Shutdown
hat doch jetzt, die Stabilität der Versorgung sicherzustellen ...«
»Mit ›PACTA‹ wollen wir das seit zwei Jahren«, unterbrach Johnson. »Es ist höchste Zeit, dass wir endlich handeln.«
»Die Verantwortlichen handeln längst, davon dürfen wir ausgehen. Aber zurück zum Gesetzesentwurf, der damals mit deutlicher Mehrheit abgelehnt wurde. Dieselben Argumente gelten immer noch. Mit ›PACTA‹ müsste in letzter Konsequenz jede kritische Äußerung über Internet–Zensur, ja zur Zensur allgemein in Presse und TV, zwingend strafrechtlich verfolgt werden. Ein Teenager, der in seinem Tweet auf die Bastelanleitung für einen WLAN–Spion hinweist, müsste wegen terroristischer Aktivitäten angeklagt werden. Das kann doch nicht euer Ernst sein.«
Johnson schüttelte ärgerlich den Kopf. »Harry, du verkennst den Ernst der Lage. Die Zeiten haben sich geändert. Es gibt nicht mehr nur ein paar Spinner, die sich die Zeit auf dem Internet vertreiben und harmlosen Unsinn verbreiten. Die ungefilterte Information, die sich gerade über Dienste wie Twitter in Sekundenschnelle ausbreitet, ist potenziell brandgefährlich. Der Blackout in Kalifornien beweist es ...«
Janice sah den blinkenden Balken auf ihrem Kontrollmonitor. »Senator Johnson«, warf sie mit verbindlichem Lächeln ein, »wir unterbrechen hier kurz und sind gleich zurück mit dem aktuellen Thema Cyberterror und den Senatoren Russell Johnson aus Texas und Harry Green aus Kalifornien.«
Die Regie spielte den zweiten Werbeblock ein. Sie lehnte sich entspannt zurück. Die Politiker hatten die lebhafte Diskussion um ›PACTA‹ neu entfacht. Die Berichterstattung in der ›Post‹, Zach Rant und die Kollegen vom Frühstücksfernsehen würden dafür sorgen, dass kein Medium mehr am Thema vorbeikam, so wie es Tate und der Don wollten. Soll er sich einen runterholen vor Begeisterung in seinem Penthouse im zwanzigsten Stock , dachte sie. Eine Janice Cooper löste solche Aufgaben jederzeit. Ihr Ärger über die Programmänderung war verraucht. Ruhig wartete sie auf das nächste Zeichen der Regie.
Sacramento, Kalifornien
Jim Ward grüßte den Wachmann an der Schranke mit einem freundlichen Kopfnicken und fuhr auf seinen Platz vor dem Haupteingang der ›CGO‹. Er stellte den Motor ab, blieb jedoch sitzen, um erst einmal durchzuatmen. Fünf lange Tage auf Achse setzten auch ihm zu. Alle wichtigen Knoten in Kalifornien bis hinauf zu den Lieferanten in Nevada hatte er überprüft, Tag und Nacht in Sitzungen und auf der Straße verbracht, um sich selbst ein Bild der Lage zu machen. Er traute den Anzeigen auf den Bildschirmen in der Schaltzentrale nicht mehr – nach dem Schock des Berichts aus San Francisco. Schon die ersten unverschlüsselten Seiten hatten ihn und seine IT-Crew zutiefst erschüttert und verunsichert. So musste sich ein Pilot im Landeanflug bei dichtem Nebel fühlen, wenn alle Instrumente und die Pistenbefeuerung ausfielen. Danny Lee, sein IT-Chef, war ein ausgewiesener Softwarespezialist, aber auch er allein mit seinem Rumpfteam konnte offenbar nicht alle Löcher stopfen.
Jim verfluchte den Tag, an dem er der neuen Strategie zugestimmt hatte. Gesundschrumpfen durch Auslagerung, war das Schlagwort der Managementberater. Er sah die vielversprechenden PowerPoint-Folien noch vor sich. Die Fixkosten würden dramatisch reduziert durch Verkleinerung des Kernteams. Externe Spezialisten sollten bei Bedarf gemietet werden. Das Leitmotiv: Effizienz durch Flexibilität. Das kleine Problem bei diesem Ansatz war nur, dass Know-how, wie sie es jetzt benötigten, nicht zu jeder Zeit an jeder Straßenecke zu holen war. Zudem verhinderte die neue Strategie umfangreiche, vorbeugende Maßnahmen, um die Netzsicherheit zu erhöhen. Effizienz – als ob nicht Sicherheit und Stabilität die wichtigsten Ziele einer Organisation wie ›CGO‹ wären. Verärgert schlug er sich mit der flachen Hand an die Stirn.
»Ich bin so ein Idiot.«
Von außen machte das Gebäude den Eindruck, als ginge alles seinen gewohnten Gang. Einzig der um Mitternacht noch immer voll besetzte Parkplatz deutete darauf hin, dass hinter den Fassaden Hektik herrschte. Er steckte seinen Badge in den Schlitz, gab den Zutrittscode ein und trat ein. Sein erstes Ziel war die Schaltzentrale, der riesige Überwachungsraum, in dem alle Signale, Messungen und Meldungen zusammenliefen. Mission Control nannten sie den Raum, der mit seinen Großbildschirmen und Reihen von Computern tatsächlich dem
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