbe andeutete. Die Schubladen des Schreibtischs ließen sich widerstandslos herausziehen. Es gab keinen Grund, sie abzuschließen. Sie waren alle leer. Ernüchtert sah sie sich um im Arbeitszimmer, das nichts anderes als eine zu groß geratene Telefonzelle zu sein schien. Ein offener Durchgang führte in ein zweites, nicht minder großzügiges Zimmer. Von dessen Kingsize-Sofa aus hatte man die grandiose Aussicht auf die Bucht ebenso im Blick wie den riesigen Bildschirm und die Bar. Zwischen den Zimmern gab es Türen, deren goldene Symbole auf Küche und Bad hindeuteten. Auch die Küche machte das traurige Gesicht eines Sammlerstücks: schön, teuer und vollkommen nutzlos.
    Jen war dabei, einen Blick ins Bad zu werfen, als im Flur Stimmen laut wurden. Die eine, ärgerliche, versetzte ihr einen Schock. Tate kehrte zurück. Sie stritt sich mit der Putzfrau, die vermutlich die Welt nicht mehr verstand. Der einseitige Wortwechsel schwoll an. Tate stürmte aufgeregt in ihr Büro. Es wurde Zeit, in Dons Bad zu verschwinden. Noch einmal hörte sie Tates herrische Stimme. Sie entfernte sich schnell, dann heulte ein Staubsauger auf. Jen wartete unschlüssig, hoffte, auch dieses Geräusch würde sich entfernen, stattdessen kam es näher. Die Reinigungstruppe war hartnäckiger als Tate. Auf der Such nach einer guten Idee fiel ihr Blick auf die Badewanne. Schwarzer Marmor, goldene Armaturen, Wohlfühl-Düsen und halb so groß wie Mrs. Steigers Pool, zwinkerte sie ihr einladend zu. Sie drehte die Hähne voll auf, schüttete ordentlich Shampoo hinein, zog sich aus und glitt ins Wasser. Sie schlug kräftig um sich, bis der Schaumberg über den Rand der Wanne stieg.
    Die Tür öffnete sich zögernd. Jen versteckte sich im Schaum und rief:
    »No hoy! Sagte ich doch schon. Sind Sie taub? Verschwinden

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